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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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darüber lachen müssen; aber der Kaffee von der Anna hätte Ihnen doch noch besser geschmeckt!"

Der Alte schwieg plötzlich und horchte nach oben hinauf. "Ja, der Junge schläft," sagte er; dann trank er den kleinen Rest aus seinem Glase und machte sich daran ein neues für sich zu mischen; denn der kleine Kessel sauste immerfort. Mir war, als ob ihm das Erzählen plötzlich widerstehe, oder als ob er sich besinnen müsse, wie er fortzufahren habe.

Aber er saß schon wieder auf seinem Platz, und ohne das dampfende Glas zu berühren, hub er aufs Neue an. "Es sieht manches aus wie ein Kinderspaß; aber auch der Strauß hat erst in einem Ei gelegen! Sie wissen, Nachbar, es war meine alte Seemannsart, zwischen Nachmittag und Abend ein gutes Glas zu trinken, und was den Rum anlangt, so hatte ich allzeit was Echtes in meinem Schränkchen. Ich hatte die Anna gelehrt, nach meinem Maaße mir das Glas zu mischen; aber wenn sie den Rum in das heiße Glas goß und nun der Dampf ihr in das feine Näschen stieg, dann begann sie ein Gehüstel, bog den Kopf zurück und machte allerlei Gesichter des Abscheues gegen mich.

Ich lachte darüber und sagte. "Probir' es nur!" oder: "Es wird Dir doch noch schmecken!"

darüber lachen müssen; aber der Kaffee von der Anna hätte Ihnen doch noch besser geschmeckt!“

Der Alte schwieg plötzlich und horchte nach oben hinauf. „Ja, der Junge schläft,“ sagte er; dann trank er den kleinen Rest aus seinem Glase und machte sich daran ein neues für sich zu mischen; denn der kleine Kessel sauste immerfort. Mir war, als ob ihm das Erzählen plötzlich widerstehe, oder als ob er sich besinnen müsse, wie er fortzufahren habe.

Aber er saß schon wieder auf seinem Platz, und ohne das dampfende Glas zu berühren, hub er aufs Neue an. „Es sieht manches aus wie ein Kinderspaß; aber auch der Strauß hat erst in einem Ei gelegen! Sie wissen, Nachbar, es war meine alte Seemannsart, zwischen Nachmittag und Abend ein gutes Glas zu trinken, und was den Rum anlangt, so hatte ich allzeit was Echtes in meinem Schränkchen. Ich hatte die Anna gelehrt, nach meinem Maaße mir das Glas zu mischen; aber wenn sie den Rum in das heiße Glas goß und nun der Dampf ihr in das feine Näschen stieg, dann begann sie ein Gehüstel, bog den Kopf zurück und machte allerlei Gesichter des Abscheues gegen mich.

Ich lachte darüber und sagte. „Probir’ es nur!“ oder: „Es wird Dir doch noch schmecken!“

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[40/0044] darüber lachen müssen; aber der Kaffee von der Anna hätte Ihnen doch noch besser geschmeckt!“ Der Alte schwieg plötzlich und horchte nach oben hinauf. „Ja, der Junge schläft,“ sagte er; dann trank er den kleinen Rest aus seinem Glase und machte sich daran ein neues für sich zu mischen; denn der kleine Kessel sauste immerfort. Mir war, als ob ihm das Erzählen plötzlich widerstehe, oder als ob er sich besinnen müsse, wie er fortzufahren habe. Aber er saß schon wieder auf seinem Platz, und ohne das dampfende Glas zu berühren, hub er aufs Neue an. „Es sieht manches aus wie ein Kinderspaß; aber auch der Strauß hat erst in einem Ei gelegen! Sie wissen, Nachbar, es war meine alte Seemannsart, zwischen Nachmittag und Abend ein gutes Glas zu trinken, und was den Rum anlangt, so hatte ich allzeit was Echtes in meinem Schränkchen. Ich hatte die Anna gelehrt, nach meinem Maaße mir das Glas zu mischen; aber wenn sie den Rum in das heiße Glas goß und nun der Dampf ihr in das feine Näschen stieg, dann begann sie ein Gehüstel, bog den Kopf zurück und machte allerlei Gesichter des Abscheues gegen mich. Ich lachte darüber und sagte. „Probir’ es nur!“ oder: „Es wird Dir doch noch schmecken!“

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Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/44>, abgerufen am 26.04.2024.