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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Neuntes Kapitel. §. 97.
zufällig darauf geworfenen Leichnam belebte; zwischen den
zuvor angeführten A. T.lichen Todtenerweckungen aber
und der des Lazarus besteht darin eine Ähnlichkeit, dass
Jesus, während er bei den beiden andern geradezu gebie-
tend auftritt, bei dieser zu Gott betet, wie Elisa und
namentlich Elia gethan hatte. Während nun Paulus auch
auf diese A. T.lichen Erzählungen seine an den evangeli-
schen vollzogene natürliche Erklärung ausdehnt: haben wei-
tersehende Theologen längst bemerkt, dass die N. T.lichen
Todtenerweckungen nichts Anderes als Mythen seien, ent-
standen aus der Neigung der ältesten Christengemeinde,
ihren Messias dem Vorbilde der Propheten und dem mes-
sianischen Ideale gemäss zu machen 57).

§. 97.
Sturm-, See- und Fischgeschichten.

Wie überhaupt, wenigstens nach der Darstellung der
drei ersten Evangelisten, die Umgegend des galiläischen

57) So der Verf. der Abhandlung über die verschiedenen Rücksich-
ten, in welchen der Biograph Jesu arbeiten kann, in Ber-
tholdt
's krit. Journal, 5, S. 237 f. Kaiser, bibl. Theol. 1,
S. 202. -- Eine der Erweckung des Jünglings zu Nain auffal-
lend ähnliche Todtenerweckung weiss Philostratus von sei-
nem Apollonius zu erzählen: "Wie es nach Lukas ein Jüng-
ling, der einzige Sohn einer Wittwe, war, der schon vor
die Stadt hinausgetragen wurde: so ist es bei Philostratus
ein erwachsenes, schon dem Bräutigam verlobtes Mädchen,
dessen Bahre Apollonius begegnet. Der Befehl, die Bahre
niederzusetzen, die blosse Berührung und wenige ausgespro-
chene Worte reichen hier wie dort hin, den Todten wieder
zum Leben zu bringen" (Baur, Apollonius v. Tyana und
Christus, S. 145). Ich möchte wissen, ob vielleicht Paulus
oder wer sonst Lust hätte, auch diese Erzählung natürlich
zu erklären; wenn man sie aber, wie man wohl nicht um-
hin kann, als Nachbildung der evangelischen fassen muss:

Neuntes Kapitel. §. 97.
zufällig darauf geworfenen Leichnam belebte; zwischen den
zuvor angeführten A. T.lichen Todtenerweckungen aber
und der des Lazarus besteht darin eine Ähnlichkeit, daſs
Jesus, während er bei den beiden andern geradezu gebie-
tend auftritt, bei dieser zu Gott betet, wie Elisa und
namentlich Elia gethan hatte. Während nun Paulus auch
auf diese A. T.lichen Erzählungen seine an den evangeli-
schen vollzogene natürliche Erklärung ausdehnt: haben wei-
tersehende Theologen längst bemerkt, daſs die N. T.lichen
Todtenerweckungen nichts Anderes als Mythen seien, ent-
standen aus der Neigung der ältesten Christengemeinde,
ihren Messias dem Vorbilde der Propheten und dem mes-
sianischen Ideale gemäſs zu machen 57).

§. 97.
Sturm-, See- und Fischgeschichten.

Wie überhaupt, wenigstens nach der Darstellung der
drei ersten Evangelisten, die Umgegend des galiläischen

57) So der Verf. der Abhandlung über die verschiedenen Rücksich-
ten, in welchen der Biograph Jesu arbeiten kann, in Ber-
tholdt
's krit. Journal, 5, S. 237 f. Kaiser, bibl. Theol. 1,
S. 202. — Eine der Erweckung des Jünglings zu Nain auffal-
lend ähnliche Todtenerweckung weiss Philostratus von sei-
nem Apollonius zu erzählen: „Wie es nach Lukas ein Jüng-
ling, der einzige Sohn einer Wittwe, war, der schon vor
die Stadt hinausgetragen wurde: so ist es bei Philostratus
ein erwachsenes, schon dem Bräutigam verlobtes Mädchen,
dessen Bahre Apollonius begegnet. Der Befehl, die Bahre
niederzusetzen, die blosse Berührung und wenige ausgespro-
chene Worte reichen hier wie dort hin, den Todten wieder
zum Leben zu bringen“ (Baur, Apollonius v. Tyana und
Christus, S. 145). Ich möchte wissen, ob vielleicht Paulus
oder wer sonst Lust hätte, auch diese Erzählung natürlich
zu erklären; wenn man sie aber, wie man wohl nicht um-
hin kann, als Nachbildung der evangelischen fassen muss:
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[173/0192] Neuntes Kapitel. §. 97. zufällig darauf geworfenen Leichnam belebte; zwischen den zuvor angeführten A. T.lichen Todtenerweckungen aber und der des Lazarus besteht darin eine Ähnlichkeit, daſs Jesus, während er bei den beiden andern geradezu gebie- tend auftritt, bei dieser zu Gott betet, wie Elisa und namentlich Elia gethan hatte. Während nun Paulus auch auf diese A. T.lichen Erzählungen seine an den evangeli- schen vollzogene natürliche Erklärung ausdehnt: haben wei- tersehende Theologen längst bemerkt, daſs die N. T.lichen Todtenerweckungen nichts Anderes als Mythen seien, ent- standen aus der Neigung der ältesten Christengemeinde, ihren Messias dem Vorbilde der Propheten und dem mes- sianischen Ideale gemäſs zu machen 57). §. 97. Sturm-, See- und Fischgeschichten. Wie überhaupt, wenigstens nach der Darstellung der drei ersten Evangelisten, die Umgegend des galiläischen 57) So der Verf. der Abhandlung über die verschiedenen Rücksich- ten, in welchen der Biograph Jesu arbeiten kann, in Ber- tholdt's krit. Journal, 5, S. 237 f. Kaiser, bibl. Theol. 1, S. 202. — Eine der Erweckung des Jünglings zu Nain auffal- lend ähnliche Todtenerweckung weiss Philostratus von sei- nem Apollonius zu erzählen: „Wie es nach Lukas ein Jüng- ling, der einzige Sohn einer Wittwe, war, der schon vor die Stadt hinausgetragen wurde: so ist es bei Philostratus ein erwachsenes, schon dem Bräutigam verlobtes Mädchen, dessen Bahre Apollonius begegnet. Der Befehl, die Bahre niederzusetzen, die blosse Berührung und wenige ausgespro- chene Worte reichen hier wie dort hin, den Todten wieder zum Leben zu bringen“ (Baur, Apollonius v. Tyana und Christus, S. 145). Ich möchte wissen, ob vielleicht Paulus oder wer sonst Lust hätte, auch diese Erzählung natürlich zu erklären; wenn man sie aber, wie man wohl nicht um- hin kann, als Nachbildung der evangelischen fassen muss:

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/192>, abgerufen am 19.11.2024.