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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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ganz enorm im Preise. Wir wollen Euch nichts, gar nichts
nehmen, nur bezahlen sollt Ihr besser für das, was Ihr haben
wollt. Was hast Du denn? "Ich habe ein Gut von tausend
Morgen." Und Ich bin dein Ackerknecht und werde Dir
deinen Acker fortan nur für 1 Thaler Tagelohn bestellen.
"Da nehme Ich einen andern." Du findest keinen, denn Wir
Ackersknechte thun's nicht mehr anders, und wenn einer sich
meldet, der weniger nimmt, so hüte er sich vor Uns. Da ist
die Hausmagd, die fordert jetzt auch so viel, und Du findest
keine mehr unter diesem Preise. "Ei so muß ich zu Grunde
gehen." Nicht so hastig! So viel wie Wir wirst Du wohl
einnehmen, und wäre es nicht so, so lassen Wir so viel ab,
daß Du wie Wir zu leben hast. "Ich bin aber besser zu
leben gewohnt." Dagegen haben Wir nichts, aber es ist nicht
unsere Sorge; kannst Du mehr erübrigen, immerhin. Sollen
Wir Uns unterm Preise vermiethen, damit Du wohlleben
kannst? Der Reiche speist immer den Armen mit den Worten
ab: "Was geht Mich deine Noth an? Sieh, wie Du Dich
durch die Welt schlägst; das ist nicht meine, sondern deine
Sache
." Nun, so lassen Wir's denn unsere Sache sein, und
lassen Uns von den Reichen nicht die Mittel bemausen, die
Wir haben, um Uns zu verwerthen. "Aber Ihr ungebildeten
Leute braucht doch nicht so viel." Nun, Wir nehmen etwas
mehr, damit Wir dafür die Bildung, die Wir etwa brauchen,
Uns verschaffen können. "Aber, wenn Ihr so die Reichen
herunterbringt, wer soll dann noch die Künste und Wissen¬
schaften unterstützen?" I nun, die Menge muß es bringen;
Wir schießen zusammen, das giebt ein artiges Sümmchen, Ihr
Reichen kauft ohnehin jetzt nur die abgeschmacktesten Bücher und
die weinerlichen Muttergottesbilder oder ein Paar flinke Tän¬

ganz enorm im Preiſe. Wir wollen Euch nichts, gar nichts
nehmen, nur bezahlen ſollt Ihr beſſer für das, was Ihr haben
wollt. Was haſt Du denn? „Ich habe ein Gut von tauſend
Morgen.“ Und Ich bin dein Ackerknecht und werde Dir
deinen Acker fortan nur für 1 Thaler Tagelohn beſtellen.
„Da nehme Ich einen andern.“ Du findeſt keinen, denn Wir
Ackersknechte thun's nicht mehr anders, und wenn einer ſich
meldet, der weniger nimmt, ſo hüte er ſich vor Uns. Da iſt
die Hausmagd, die fordert jetzt auch ſo viel, und Du findeſt
keine mehr unter dieſem Preiſe. „Ei ſo muß ich zu Grunde
gehen.“ Nicht ſo haſtig! So viel wie Wir wirſt Du wohl
einnehmen, und wäre es nicht ſo, ſo laſſen Wir ſo viel ab,
daß Du wie Wir zu leben haſt. „Ich bin aber beſſer zu
leben gewohnt.“ Dagegen haben Wir nichts, aber es iſt nicht
unſere Sorge; kannſt Du mehr erübrigen, immerhin. Sollen
Wir Uns unterm Preiſe vermiethen, damit Du wohlleben
kannſt? Der Reiche ſpeiſt immer den Armen mit den Worten
ab: „Was geht Mich deine Noth an? Sieh, wie Du Dich
durch die Welt ſchlägſt; das iſt nicht meine, ſondern deine
Sache
.“ Nun, ſo laſſen Wir's denn unſere Sache ſein, und
laſſen Uns von den Reichen nicht die Mittel bemauſen, die
Wir haben, um Uns zu verwerthen. „Aber Ihr ungebildeten
Leute braucht doch nicht ſo viel.“ Nun, Wir nehmen etwas
mehr, damit Wir dafür die Bildung, die Wir etwa brauchen,
Uns verſchaffen können. „Aber, wenn Ihr ſo die Reichen
herunterbringt, wer ſoll dann noch die Künſte und Wiſſen¬
ſchaften unterſtützen?“ I nun, die Menge muß es bringen;
Wir ſchießen zuſammen, das giebt ein artiges Sümmchen, Ihr
Reichen kauft ohnehin jetzt nur die abgeſchmackteſten Bücher und
die weinerlichen Muttergottesbilder oder ein Paar flinke Tän¬

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[360/0368] ganz enorm im Preiſe. Wir wollen Euch nichts, gar nichts nehmen, nur bezahlen ſollt Ihr beſſer für das, was Ihr haben wollt. Was haſt Du denn? „Ich habe ein Gut von tauſend Morgen.“ Und Ich bin dein Ackerknecht und werde Dir deinen Acker fortan nur für 1 Thaler Tagelohn beſtellen. „Da nehme Ich einen andern.“ Du findeſt keinen, denn Wir Ackersknechte thun's nicht mehr anders, und wenn einer ſich meldet, der weniger nimmt, ſo hüte er ſich vor Uns. Da iſt die Hausmagd, die fordert jetzt auch ſo viel, und Du findeſt keine mehr unter dieſem Preiſe. „Ei ſo muß ich zu Grunde gehen.“ Nicht ſo haſtig! So viel wie Wir wirſt Du wohl einnehmen, und wäre es nicht ſo, ſo laſſen Wir ſo viel ab, daß Du wie Wir zu leben haſt. „Ich bin aber beſſer zu leben gewohnt.“ Dagegen haben Wir nichts, aber es iſt nicht unſere Sorge; kannſt Du mehr erübrigen, immerhin. Sollen Wir Uns unterm Preiſe vermiethen, damit Du wohlleben kannſt? Der Reiche ſpeiſt immer den Armen mit den Worten ab: „Was geht Mich deine Noth an? Sieh, wie Du Dich durch die Welt ſchlägſt; das iſt nicht meine, ſondern deine Sache.“ Nun, ſo laſſen Wir's denn unſere Sache ſein, und laſſen Uns von den Reichen nicht die Mittel bemauſen, die Wir haben, um Uns zu verwerthen. „Aber Ihr ungebildeten Leute braucht doch nicht ſo viel.“ Nun, Wir nehmen etwas mehr, damit Wir dafür die Bildung, die Wir etwa brauchen, Uns verſchaffen können. „Aber, wenn Ihr ſo die Reichen herunterbringt, wer ſoll dann noch die Künſte und Wiſſen¬ ſchaften unterſtützen?“ I nun, die Menge muß es bringen; Wir ſchießen zuſammen, das giebt ein artiges Sümmchen, Ihr Reichen kauft ohnehin jetzt nur die abgeſchmackteſten Bücher und die weinerlichen Muttergottesbilder oder ein Paar flinke Tän¬

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/368>, abgerufen am 26.04.2024.