Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852.2. Du gehst an meiner Seite hin Und achtest meiner nicht; Nun schmerzt mich deine weiße Hand, Dein süßes Angesicht. O sprich wie sonst ein liebes Wort, Ein einzig Wort mir zu! Die Wunden bluten heimlich fort, Auch du hast keine Ruh'. Der Mund, der jetzt zu meiner Qual Sich stumm vor mir verschließt, Ich hab' ihn ja so tausend mal, Viel tausend mal geküßt. Was einst so überselig war, Bricht nun das Herz entzwei; Das Aug', das meine Seele trank, Sieht fremd an mir vorbei. 2. Du gehſt an meiner Seite hin Und achteſt meiner nicht; Nun ſchmerzt mich deine weiße Hand, Dein ſüßes Angeſicht. O ſprich wie ſonſt ein liebes Wort, Ein einzig Wort mir zu! Die Wunden bluten heimlich fort, Auch du haſt keine Ruh'. Der Mund, der jetzt zu meiner Qual Sich ſtumm vor mir verſchließt, Ich hab' ihn ja ſo tauſend mal, Viel tauſend mal geküßt. Was einſt ſo überſelig war, Bricht nun das Herz entzwei; Das Aug', das meine Seele trank, Sieht fremd an mir vorbei. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0020" n="10"/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#b">2</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>u gehſt an meiner Seite hin</l><lb/> <l>Und achteſt meiner nicht;</l><lb/> <l>Nun ſchmerzt mich deine weiße Hand,</l><lb/> <l>Dein ſüßes Angeſicht.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>O ſprich wie ſonſt ein liebes Wort,</l><lb/> <l>Ein einzig Wort mir zu!</l><lb/> <l>Die Wunden bluten heimlich fort,</l><lb/> <l>Auch du haſt keine Ruh'.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Der Mund, der jetzt zu meiner Qual</l><lb/> <l>Sich ſtumm vor mir verſchließt,</l><lb/> <l>Ich hab' ihn ja ſo tauſend mal,</l><lb/> <l>Viel tauſend mal geküßt.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Was einſt ſo überſelig war,</l><lb/> <l>Bricht nun das Herz entzwei;</l><lb/> <l>Das Aug', das meine Seele trank,</l><lb/> <l>Sieht fremd an mir vorbei.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0020]
2.
Du gehſt an meiner Seite hin
Und achteſt meiner nicht;
Nun ſchmerzt mich deine weiße Hand,
Dein ſüßes Angeſicht.
O ſprich wie ſonſt ein liebes Wort,
Ein einzig Wort mir zu!
Die Wunden bluten heimlich fort,
Auch du haſt keine Ruh'.
Der Mund, der jetzt zu meiner Qual
Sich ſtumm vor mir verſchließt,
Ich hab' ihn ja ſo tauſend mal,
Viel tauſend mal geküßt.
Was einſt ſo überſelig war,
Bricht nun das Herz entzwei;
Das Aug', das meine Seele trank,
Sieht fremd an mir vorbei.
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