Wie sich unserem Marsch zum Paranatinga ein schutzbedürftiges schwarzes Liebespaar angeschlossen hatte, so hatten wir beim Aufbruch von Thereza Christina die Gesellschaft eines jungen indianischen Paares. Unser Antonio war von einer Bororo-Witwe, die ihm einen fünf- oder sechsjährigen Jungen mit- brachte, zur Ehe bestimmt worden; er selbst schien wenig Wert auf die Kom- bination zu legen, hatte aber nichts dagegen, dass sie ihn begleite und in seine Hütte am Paranatinga einziehe. Sie hiess Rosa und war die Indianerin, die am besten Portugiesisch radebrechte; sie gehörte zu den Gefangenen Duarte's, durch deren Vermittelung die Unterwerfung des Stammes und der Beginn der Katechese erreicht worden war. Wie eine Soldatenfrau wohlgekleidet, mit einem Bündel bepackt, ihren Jungen an der einen, ein Beil in der andern Hand, tauchte sie einen Kilometer jenseit der Kolonie aus dem Walde auf, doch war sie nicht allein. Maria wollte auch mit, und auch die beiden Jünglinge Parigudo und Lekupatscheba wollten mit. Wir glaubten erst, sie wünschten die scheidende Freundin ein Stück Weges zu begleiten, allein es zog sie weiter nach Cuyaba. Denn plötzlich stürzte, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, Domingo herbei, packte Maria, warf sie zu Boden und suchte sie zurückzuhalten. Doch die gewandte Ringkämpferin entrann ihm und lief an uns vorüber und voraus mit dem Rufe "ich will mit euch gehen, ich will nicht bei diesen Indianern bleiben!"
Niemand holte die Deserteure zurück. Ihre Ausrüstung war recht be- scheiden für einen langen Marsch. Sie betrachteten es als selbstverständlich, dass wir sie unterhielten und hatten nichts von Proviant mitgenommen. Bekleidet waren die beiden Männer mit einem kurzen Hemd, einer Perlenschnur und je einem halben, brüderlich geteilten Taschentuch um den Hals. Kein Messer, keine Waffen. Maria wanderte im langen, mit grossen blauen Blumen bedruckten Nachthemd des Apothekers, einen Kamm im Haar und Diamanten im Ohr- läppchen. Das Ehepaar kümmerte sich kaum umeinander.
Doch erreichte die Hochzeitsreise einen frühen Abschluss. Am dritten Tage, dem 21. April, blieben die Indianer in S. Jose. Für Parikudo und Lekupatscheba
XVIII. KAPITEL. Nach Cuyabá und heimwärts.
Wie sich unserem Marsch zum Paranatinga ein schutzbedürftiges schwarzes Liebespaar angeschlossen hatte, so hatten wir beim Aufbruch von Thereza Christina die Gesellschaft eines jungen indianischen Paares. Unser Antonio war von einer Bororó-Witwe, die ihm einen fünf- oder sechsjährigen Jungen mit- brachte, zur Ehe bestimmt worden; er selbst schien wenig Wert auf die Kom- bination zu legen, hatte aber nichts dagegen, dass sie ihn begleite und in seine Hütte am Paranatinga einziehe. Sie hiess Rosa und war die Indianerin, die am besten Portugiesisch radebrechte; sie gehörte zu den Gefangenen Duarte’s, durch deren Vermittelung die Unterwerfung des Stammes und der Beginn der Katechese erreicht worden war. Wie eine Soldatenfrau wohlgekleidet, mit einem Bündel bepackt, ihren Jungen an der einen, ein Beil in der andern Hand, tauchte sie einen Kilometer jenseit der Kolonie aus dem Walde auf, doch war sie nicht allein. Maria wollte auch mit, und auch die beiden Jünglinge Parigudo und Lekupatscheba wollten mit. Wir glaubten erst, sie wünschten die scheidende Freundin ein Stück Weges zu begleiten, allein es zog sie weiter nach Cuyabá. Denn plötzlich stürzte, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, Domingo herbei, packte Maria, warf sie zu Boden und suchte sie zurückzuhalten. Doch die gewandte Ringkämpferin entrann ihm und lief an uns vorüber und voraus mit dem Rufe »ich will mit euch gehen, ich will nicht bei diesen Indianern bleiben!«
Niemand holte die Deserteure zurück. Ihre Ausrüstung war recht be- scheiden für einen langen Marsch. Sie betrachteten es als selbstverständlich, dass wir sie unterhielten und hatten nichts von Proviant mitgenommen. Bekleidet waren die beiden Männer mit einem kurzen Hemd, einer Perlenschnur und je einem halben, brüderlich geteilten Taschentuch um den Hals. Kein Messer, keine Waffen. Maria wanderte im langen, mit grossen blauen Blumen bedruckten Nachthemd des Apothekers, einen Kamm im Haar und Diamanten im Ohr- läppchen. Das Ehepaar kümmerte sich kaum umeinander.
Doch erreichte die Hochzeitsreise einen frühen Abschluss. Am dritten Tage, dem 21. April, blieben die Indianer in S. José. Für Parikudo und Lekupatscheba
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XVIII. KAPITEL.
Nach Cuyabá und heimwärts.
Wie sich unserem Marsch zum Paranatinga ein schutzbedürftiges schwarzes
Liebespaar angeschlossen hatte, so hatten wir beim Aufbruch von Thereza
Christina die Gesellschaft eines jungen indianischen Paares. Unser Antonio war
von einer Bororó-Witwe, die ihm einen fünf- oder sechsjährigen Jungen mit-
brachte, zur Ehe bestimmt worden; er selbst schien wenig Wert auf die Kom-
bination zu legen, hatte aber nichts dagegen, dass sie ihn begleite und in seine
Hütte am Paranatinga einziehe. Sie hiess Rosa und war die Indianerin, die am
besten Portugiesisch radebrechte; sie gehörte zu den Gefangenen Duarte’s, durch
deren Vermittelung die Unterwerfung des Stammes und der Beginn der Katechese
erreicht worden war. Wie eine Soldatenfrau wohlgekleidet, mit einem Bündel
bepackt, ihren Jungen an der einen, ein Beil in der andern Hand, tauchte sie
einen Kilometer jenseit der Kolonie aus dem Walde auf, doch war sie nicht
allein. Maria wollte auch mit, und auch die beiden Jünglinge Parigudo und
Lekupatscheba wollten mit. Wir glaubten erst, sie wünschten die scheidende
Freundin ein Stück Weges zu begleiten, allein es zog sie weiter nach Cuyabá.
Denn plötzlich stürzte, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, Domingo herbei, packte
Maria, warf sie zu Boden und suchte sie zurückzuhalten. Doch die gewandte
Ringkämpferin entrann ihm und lief an uns vorüber und voraus mit dem Rufe
»ich will mit euch gehen, ich will nicht bei diesen Indianern bleiben!«
Niemand holte die Deserteure zurück. Ihre Ausrüstung war recht be-
scheiden für einen langen Marsch. Sie betrachteten es als selbstverständlich, dass
wir sie unterhielten und hatten nichts von Proviant mitgenommen. Bekleidet
waren die beiden Männer mit einem kurzen Hemd, einer Perlenschnur und je
einem halben, brüderlich geteilten Taschentuch um den Hals. Kein Messer,
keine Waffen. Maria wanderte im langen, mit grossen blauen Blumen bedruckten
Nachthemd des Apothekers, einen Kamm im Haar und Diamanten im Ohr-
läppchen. Das Ehepaar kümmerte sich kaum umeinander.
Doch erreichte die Hochzeitsreise einen frühen Abschluss. Am dritten Tage,
dem 21. April, blieben die Indianer in S. José. Für Parikudo und Lekupatscheba
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Steinen, Karl von den: Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens. Berlin, 1894, S. [519]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steinen_naturvoelker_1894/595>, abgerufen am 21.11.2024.
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