Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite
Reute - Lechthal - Bregenzerwald.


Vorarlberg ist auf der Heerstraße von drei Seiten her zugänglich. Wer von Deutschland kömmt, fährt über Bregenz in das Ländchen ein; die italienische Straße geht über Chur und Maienfeld nach Feldkirch; die Tiroler kommen über den Arlberg. Diese drei für Roß und Wagen geschickten Zugänge gehören ebendeßwegen zu den viel betretenen, über welche in mehr als einer Schrift gesprochen worden ist. Wir wollen daher unsre Wanderungen lieber auf einem weniger bekannten Pfade beginnen und über den Tannberg herein steigen. Um zum Tannberge zu gelangen, müssen wir aber erst das Lechthal durchwandern, und da wir von Bayern ausgehen, so können wir auch ins Lechthal nicht wohl anders kommen, als über sein Emporium, den Flecken Reute. So trifft sich's denn, daß wir unsre vorarlbergischen Streifzüge auf tirolischem Boden eröffnen, was indessen den Leser nicht verwirren wird, da wir hier den Reiseplan unumwunden dargelegt haben, und es auch an seinem Orte deutlich aussprechen werden, wo Tirol zu Ende geht und Vorarlberg anfängt.

Wir sind also den Lechrain heraufgewandert über Steingaden, das welfische Münster, und sehen zur Rechten die Stadt Füßen liegen, gekrönt von einer ehemaligen Veste der Bischöfe von Augsburg. Zur Linken steht auf waldiger Felsenecke die Burg von Hohenschwangau, wie ein goldener Pokal auf grün geschmücktem Credenztische. Der Pilger eilt sehnsüchtig in das Schloß so voll von Wundern, wo die deutschen Sagen farbig von allen Wänden leuchten. Davor fluthet der liebliche Schwansee, wo die poetischen Vögel hochfährtig auf und abrudern,

Reute – Lechthal – Bregenzerwald.


Vorarlberg ist auf der Heerstraße von drei Seiten her zugänglich. Wer von Deutschland kömmt, fährt über Bregenz in das Ländchen ein; die italienische Straße geht über Chur und Maienfeld nach Feldkirch; die Tiroler kommen über den Arlberg. Diese drei für Roß und Wagen geschickten Zugänge gehören ebendeßwegen zu den viel betretenen, über welche in mehr als einer Schrift gesprochen worden ist. Wir wollen daher unsre Wanderungen lieber auf einem weniger bekannten Pfade beginnen und über den Tannberg herein steigen. Um zum Tannberge zu gelangen, müssen wir aber erst das Lechthal durchwandern, und da wir von Bayern ausgehen, so können wir auch ins Lechthal nicht wohl anders kommen, als über sein Emporium, den Flecken Reute. So trifft sich’s denn, daß wir unsre vorarlbergischen Streifzüge auf tirolischem Boden eröffnen, was indessen den Leser nicht verwirren wird, da wir hier den Reiseplan unumwunden dargelegt haben, und es auch an seinem Orte deutlich aussprechen werden, wo Tirol zu Ende geht und Vorarlberg anfängt.

Wir sind also den Lechrain heraufgewandert über Steingaden, das welfische Münster, und sehen zur Rechten die Stadt Füßen liegen, gekrönt von einer ehemaligen Veste der Bischöfe von Augsburg. Zur Linken steht auf waldiger Felsenecke die Burg von Hohenschwangau, wie ein goldener Pokal auf grün geschmücktem Credenztische. Der Pilger eilt sehnsüchtig in das Schloß so voll von Wundern, wo die deutschen Sagen farbig von allen Wänden leuchten. Davor fluthet der liebliche Schwansee, wo die poetischen Vögel hochfährtig auf und abrudern,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0014" n="9"/>
      <div n="1">
        <head>Reute &#x2013; Lechthal &#x2013; Bregenzerwald.</head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Vorarlberg ist auf der Heerstraße von drei Seiten her zugänglich. Wer von Deutschland kömmt, fährt über Bregenz in das Ländchen ein; die italienische Straße geht über Chur und Maienfeld nach Feldkirch; die Tiroler kommen über den Arlberg. Diese drei für Roß und Wagen geschickten Zugänge gehören ebendeßwegen zu den viel betretenen, über welche in mehr als einer Schrift gesprochen worden ist. Wir wollen daher unsre Wanderungen lieber auf einem weniger bekannten Pfade beginnen und über den Tannberg herein steigen. Um zum Tannberge zu gelangen, müssen wir aber erst das Lechthal durchwandern, und da wir von Bayern ausgehen, so können wir auch ins Lechthal nicht wohl anders kommen, als über sein Emporium, den Flecken Reute. So trifft sich&#x2019;s denn, daß wir unsre vorarlbergischen Streifzüge auf tirolischem Boden eröffnen, was indessen den Leser nicht verwirren wird, da wir hier den Reiseplan unumwunden dargelegt haben, und es auch an seinem Orte deutlich aussprechen werden, wo Tirol zu Ende geht und Vorarlberg anfängt.</p>
        <p>Wir sind also den Lechrain heraufgewandert über Steingaden, das welfische Münster, und sehen zur Rechten die Stadt Füßen liegen, gekrönt von einer ehemaligen Veste der Bischöfe von Augsburg. Zur Linken steht auf waldiger Felsenecke die Burg von Hohenschwangau, wie ein goldener Pokal auf grün geschmücktem Credenztische. Der Pilger eilt sehnsüchtig in das Schloß so voll von Wundern, wo die deutschen Sagen farbig von allen Wänden leuchten. Davor fluthet der liebliche Schwansee, wo die poetischen Vögel hochfährtig auf und abrudern,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0014] Reute – Lechthal – Bregenzerwald. Vorarlberg ist auf der Heerstraße von drei Seiten her zugänglich. Wer von Deutschland kömmt, fährt über Bregenz in das Ländchen ein; die italienische Straße geht über Chur und Maienfeld nach Feldkirch; die Tiroler kommen über den Arlberg. Diese drei für Roß und Wagen geschickten Zugänge gehören ebendeßwegen zu den viel betretenen, über welche in mehr als einer Schrift gesprochen worden ist. Wir wollen daher unsre Wanderungen lieber auf einem weniger bekannten Pfade beginnen und über den Tannberg herein steigen. Um zum Tannberge zu gelangen, müssen wir aber erst das Lechthal durchwandern, und da wir von Bayern ausgehen, so können wir auch ins Lechthal nicht wohl anders kommen, als über sein Emporium, den Flecken Reute. So trifft sich’s denn, daß wir unsre vorarlbergischen Streifzüge auf tirolischem Boden eröffnen, was indessen den Leser nicht verwirren wird, da wir hier den Reiseplan unumwunden dargelegt haben, und es auch an seinem Orte deutlich aussprechen werden, wo Tirol zu Ende geht und Vorarlberg anfängt. Wir sind also den Lechrain heraufgewandert über Steingaden, das welfische Münster, und sehen zur Rechten die Stadt Füßen liegen, gekrönt von einer ehemaligen Veste der Bischöfe von Augsburg. Zur Linken steht auf waldiger Felsenecke die Burg von Hohenschwangau, wie ein goldener Pokal auf grün geschmücktem Credenztische. Der Pilger eilt sehnsüchtig in das Schloß so voll von Wundern, wo die deutschen Sagen farbig von allen Wänden leuchten. Davor fluthet der liebliche Schwansee, wo die poetischen Vögel hochfährtig auf und abrudern,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T13:27:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T13:27:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche werden als Halbgeviertstriche wiedergegeben.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/14
Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/14>, abgerufen am 21.11.2024.