Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.[Spaltenumbruch] Sta bey. Und dieses verdienet auch besonders in An-sehung der theatralischen Vorstellungen überlegt zu werden, wo gar oft ein sehr starkes Erleuchten der Schaubühne, oder in entgegengesezten Fällen große Dunkelheit die Würkung gewisser Scenen ungemein verstärket. Eben dieses gilt auch von der starken Erhebung der Stimme, auf gewissen Stellen. Die- ses aber erfodert eine genaue Beurtheilung. Denn gar oft wird der größte Nachdruk durch das Gegen- theil, durch eine schwache sinkende Stimm erhalten; so daß nicht alles, was stark rühren soll, auch mit starker Stimme muß gesagt werden. Aber was würklich erschüttern soll, scheinet diese Stärke zu erfodern. Statue. (Bildhauer Kunst.) Mit diesem lateinischen Worte, für welches man Unter welchem Volk und bey welcher Gelegenheit Schon in dem hohen Alterthum finden sich aber Sta Statuen abgebildet und an öffentlichen Orten aufge-stellt wurden. Der Geschmak an Statuen der Göt- ter und Menschen nahm unter den Griechen nach und nach so sehr überhand, daß nicht leicht eine an- dre Kunst mit dem Eyfer und Aufwand getrieben worden, die man auf die Bildhauerey gewendet hat; so daß Griechenland zulezt mit einer unzählbaren Menge von Statuen der Götter und Menschen an- gefüllt worden. Die Römer scheinen in den ältern Zeiten der Re- Unsre Absicht geht hier auf allgemeine Betrach- Ueber ihren gottesdienstlichen Gebrauch haben Da die Statue ein Werk ist, das schon beträcht- desto (*) Jm II. B. (+) [Spaltenumbruch]
Eine Statue, die nicht viel über Lebensgröße und von gutem weißen Marmer ist, kann in einem Lande, das [Spaltenumbruch] den Marmor nicht selbst hat, unter sünf bis sechs tausend Thalern nicht wol fertig gemacht und gesezt werden. Jst sie [Spaltenumbruch] Sta bey. Und dieſes verdienet auch beſonders in An-ſehung der theatraliſchen Vorſtellungen uͤberlegt zu werden, wo gar oft ein ſehr ſtarkes Erleuchten der Schaubuͤhne, oder in entgegengeſezten Faͤllen große Dunkelheit die Wuͤrkung gewiſſer Scenen ungemein verſtaͤrket. Eben dieſes gilt auch von der ſtarken Erhebung der Stimme, auf gewiſſen Stellen. Die- ſes aber erfodert eine genaue Beurtheilung. Denn gar oft wird der groͤßte Nachdruk durch das Gegen- theil, durch eine ſchwache ſinkende Stimm erhalten; ſo daß nicht alles, was ſtark ruͤhren ſoll, auch mit ſtarker Stimme muß geſagt werden. Aber was wuͤrklich erſchuͤttern ſoll, ſcheinet dieſe Staͤrke zu erfodern. Statue. (Bildhauer Kunſt.) Mit dieſem lateiniſchen Worte, fuͤr welches man Unter welchem Volk und bey welcher Gelegenheit Schon in dem hohen Alterthum finden ſich aber Sta Statuen abgebildet und an oͤffentlichen Orten aufge-ſtellt wurden. Der Geſchmak an Statuen der Goͤt- ter und Menſchen nahm unter den Griechen nach und nach ſo ſehr uͤberhand, daß nicht leicht eine an- dre Kunſt mit dem Eyfer und Aufwand getrieben worden, die man auf die Bildhauerey gewendet hat; ſo daß Griechenland zulezt mit einer unzaͤhlbaren Menge von Statuen der Goͤtter und Menſchen an- gefuͤllt worden. Die Roͤmer ſcheinen in den aͤltern Zeiten der Re- Unſre Abſicht geht hier auf allgemeine Betrach- Ueber ihren gottesdienſtlichen Gebrauch haben Da die Statue ein Werk iſt, das ſchon betraͤcht- deſto (*) Jm II. B. (†) [Spaltenumbruch]
Eine Statue, die nicht viel uͤber Lebensgroͤße und von gutem weißen Marmer iſt, kann in einem Lande, das [Spaltenumbruch] den Marmor nicht ſelbſt hat, unter ſuͤnf bis ſechs tauſend Thalern nicht wol fertig gemacht und geſezt werden. Jſt ſie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0535" n="1106[1088]"/><cb/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sta</hi></fw><lb/> bey. Und dieſes verdienet auch beſonders in An-<lb/> ſehung der theatraliſchen Vorſtellungen uͤberlegt zu<lb/> werden, wo gar oft ein ſehr ſtarkes Erleuchten der<lb/> Schaubuͤhne, oder in entgegengeſezten Faͤllen große<lb/> Dunkelheit die Wuͤrkung gewiſſer Scenen ungemein<lb/> verſtaͤrket. Eben dieſes gilt auch von der ſtarken<lb/> Erhebung der Stimme, auf gewiſſen Stellen. Die-<lb/> ſes aber erfodert eine genaue Beurtheilung. 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Sta
Sta
bey. Und dieſes verdienet auch beſonders in An-
ſehung der theatraliſchen Vorſtellungen uͤberlegt zu
werden, wo gar oft ein ſehr ſtarkes Erleuchten der
Schaubuͤhne, oder in entgegengeſezten Faͤllen große
Dunkelheit die Wuͤrkung gewiſſer Scenen ungemein
verſtaͤrket. Eben dieſes gilt auch von der ſtarken
Erhebung der Stimme, auf gewiſſen Stellen. Die-
ſes aber erfodert eine genaue Beurtheilung. Denn
gar oft wird der groͤßte Nachdruk durch das Gegen-
theil, durch eine ſchwache ſinkende Stimm erhalten;
ſo daß nicht alles, was ſtark ruͤhren ſoll, auch mit
ſtarker Stimme muß geſagt werden. Aber was
wuͤrklich erſchuͤttern ſoll, ſcheinet dieſe Staͤrke zu
erfodern.
Statue.
(Bildhauer Kunſt.)
Mit dieſem lateiniſchen Worte, fuͤr welches man
auch das deutſche Wort Bildſaͤule brauchen koͤnnte,
benennt man die Werke bildender Kuͤnſte, welche die
menſchliche Geſtalt koͤrperlich, das iſt in ihrer voͤlli-
gen Bildung darſtellen. Doch wird das Wort auch
von ſolchen Abbildungen der Thiere gebraucht.
Unter welchem Volk und bey welcher Gelegenheit
zuerſt der Gebrauch aufgekommen ſey, die Geſtalt
des Menſchen in Holz, Stein, oder einer andern
feſten Materie durch die Kunſt zu bilden und als ein
Denkmal aufzuſtellen, iſt ungewiß. Aus den Nach-
richten des Herodotus (*) ſollte man ſchließen, daß
die Aegyptier die erſten Statuen gemacht haben.
Von der erſten Veranlaſſung dazu finden wir aber
keine Nachricht.
Schon in dem hohen Alterthum finden ſich aber
doch Spuhren, daß verſchiedene andre Voͤlker, ſo
wol im Orient, als in Kleinaſten, Griechenland
und Jtalien durch Kunſt verfertigte Bilder gehabt
haben. Es ſcheinet aber, daß die Liebhaberey an
Statuen und die Kunſt der Bearbeitung derſelben in
Griechenland zuerſt in einen vorzuͤglichen Flor ge-
kommen ſey. Anfaͤnglich wurden die verſchiedenen
Gottheiten in menſchlicher Geſtalt gebildet; nachher
die beruͤhmteſten Helden aͤlterer Zeit und endlich
auch kuͤrzlich verſtorbene und noch lebende Menſchen,
die man dadurch ehren wollte, daß ihre Geſtalt in
Statuen abgebildet und an oͤffentlichen Orten aufge-
ſtellt wurden. Der Geſchmak an Statuen der Goͤt-
ter und Menſchen nahm unter den Griechen nach
und nach ſo ſehr uͤberhand, daß nicht leicht eine an-
dre Kunſt mit dem Eyfer und Aufwand getrieben
worden, die man auf die Bildhauerey gewendet hat;
ſo daß Griechenland zulezt mit einer unzaͤhlbaren
Menge von Statuen der Goͤtter und Menſchen an-
gefuͤllt worden.
Die Roͤmer ſcheinen in den aͤltern Zeiten der Re-
publik nur einen maͤßigen Gebrauch von Statuen
der Goͤtter und verdienter Maͤnner gemacht zu ha-
ben. Nachdem ſie aber mit den Griechen naͤher be-
kannt worden, und bey Gelegenheit verſchiedener
in Griechenland gemachter Eroberungen, viel grie-
chiſche Statuen nach Rom gebracht hatten, wurd
auch die Liebhaberey an dieſen Werken der Kunſt all-
maͤhlig lebhafter und ſtieg ſo gar nach und nach bis
zu einer Art von Raſerey; ſo daß ein alter Schrift-
ſteller ſagt, man haͤtte zu einer Zeit mehr Statuen,
als Einwohner, in Rom zaͤhlen koͤnnen. Allein da
es hier nicht um hiſtoriſche Nachrichten von den
Statuen zu thun iſt, ſo verweiſen wir den Leſer,
der hieruͤber Unterricht verlangt, auf das, was Pli-
nius im 34 Buch ſeiner Naturgeſchicht hiervon ſagt
und auf Winkelmanns Geſchichte der Kunſt des Al-
terthums.
Unſre Abſicht geht hier auf allgemeine Betrach-
tungen uͤber den Werth und Rang, den die Statuen
unter andern Werken der Kunſt behaupten koͤnnen
und uͤber das Eigenthuͤmliche ihres Charakters.
Ueber ihren gottesdienſtlichen Gebrauch haben
wir hier nichts zu ſagen. Die Abbildung der Gott-
heit unter menſchlicher Geſtalt iſt gegenwaͤrtig nach
dem Maaß der Erkenntniß unter uns, nicht mehr
ertraͤglich, und ich fuͤhle auch nicht den geringſten
Beruf dem Bilderdienſt der im Calender ſtehenden
Heiligen und Maͤrtyrer das Wort zu reden. Alſo
werden ſich unſre Anmerkungen blos auf die allge-
meinen ſittlichen, und auf den politiſchen Gebrauch
dieſer Werke der Kunſt einſchraͤnken.
Da die Statue ein Werk iſt, das ſchon betraͤcht-
lichen Aufwand erfodert (†); ſo iſt auch izt ihr Ge-
brauch ſehr eingeſchraͤnkt, kann aber eben deswegen
deſto
(*) Jm
II. B.
(†)
Eine Statue, die nicht viel uͤber Lebensgroͤße und
von gutem weißen Marmer iſt, kann in einem Lande, das
den Marmor nicht ſelbſt hat, unter ſuͤnf bis ſechs tauſend
Thalern nicht wol fertig gemacht und geſezt werden. Jſt
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