Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.Zweytes Buch. Der 90 Psalm. HERR! zu dem wir jetzo beten! GOTT! dein Saame schreyt zu Dir! Denn Du bleibest doch in Nöthen Unsre Zuflucht für und für; Bevor die Berge sich erhoben, Die Erde ward, die Welt bereit, Da warest Du Erhabner droben Von Ewigkeit zu Ewigkeit. Du befiehlst! die Menschen sterben, Und sie gehen in den Staub, Denn sprichst Du: Kehrt wieder, Erben! Seyd nicht mehr des Todes Raub! Denn tausend Jahre, die verstrichen, Sind vor Dir länger nicht verbracht, Als wie der Tag, der abgewichen, Und als die Wachzeit in der Nacht. Wie in Ströhmen man Gewässer Siehet schnell vorüber ziehn, Eben also und nicht besser Lässest Du sie auch dahin; Wie, wenn der Schlaf sich eingefunden, Da ohne sinnlichen Gebrauch Man nicht merkt, wie die Zeit verschwunden, So ist der Menschen Leben auch. Wie
Zweytes Buch. Der 90 Pſalm. HERR! zu dem wir jetzo beten! GOTT! dein Saame ſchreyt zu Dir! Denn Du bleibeſt doch in Noͤthen Unſre Zuflucht fuͤr und fuͤr; Bevor die Berge ſich erhoben, Die Erde ward, die Welt bereit, Da wareſt Du Erhabner droben Von Ewigkeit zu Ewigkeit. Du befiehlſt! die Menſchen ſterben, Und ſie gehen in den Staub, Denn ſprichſt Du: Kehrt wieder, Erben! Seyd nicht mehr des Todes Raub! Denn tauſend Jahre, die verſtrichen, Sind vor Dir laͤnger nicht verbracht, Als wie der Tag, der abgewichen, Und als die Wachzeit in der Nacht. Wie in Stroͤhmen man Gewaͤſſer Siehet ſchnell voruͤber ziehn, Eben alſo und nicht beſſer Laͤſſeſt Du ſie auch dahin; Wie, wenn der Schlaf ſich eingefunden, Da ohne ſinnlichen Gebrauch Man nicht merkt, wie die Zeit verſchwunden, So iſt der Menſchen Leben auch. Wie
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Zweytes Buch.
Der 90 Pſalm.
HERR! zu dem wir jetzo beten!
GOTT! dein Saame ſchreyt zu Dir!
Denn Du bleibeſt doch in Noͤthen
Unſre Zuflucht fuͤr und fuͤr;
Bevor die Berge ſich erhoben,
Die Erde ward, die Welt bereit,
Da wareſt Du Erhabner droben
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Du befiehlſt! die Menſchen ſterben,
Und ſie gehen in den Staub,
Denn ſprichſt Du: Kehrt wieder, Erben!
Seyd nicht mehr des Todes Raub!
Denn tauſend Jahre, die verſtrichen,
Sind vor Dir laͤnger nicht verbracht,
Als wie der Tag, der abgewichen,
Und als die Wachzeit in der Nacht.
Wie in Stroͤhmen man Gewaͤſſer
Siehet ſchnell voruͤber ziehn,
Eben alſo und nicht beſſer
Laͤſſeſt Du ſie auch dahin;
Wie, wenn der Schlaf ſich eingefunden,
Da ohne ſinnlichen Gebrauch
Man nicht merkt, wie die Zeit verſchwunden,
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