Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852.Auf dem Segeberg. Fragment. Hier stand auch einer Frauen Wiege, Die Wiege einer deutschen Frau; Die schaut mich an mit Augen blau, Und auf dem Felsen, drauf ich liege, Schließt sie mich plötzlich an die Brust. Da werd' ich mir des Glücks bewußt; Ich seh' die Welt so unvergänglich, Voll Schönheit mir zu Füßen ruhn, Und alle Sorgen, die so bänglich Mein Herz bedrängten, schweigen nun. Musik! Musik! Die Lerchen singen, Aus Wies' und Wäldern steigt Gesang, Die Mücken in den Lüften schwingen Den süßen Sommerharfenklang. Und unten auf besonnter Flur Seh' ich des Kornes Wellen treiben, In blauen Wölkchen drüber stäuben Ein keusch' Geheimniß der Natur. -- Auf dem Segeberg. Fragment. Hier ſtand auch einer Frauen Wiege, Die Wiege einer deutſchen Frau; Die ſchaut mich an mit Augen blau, Und auf dem Felſen, drauf ich liege, Schließt ſie mich plötzlich an die Bruſt. Da werd' ich mir des Glücks bewußt; Ich ſeh' die Welt ſo unvergänglich, Voll Schönheit mir zu Füßen ruhn, Und alle Sorgen, die ſo bänglich Mein Herz bedrängten, ſchweigen nun. Muſik! Muſik! Die Lerchen ſingen, Aus Wieſ' und Wäldern ſteigt Geſang, Die Mücken in den Lüften ſchwingen Den ſüßen Sommerharfenklang. Und unten auf beſonnter Flur Seh' ich des Kornes Wellen treiben, In blauen Wölkchen drüber ſtäuben Ein keuſch' Geheimniß der Natur. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0095" n="85"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Auf dem Segeberg.</hi><lb/> </head> <p rendition="#c">Fragment.</p><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">H</hi>ier ſtand auch einer Frauen Wiege,</l><lb/> <l>Die Wiege einer deutſchen Frau;</l><lb/> <l>Die ſchaut mich an mit Augen blau,</l><lb/> <l>Und auf dem Felſen, drauf ich liege,</l><lb/> <l>Schließt ſie mich plötzlich an die Bruſt.</l><lb/> <l>Da werd' ich mir des Glücks bewußt;</l><lb/> <l>Ich ſeh' die Welt ſo unvergänglich,</l><lb/> <l>Voll Schönheit mir zu Füßen ruhn,</l><lb/> <l>Und alle Sorgen, die ſo bänglich</l><lb/> <l>Mein Herz bedrängten, ſchweigen nun.</l><lb/> <l>Muſik! Muſik! Die Lerchen ſingen,</l><lb/> <l>Aus Wieſ' und Wäldern ſteigt Geſang,</l><lb/> <l>Die Mücken in den Lüften ſchwingen</l><lb/> <l>Den ſüßen Sommerharfenklang.</l><lb/> <l>Und unten auf beſonnter Flur</l><lb/> <l>Seh' ich des Kornes Wellen treiben,</l><lb/> <l>In blauen Wölkchen drüber ſtäuben</l><lb/> <l>Ein keuſch' Geheimniß der Natur. —</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0095]
Auf dem Segeberg.
Fragment.
Hier ſtand auch einer Frauen Wiege,
Die Wiege einer deutſchen Frau;
Die ſchaut mich an mit Augen blau,
Und auf dem Felſen, drauf ich liege,
Schließt ſie mich plötzlich an die Bruſt.
Da werd' ich mir des Glücks bewußt;
Ich ſeh' die Welt ſo unvergänglich,
Voll Schönheit mir zu Füßen ruhn,
Und alle Sorgen, die ſo bänglich
Mein Herz bedrängten, ſchweigen nun.
Muſik! Muſik! Die Lerchen ſingen,
Aus Wieſ' und Wäldern ſteigt Geſang,
Die Mücken in den Lüften ſchwingen
Den ſüßen Sommerharfenklang.
Und unten auf beſonnter Flur
Seh' ich des Kornes Wellen treiben,
In blauen Wölkchen drüber ſtäuben
Ein keuſch' Geheimniß der Natur. —
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