Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite
Anakreontische Oden.


Der Herbst.

Die Natur scheint itzo zu veralten,
Jhr Gesicht zeigt runzelichte Falten,
Und es fliehen die Annehmlichkeiten,
Vor des Winters kaltem Näherschreiten.
Jüngstens sah ich sie beym bunten Lenzen
Höchstverliebt im güldnen Brautschmuck glänzen,
Und sie schien mit reizungsvollen Blicken
Selbst die Schaar der Nymphen zu entzücken.
Aber ach! ihr mattes Wesen zeiget,
Daß sie nun dem Grabe näher steiget,
Und ihr kahler Scheitel lässet sehen,
Daß mirs wird nach Weiberweise gehen.
Doch bevor ich zu den kalten Stufen
Einer Winternacht werd abgerufen,
So will ich mich sonder alles Härmen
Erstlich noch an Wein und Liebe wärmen,
Werd ich mich dadurch erhitzet fühlen,
Ey! wie will ich auf der Leyer spielen,
Phillis wird der Jnnhalt meiner Lieder,
Holla! fort! es leben meine Brüder.
Freund-
Y 4
Anakreontiſche Oden.


Der Herbſt.

Die Natur ſcheint itzo zu veralten,
Jhr Geſicht zeigt runzelichte Falten,
Und es fliehen die Annehmlichkeiten,
Vor des Winters kaltem Naͤherſchreiten.
Juͤngſtens ſah ich ſie beym bunten Lenzen
Hoͤchſtverliebt im guͤldnen Brautſchmuck glaͤnzen,
Und ſie ſchien mit reizungsvollen Blicken
Selbſt die Schaar der Nymphen zu entzuͤcken.
Aber ach! ihr mattes Weſen zeiget,
Daß ſie nun dem Grabe naͤher ſteiget,
Und ihr kahler Scheitel laͤſſet ſehen,
Daß mirs wird nach Weiberweiſe gehen.
Doch bevor ich zu den kalten Stufen
Einer Winternacht werd abgerufen,
So will ich mich ſonder alles Haͤrmen
Erſtlich noch an Wein und Liebe waͤrmen,
Werd ich mich dadurch erhitzet fuͤhlen,
Ey! wie will ich auf der Leyer ſpielen,
Phillis wird der Jnnhalt meiner Lieder,
Holla! fort! es leben meine Bruͤder.
Freund-
Y 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0363" n="343"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Anakreonti&#x017F;che Oden.</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Der Herb&#x017F;t.</hi> </hi> </head><lb/>
            <dateline> <hi rendition="#c">1745.</hi> </dateline><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Natur &#x017F;cheint itzo zu veralten,</l><lb/>
              <l>Jhr Ge&#x017F;icht zeigt runzelichte Falten,</l><lb/>
              <l>Und es fliehen die Annehmlichkeiten,</l><lb/>
              <l>Vor des Winters kaltem Na&#x0364;her&#x017F;chreiten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Ju&#x0364;ng&#x017F;tens &#x017F;ah ich &#x017F;ie beym bunten Lenzen</l><lb/>
              <l>Ho&#x0364;ch&#x017F;tverliebt im gu&#x0364;ldnen Braut&#x017F;chmuck gla&#x0364;nzen,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ie &#x017F;chien mit reizungsvollen Blicken</l><lb/>
              <l>Selb&#x017F;t die Schaar der Nymphen zu entzu&#x0364;cken.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Aber ach! ihr mattes We&#x017F;en zeiget,</l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;ie nun dem Grabe na&#x0364;her &#x017F;teiget,</l><lb/>
              <l>Und ihr kahler Scheitel la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ehen,</l><lb/>
              <l>Daß mirs wird nach Weiberwei&#x017F;e gehen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Doch bevor ich zu den kalten Stufen</l><lb/>
              <l>Einer Winternacht werd abgerufen,</l><lb/>
              <l>So will ich mich &#x017F;onder alles Ha&#x0364;rmen</l><lb/>
              <l>Er&#x017F;tlich noch an Wein und Liebe wa&#x0364;rmen,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Werd ich mich dadurch erhitzet fu&#x0364;hlen,</l><lb/>
              <l>Ey! wie will ich auf der Leyer &#x017F;pielen,</l><lb/>
              <l>Phillis wird der Jnnhalt meiner Lieder,</l><lb/>
              <l>Holla! fort! es leben meine Bru&#x0364;der.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Y 4</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Freund-</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[343/0363] Anakreontiſche Oden. Der Herbſt. 1745. Die Natur ſcheint itzo zu veralten, Jhr Geſicht zeigt runzelichte Falten, Und es fliehen die Annehmlichkeiten, Vor des Winters kaltem Naͤherſchreiten. Juͤngſtens ſah ich ſie beym bunten Lenzen Hoͤchſtverliebt im guͤldnen Brautſchmuck glaͤnzen, Und ſie ſchien mit reizungsvollen Blicken Selbſt die Schaar der Nymphen zu entzuͤcken. Aber ach! ihr mattes Weſen zeiget, Daß ſie nun dem Grabe naͤher ſteiget, Und ihr kahler Scheitel laͤſſet ſehen, Daß mirs wird nach Weiberweiſe gehen. Doch bevor ich zu den kalten Stufen Einer Winternacht werd abgerufen, So will ich mich ſonder alles Haͤrmen Erſtlich noch an Wein und Liebe waͤrmen, Werd ich mich dadurch erhitzet fuͤhlen, Ey! wie will ich auf der Leyer ſpielen, Phillis wird der Jnnhalt meiner Lieder, Holla! fort! es leben meine Bruͤder. Freund- Y 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/363
Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/363>, abgerufen am 21.12.2024.