Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite


Vorrede.

Jch würde den Leser hier mit keiner Vorrede aufhalten, wenn ich mich nicht für
verpflichtet hielte, ihn zu benachrichtigen, daß in diesem Theile die meisten
und vorzüglichsten Artikel, die in die Musik einschlagen, nicht von mir, sondern,
wie Kenner es bald merken werden, von einem würklichen Virtuosen herrühren. *)
Er hat die Gefälligkeit für mich gehabt, eine Arbeit, der ich selbst bey weitem nicht
gewachsen war, auf sich zu nehmen. Von ihm sind also von Anfange des Buchsta-
bens S bis zu Ende des Werks alle Artikel über musikalische Materien, nur wenige
ausgenommen, die ich schon vorher entworfen hatte. Dadurch hat dieser Theil einen
beträchtlichen Vorzug über den vorhergehenden erhalten. Denn ob ich gleich für den
ersten Theil des Unterrichts und Beystandes eines der gründlichsten Tonsetzer itziger
Zeit, des Herrn Kirnbergers, genossen habe, so war ich doch nicht im Stande, das,
was ich zu sagen hatte, mit der Gründlichkeit und Leichtigkeit, die nur den Meistern
in der Kunst eigen ist, vorzutragen. Jndessen hat Herr Kirnberger auch in diesem
Theile, sowol mir, als dem Herrn Schultze viel wichtige Bemerkungen, die seine
gründliche Theorie und große Erfahrung an die Hand gegeben hat, mit ausnehmen-
der Bereitwilligkeit mitgetheilet.

Weiter habe ich hier meinem Leser nichts zu sagen. Denn ich finde es weder
nöthig noch schiklich das Werk gegen einige widrige Urtheile, die man über den er-

sten
*) [Spaltenumbruch]
Herr Schultze aus Lüneburg. Nachdem
er hier von Herrn Kirnberger in der musikali-
schen Setzkunst unterrichtet worden, begab er sich
in Dienste einer polnischen Fürstin, wodurch er
Gelegenheit bekam, durch Reisen nach Frankreich
[Spaltenumbruch] und Jtalien sich eine gute Kenntniß des gegen-
wärtigen Zustandes der Musik in diesen Ländern
zu erwerben, die berühmtesten Virtnosen zu hö-
ren, und dadurch seine Einsiche in die Kunst zu
erweitern.
2


Vorrede.

Jch wuͤrde den Leſer hier mit keiner Vorrede aufhalten, wenn ich mich nicht fuͤr
verpflichtet hielte, ihn zu benachrichtigen, daß in dieſem Theile die meiſten
und vorzuͤglichſten Artikel, die in die Muſik einſchlagen, nicht von mir, ſondern,
wie Kenner es bald merken werden, von einem wuͤrklichen Virtuoſen herruͤhren. *)
Er hat die Gefaͤlligkeit fuͤr mich gehabt, eine Arbeit, der ich ſelbſt bey weitem nicht
gewachſen war, auf ſich zu nehmen. Von ihm ſind alſo von Anfange des Buchſta-
bens S bis zu Ende des Werks alle Artikel uͤber muſikaliſche Materien, nur wenige
ausgenommen, die ich ſchon vorher entworfen hatte. Dadurch hat dieſer Theil einen
betraͤchtlichen Vorzug uͤber den vorhergehenden erhalten. Denn ob ich gleich fuͤr den
erſten Theil des Unterrichts und Beyſtandes eines der gruͤndlichſten Tonſetzer itziger
Zeit, des Herrn Kirnbergers, genoſſen habe, ſo war ich doch nicht im Stande, das,
was ich zu ſagen hatte, mit der Gruͤndlichkeit und Leichtigkeit, die nur den Meiſtern
in der Kunſt eigen iſt, vorzutragen. Jndeſſen hat Herr Kirnberger auch in dieſem
Theile, ſowol mir, als dem Herrn Schultze viel wichtige Bemerkungen, die ſeine
gruͤndliche Theorie und große Erfahrung an die Hand gegeben hat, mit ausnehmen-
der Bereitwilligkeit mitgetheilet.

Weiter habe ich hier meinem Leſer nichts zu ſagen. Denn ich finde es weder
noͤthig noch ſchiklich das Werk gegen einige widrige Urtheile, die man uͤber den er-

ſten
*) [Spaltenumbruch]
Herr Schultze aus Luͤneburg. Nachdem
er hier von Herrn Kirnberger in der muſikali-
ſchen Setzkunſt unterrichtet worden, begab er ſich
in Dienſte einer polniſchen Fuͤrſtin, wodurch er
Gelegenheit bekam, durch Reiſen nach Frankreich
[Spaltenumbruch] und Jtalien ſich eine gute Kenntniß des gegen-
waͤrtigen Zuſtandes der Muſik in dieſen Laͤndern
zu erwerben, die beruͤhmteſten Virtnoſen zu hoͤ-
ren, und dadurch ſeine Einſiche in die Kunſt zu
erweitern.
2
<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0002"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Vorrede.</hi> </hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">J</hi>ch wu&#x0364;rde den Le&#x017F;er hier mit keiner Vorrede aufhalten, wenn ich mich nicht fu&#x0364;r<lb/>
verpflichtet hielte, ihn zu benachrichtigen, daß in die&#x017F;em Theile die mei&#x017F;ten<lb/>
und vorzu&#x0364;glich&#x017F;ten Artikel, die in die Mu&#x017F;ik ein&#x017F;chlagen, nicht von mir, &#x017F;ondern,<lb/>
wie Kenner es bald merken werden, von einem wu&#x0364;rklichen Virtuo&#x017F;en herru&#x0364;hren. <note place="foot" n="*)"><cb/><lb/>
Herr <hi rendition="#fr">Schultze</hi> aus Lu&#x0364;neburg. Nachdem<lb/>
er hier von Herrn <hi rendition="#fr">Kirnberger</hi> in der mu&#x017F;ikali-<lb/>
&#x017F;chen Setzkun&#x017F;t unterrichtet worden, begab er &#x017F;ich<lb/>
in Dien&#x017F;te einer polni&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;tin, wodurch er<lb/>
Gelegenheit bekam, durch Rei&#x017F;en nach Frankreich<lb/><cb/>
und Jtalien &#x017F;ich eine gute Kenntniß des gegen-<lb/>
wa&#x0364;rtigen Zu&#x017F;tandes der Mu&#x017F;ik in die&#x017F;en La&#x0364;ndern<lb/>
zu erwerben, die beru&#x0364;hmte&#x017F;ten Virtno&#x017F;en zu ho&#x0364;-<lb/>
ren, und dadurch &#x017F;eine Ein&#x017F;iche in die Kun&#x017F;t zu<lb/>
erweitern.</note><lb/>
Er hat die Gefa&#x0364;lligkeit fu&#x0364;r mich gehabt, eine Arbeit, der ich &#x017F;elb&#x017F;t bey weitem nicht<lb/>
gewach&#x017F;en war, auf &#x017F;ich zu nehmen. Von ihm &#x017F;ind al&#x017F;o von Anfange des Buch&#x017F;ta-<lb/>
bens S bis zu Ende des Werks alle Artikel u&#x0364;ber mu&#x017F;ikali&#x017F;che Materien, nur wenige<lb/>
ausgenommen, die ich &#x017F;chon vorher entworfen hatte. Dadurch hat die&#x017F;er Theil einen<lb/>
betra&#x0364;chtlichen Vorzug u&#x0364;ber den vorhergehenden erhalten. Denn ob ich gleich fu&#x0364;r den<lb/>
er&#x017F;ten Theil des Unterrichts und Bey&#x017F;tandes eines der gru&#x0364;ndlich&#x017F;ten Ton&#x017F;etzer itziger<lb/>
Zeit, des Herrn <hi rendition="#fr">Kirnbergers,</hi> geno&#x017F;&#x017F;en habe, &#x017F;o war ich doch nicht im Stande, das,<lb/>
was ich zu &#x017F;agen hatte, mit der Gru&#x0364;ndlichkeit und Leichtigkeit, die nur den Mei&#x017F;tern<lb/>
in der Kun&#x017F;t eigen i&#x017F;t, vorzutragen. Jnde&#x017F;&#x017F;en hat Herr <hi rendition="#fr">Kirnberger</hi> auch in die&#x017F;em<lb/>
Theile, &#x017F;owol mir, als dem Herrn <hi rendition="#fr">Schultze</hi> viel wichtige Bemerkungen, die &#x017F;eine<lb/>
gru&#x0364;ndliche Theorie und große Erfahrung an die Hand gegeben hat, mit ausnehmen-<lb/>
der Bereitwilligkeit mitgetheilet.</p><lb/>
        <p>Weiter habe ich hier meinem Le&#x017F;er nichts zu &#x017F;agen. Denn ich finde es weder<lb/>
no&#x0364;thig noch &#x017F;chiklich das Werk gegen einige widrige Urtheile, die man u&#x0364;ber den er-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">2</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ten</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0002] Vorrede. Jch wuͤrde den Leſer hier mit keiner Vorrede aufhalten, wenn ich mich nicht fuͤr verpflichtet hielte, ihn zu benachrichtigen, daß in dieſem Theile die meiſten und vorzuͤglichſten Artikel, die in die Muſik einſchlagen, nicht von mir, ſondern, wie Kenner es bald merken werden, von einem wuͤrklichen Virtuoſen herruͤhren. *) Er hat die Gefaͤlligkeit fuͤr mich gehabt, eine Arbeit, der ich ſelbſt bey weitem nicht gewachſen war, auf ſich zu nehmen. Von ihm ſind alſo von Anfange des Buchſta- bens S bis zu Ende des Werks alle Artikel uͤber muſikaliſche Materien, nur wenige ausgenommen, die ich ſchon vorher entworfen hatte. Dadurch hat dieſer Theil einen betraͤchtlichen Vorzug uͤber den vorhergehenden erhalten. Denn ob ich gleich fuͤr den erſten Theil des Unterrichts und Beyſtandes eines der gruͤndlichſten Tonſetzer itziger Zeit, des Herrn Kirnbergers, genoſſen habe, ſo war ich doch nicht im Stande, das, was ich zu ſagen hatte, mit der Gruͤndlichkeit und Leichtigkeit, die nur den Meiſtern in der Kunſt eigen iſt, vorzutragen. Jndeſſen hat Herr Kirnberger auch in dieſem Theile, ſowol mir, als dem Herrn Schultze viel wichtige Bemerkungen, die ſeine gruͤndliche Theorie und große Erfahrung an die Hand gegeben hat, mit ausnehmen- der Bereitwilligkeit mitgetheilet. Weiter habe ich hier meinem Leſer nichts zu ſagen. Denn ich finde es weder noͤthig noch ſchiklich das Werk gegen einige widrige Urtheile, die man uͤber den er- ſten *) Herr Schultze aus Luͤneburg. Nachdem er hier von Herrn Kirnberger in der muſikali- ſchen Setzkunſt unterrichtet worden, begab er ſich in Dienſte einer polniſchen Fuͤrſtin, wodurch er Gelegenheit bekam, durch Reiſen nach Frankreich und Jtalien ſich eine gute Kenntniß des gegen- waͤrtigen Zuſtandes der Muſik in dieſen Laͤndern zu erwerben, die beruͤhmteſten Virtnoſen zu hoͤ- ren, und dadurch ſeine Einſiche in die Kunſt zu erweitern. 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/2
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/2>, abgerufen am 21.12.2024.