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Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

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Moralische Oden.
O! wie schimmert jener Spiegel
Dort das feuchte Element!
Wo manch schüchternes Geflügel
Die beschilfte Freystadt kennt,
Wo man in den blanken Gründen
Einen Luftkreis meynt zu finden;
Husten ähnlich heisch Geschrey
Reges, klatscherndes Gewimmel
Zeiget fast, daß hier ein Himmel
Für die nassen Bürger sey.
Sieh! wie winken jene Gipfel
Meine Lust an sich zu ziehn,
Die von aller Bäume Wipfel
Bloß in grüne Ferne fliehn,
Dort, des grossen Seebergs Spitzen,
Die in Donnern, Hageln, Blitzen
Zeigen, wie sie standhaft sind,
Die ein sparsam Glück verpfleget,
Deren Scheitel nicht beweget
Schnee und Regen, Sturm und Wind.
Tiefer Höhlen krumme Gänge,
Winkel ohne Tag und Licht
Schicken Leiber in der Menge
Täglich für mein Angesicht,
Die in diesen dunkeln Grüften
Sich manch frühes Denkmahl stiften,
Und aus Sand Metall erschreyn;
Doch der ist vor ihr Gewerbe
Mehr als ungewisses Erbe,
Besser als der Weisen Stein.
Dort
K 4
Moraliſche Oden.
O! wie ſchimmert jener Spiegel
Dort das feuchte Element!
Wo manch ſchuͤchternes Gefluͤgel
Die beſchilfte Freyſtadt kennt,
Wo man in den blanken Gruͤnden
Einen Luftkreis meynt zu finden;
Huſten aͤhnlich heiſch Geſchrey
Reges, klatſcherndes Gewimmel
Zeiget faſt, daß hier ein Himmel
Fuͤr die naſſen Buͤrger ſey.
Sieh! wie winken jene Gipfel
Meine Luſt an ſich zu ziehn,
Die von aller Baͤume Wipfel
Bloß in gruͤne Ferne fliehn,
Dort, des groſſen Seebergs Spitzen,
Die in Donnern, Hageln, Blitzen
Zeigen, wie ſie ſtandhaft ſind,
Die ein ſparſam Gluͤck verpfleget,
Deren Scheitel nicht beweget
Schnee und Regen, Sturm und Wind.
Tiefer Hoͤhlen krumme Gaͤnge,
Winkel ohne Tag und Licht
Schicken Leiber in der Menge
Taͤglich fuͤr mein Angeſicht,
Die in dieſen dunkeln Gruͤften
Sich manch fruͤhes Denkmahl ſtiften,
Und aus Sand Metall erſchreyn;
Doch der iſt vor ihr Gewerbe
Mehr als ungewiſſes Erbe,
Beſſer als der Weiſen Stein.
Dort
K 4
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[151/0171] Moraliſche Oden. O! wie ſchimmert jener Spiegel Dort das feuchte Element! Wo manch ſchuͤchternes Gefluͤgel Die beſchilfte Freyſtadt kennt, Wo man in den blanken Gruͤnden Einen Luftkreis meynt zu finden; Huſten aͤhnlich heiſch Geſchrey Reges, klatſcherndes Gewimmel Zeiget faſt, daß hier ein Himmel Fuͤr die naſſen Buͤrger ſey. Sieh! wie winken jene Gipfel Meine Luſt an ſich zu ziehn, Die von aller Baͤume Wipfel Bloß in gruͤne Ferne fliehn, Dort, des groſſen Seebergs Spitzen, Die in Donnern, Hageln, Blitzen Zeigen, wie ſie ſtandhaft ſind, Die ein ſparſam Gluͤck verpfleget, Deren Scheitel nicht beweget Schnee und Regen, Sturm und Wind. Tiefer Hoͤhlen krumme Gaͤnge, Winkel ohne Tag und Licht Schicken Leiber in der Menge Taͤglich fuͤr mein Angeſicht, Die in dieſen dunkeln Gruͤften Sich manch fruͤhes Denkmahl ſtiften, Und aus Sand Metall erſchreyn; Doch der iſt vor ihr Gewerbe Mehr als ungewiſſes Erbe, Beſſer als der Weiſen Stein. Dort K 4

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Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/171>, abgerufen am 26.04.2024.