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Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.

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Dann räusperte er sich und schritt würdevoll in der meinem Heimwege entgegengesetzten Richtung weiter. Ich folgte ihm von Straße zu Straße, um wieder und wieder die entzückende Verkündigung zu hören; denn niemals hatte ich eine Komödie, geschweige denn ein Puppenspiel gesehen. - Als ich endlich umkehrte, sah ich ein rothes Kleidchen mir entgegenkommen; und wirklich, es war die kleine Puppenspielerin; trotz ihres verschossenen Anzuges schien sie mir von einem Märchenglanz umgeben.

Ich faßte mir ein Herz und redete sie an: "Willst du spazieren gehen, Lisei?"

Sie sah mich mißtrauisch aus ihren schwarzen Augen an. "Spazieren?" wiederholte sie gedehnt. "Ach du! - du bist g'scheidt!"

"Wohin willst du denn?"

- "Zum Ellen-Kramer will i!"

"Willst du dir ein neues Kleid kaufen?" fragte ich tölpelhaft genug.

Sie lachte laut auf. "Geh! laß mi aus! - Nein; nur so Fetzl'n!"

"Fetzl'n, Lisei?"

Dann räusperte er sich und schritt würdevoll in der meinem Heimwege entgegengesetzten Richtung weiter. Ich folgte ihm von Straße zu Straße, um wieder und wieder die entzückende Verkündigung zu hören; denn niemals hatte ich eine Komödie, geschweige denn ein Puppenspiel gesehen. – Als ich endlich umkehrte, sah ich ein rothes Kleidchen mir entgegenkommen; und wirklich, es war die kleine Puppenspielerin; trotz ihres verschossenen Anzuges schien sie mir von einem Märchenglanz umgeben.

Ich faßte mir ein Herz und redete sie an: „Willst du spazieren gehen, Lisei?“

Sie sah mich mißtrauisch aus ihren schwarzen Augen an. „Spazieren?“ wiederholte sie gedehnt. „Ach du! – du bist g’scheidt!“

„Wohin willst du denn?“

– „Zum Ellen-Kramer will i!“

„Willst du dir ein neues Kleid kaufen?“ fragte ich tölpelhaft genug.

Sie lachte laut auf. „Geh! laß mi aus! – Nein; nur so Fetzl’n!“

„Fetzl’n, Lisei?“

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[127/0131] Dann räusperte er sich und schritt würdevoll in der meinem Heimwege entgegengesetzten Richtung weiter. Ich folgte ihm von Straße zu Straße, um wieder und wieder die entzückende Verkündigung zu hören; denn niemals hatte ich eine Komödie, geschweige denn ein Puppenspiel gesehen. – Als ich endlich umkehrte, sah ich ein rothes Kleidchen mir entgegenkommen; und wirklich, es war die kleine Puppenspielerin; trotz ihres verschossenen Anzuges schien sie mir von einem Märchenglanz umgeben. Ich faßte mir ein Herz und redete sie an: „Willst du spazieren gehen, Lisei?“ Sie sah mich mißtrauisch aus ihren schwarzen Augen an. „Spazieren?“ wiederholte sie gedehnt. „Ach du! – du bist g’scheidt!“ „Wohin willst du denn?“ – „Zum Ellen-Kramer will i!“ „Willst du dir ein neues Kleid kaufen?“ fragte ich tölpelhaft genug. Sie lachte laut auf. „Geh! laß mi aus! – Nein; nur so Fetzl’n!“ „Fetzl’n, Lisei?“

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/131>, abgerufen am 26.04.2024.