Swift, Jonathan: Des Herrn Dr. Jonathan Swifts wo nicht unverbesserlicher doch wohlgemeynter Unterricht für alle Arten unerfahrner Bedienten, aus vieljähriger sorgfältiger Aufmerksamkeit und Erfahrung zusammengetragen [Übers.]. Frankfurt u. a., 1748.Das zehnte Kapitel. Unterricht für die Hausmagd. Wenn euer Herr und eure Frau auf acht Tage oder länger auf das Land reisen: so machet ihr Schlaf- oder Speisezimmer nicht eher, als eine Stunde vorher rein, da ihr sie wieder zu Hause erwartet. Solcher Gestalt wird die Stube zu ihrem Empfange vollkommen rein seyn, und ihr werdet der Mühe überhoben werden, sie so bald wieder zu reinigen. Ich kann mich recht über diejenigen Damen ärgern, die so stolz und gemächlich sind, daß sie sich nicht die Mühe nehmen können, in den Garten zu gehen eine Rose abzupflücken; sondern wohl gar in dem Schlafzimmer selbst, oder wenigstens in einem dunklen daran liegenden Cabinette ein garstiges Geräthe haben, dessen sie sich zu ihren übelsten Nothwendigkeiten bedienen. Ihr pfleget gemeiniglich diese Geschirre abtragen zu müssen, welche nicht nur die Kammer, sondern auch alle Kleider, so darinnen sind, anstecken, wenn man ihnen zu nahe damit kömmt. Um sie diese ärgerliche Gewohnheit abzulehren, so nehmet ihr Bediente, denen diese garstige Pflicht oblieget, dieß Geschirr wegzutragen, den Rath von mir an, daß ihr solches offenbar die große Treppe, in Gegenwart der Laquayen, hinunter traget, und wenn jemand an die Hausthür klopfet, die Thüre offen machet, wenn ihr Das zehnte Kapitel. Unterricht für die Hausmagd. Wenn euer Herr und eure Frau auf acht Tage oder länger auf das Land reisen: so machet ihr Schlaf- oder Speisezimmer nicht eher, als eine Stunde vorher rein, da ihr sie wieder zu Hause erwartet. Solcher Gestalt wird die Stube zu ihrem Empfange vollkommen rein seyn, und ihr werdet der Mühe überhoben werden, sie so bald wieder zu reinigen. Ich kann mich recht über diejenigen Damen ärgern, die so stolz und gemächlich sind, daß sie sich nicht die Mühe nehmen können, in den Garten zu gehen eine Rose abzupflücken; sondern wohl gar in dem Schlafzimmer selbst, oder wenigstens in einem dunklen daran liegenden Cabinette ein garstiges Geräthe haben, dessen sie sich zu ihren übelsten Nothwendigkeiten bedienen. Ihr pfleget gemeiniglich diese Geschirre abtragen zu müssen, welche nicht nur die Kammer, sondern auch alle Kleider, so darinnen sind, anstecken, wenn man ihnen zu nahe damit kömmt. Um sie diese ärgerliche Gewohnheit abzulehren, so nehmet ihr Bediente, denen diese garstige Pflicht oblieget, dieß Geschirr wegzutragen, den Rath von mir an, daß ihr solches offenbar die große Treppe, in Gegenwart der Laquayen, hinunter traget, und wenn jemand an die Hausthür klopfet, die Thüre offen machet, wenn ihr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0122" n="106"/> </div> <div n="2"> <head>Das zehnte Kapitel.</head><lb/> <head>Unterricht für die Hausmagd.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">W</hi>enn euer Herr und eure Frau auf acht Tage oder länger auf das Land reisen: so machet ihr Schlaf- oder Speisezimmer nicht eher, als eine Stunde vorher rein, da ihr sie wieder zu Hause erwartet. Solcher Gestalt wird die Stube zu ihrem Empfange vollkommen rein seyn, und ihr werdet der Mühe überhoben werden, sie so bald wieder zu reinigen.</p> <p>Ich kann mich recht über diejenigen Damen ärgern, die so stolz und gemächlich sind, daß sie sich nicht die Mühe nehmen können, in den Garten zu gehen eine Rose abzupflücken; sondern wohl gar in dem Schlafzimmer selbst, oder wenigstens in einem dunklen daran liegenden Cabinette ein garstiges Geräthe haben, dessen sie sich zu ihren übelsten Nothwendigkeiten bedienen. Ihr pfleget gemeiniglich diese Geschirre abtragen zu müssen, welche nicht nur die Kammer, sondern auch alle Kleider, so darinnen sind, anstecken, wenn man ihnen zu nahe damit kömmt. Um sie diese ärgerliche Gewohnheit abzulehren, so nehmet ihr Bediente, denen diese garstige Pflicht oblieget, dieß Geschirr wegzutragen, den Rath von mir an, daß ihr solches offenbar die große Treppe, in Gegenwart der Laquayen, hinunter traget, und wenn jemand an die Hausthür klopfet, die Thüre offen machet, wenn ihr </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0122]
Das zehnte Kapitel.
Unterricht für die Hausmagd.
Wenn euer Herr und eure Frau auf acht Tage oder länger auf das Land reisen: so machet ihr Schlaf- oder Speisezimmer nicht eher, als eine Stunde vorher rein, da ihr sie wieder zu Hause erwartet. Solcher Gestalt wird die Stube zu ihrem Empfange vollkommen rein seyn, und ihr werdet der Mühe überhoben werden, sie so bald wieder zu reinigen.
Ich kann mich recht über diejenigen Damen ärgern, die so stolz und gemächlich sind, daß sie sich nicht die Mühe nehmen können, in den Garten zu gehen eine Rose abzupflücken; sondern wohl gar in dem Schlafzimmer selbst, oder wenigstens in einem dunklen daran liegenden Cabinette ein garstiges Geräthe haben, dessen sie sich zu ihren übelsten Nothwendigkeiten bedienen. Ihr pfleget gemeiniglich diese Geschirre abtragen zu müssen, welche nicht nur die Kammer, sondern auch alle Kleider, so darinnen sind, anstecken, wenn man ihnen zu nahe damit kömmt. Um sie diese ärgerliche Gewohnheit abzulehren, so nehmet ihr Bediente, denen diese garstige Pflicht oblieget, dieß Geschirr wegzutragen, den Rath von mir an, daß ihr solches offenbar die große Treppe, in Gegenwart der Laquayen, hinunter traget, und wenn jemand an die Hausthür klopfet, die Thüre offen machet, wenn ihr
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