Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.auch die Literatur hat diesen Standpunkt nicht hervorgehoben, sondern Gewiß ist nämlich, daß das obige Princip, wenigstens indirekt, Diese Verpflichtung nun ist es, aus der das System des Ent- 1) Die Feststellung der Entschädigung. Die Feststellung der Entschädigung als erste Aufgabe der Verwal- a) Was zuerst das competente Organ betrifft, so muß man da- Stein, die Verwaltungslehre. VII. 22
auch die Literatur hat dieſen Standpunkt nicht hervorgehoben, ſondern Gewiß iſt nämlich, daß das obige Princip, wenigſtens indirekt, Dieſe Verpflichtung nun iſt es, aus der das Syſtem des Ent- 1) Die Feſtſtellung der Entſchädigung. Die Feſtſtellung der Entſchädigung als erſte Aufgabe der Verwal- a) Was zuerſt das competente Organ betrifft, ſo muß man da- Stein, die Verwaltungslehre. VII. 22
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0355" n="337"/> auch die Literatur hat dieſen Standpunkt nicht hervorgehoben, ſondern<lb/> ſich faſt ausſchließlich auf die juriſtiſche Seite der Frage geſtellt. Der<lb/> Grund davon iſt der Mangel an richtigem Verſtändniß der Verwaltung<lb/> gegenüber der Rechtspflege. Vielleicht daß die folgende Auffaſſung hier<lb/> zu einem richtigeren Standpunkt führt.</p><lb/> <p>Gewiß iſt nämlich, daß das obige Princip, wenigſtens indirekt,<lb/> in ſo weit nirgends bezweifelt wird, als <hi rendition="#g">kein</hi> Enteignungsrecht das<lb/> Entſchädigungsverfahren <hi rendition="#g">ganz</hi> den Einzelnen überläßt, und daß andrer-<lb/> ſeits die Frage nach dem amtlichen Entſchädigungsverfahren genau wie<lb/><hi rendition="#g">jede</hi> Verwaltungsmaßregel erſt da eintritt, wo die Entſchädigung durch<lb/> gütliche Vereinbarung <hi rendition="#g">nicht</hi> zu Stande kommt. Das allgemeinſte<lb/> Rechtsprincip aller Entſchädigung iſt daher der Grundſatz, daß das<lb/> amtliche Entſchädigungsverfahren erſt als <hi rendition="#g">ſubſidiäres</hi> Verfahren ein-<lb/> zutreten hat, daß aber in dieſem Falle das Amt auch zur Einleitung,<lb/> Ordnung und Beendigung deſſelben <hi rendition="#g">verpflichtet iſt</hi>.</p><lb/> <p>Dieſe Verpflichtung nun iſt es, aus der das <hi rendition="#g">Syſtem</hi> des Ent-<lb/> ſchädigungsverfahrens hervorgeht. Daſſelbe nämlich bezieht ſich aus-<lb/> ſchließlich auf den <hi rendition="#g">Werth</hi> und ſein Eigenthum, während das Enteig-<lb/> nungsverfahren ſich auf das <hi rendition="#g">Gut</hi> bezog, und kann ſomit immer erſt<lb/> dann eintreten, wenn über das letztere entſchieden iſt. Seine Aufgabe<lb/> iſt es, zuerſt den Werth <hi rendition="#g">feſtzuſtellen</hi>, und ihn dann dem Berechtig-<lb/> ten zu <hi rendition="#g">übergeben</hi>. In dieſen zwei einfachen Theilen verläuft das<lb/> ganze Entſchädigungsverfahren.</p> </div><lb/> <div n="9"> <head>1) <hi rendition="#g">Die Feſtſtellung der Entſchädigung</hi>.</head><lb/> <p>Die Feſtſtellung der Entſchädigung als erſte Aufgabe der Verwal-<lb/> tung beruht auf drei Punkten. Zuerſt muß beſtimmt ſein, welches<lb/><hi rendition="#g">Organ</hi> den Werth des enteigneten Gutes beſtimmen ſoll; dann müſſen<lb/> die <hi rendition="#g">Regeln</hi>, nach welchen dieſe Werthbeſtimmung ſtattzufinden hat,<lb/> feſtgeſtellt werden; endlich muß der Entſchädigungsſpruch in <hi rendition="#g">Rechts-<lb/> kraft</hi> erwachſen.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">a)</hi> Was zuerſt das competente <hi rendition="#g">Organ</hi> betrifft, ſo muß man da-<lb/> von ausgehen, daß es nur die Aufgabe dieſes Organes iſt und ſein<lb/> ſoll, <hi rendition="#g">den Werth</hi> des enteigneten Objekts feſtzuſtellen. Die Vor-<lb/> ſtellung, daß dieß oder gar das ganze Entſchädigungsverfahren „ganz<lb/> entſchieden vor die Gerichte gehöre, da es ſich hier nicht mehr um Zweck-<lb/> mäßigkeit ſondern um Rechtsfragen handle,“ wie <hi rendition="#g">Häberlin</hi> S. 213<lb/> meint, iſt entſchieden falſch, und zugleich unklar. Denn die obige Be-<lb/> ſtimmung des Werthes iſt weder eine Sache der Zweckmäßigkeit <hi rendition="#g">noch</hi><lb/> eine Rechtsfrage. Die Funktion des Gerichts iſt auch hier eine ganz<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Stein</hi>, die Verwaltungslehre. <hi rendition="#aq">VII.</hi> 22</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [337/0355]
auch die Literatur hat dieſen Standpunkt nicht hervorgehoben, ſondern
ſich faſt ausſchließlich auf die juriſtiſche Seite der Frage geſtellt. Der
Grund davon iſt der Mangel an richtigem Verſtändniß der Verwaltung
gegenüber der Rechtspflege. Vielleicht daß die folgende Auffaſſung hier
zu einem richtigeren Standpunkt führt.
Gewiß iſt nämlich, daß das obige Princip, wenigſtens indirekt,
in ſo weit nirgends bezweifelt wird, als kein Enteignungsrecht das
Entſchädigungsverfahren ganz den Einzelnen überläßt, und daß andrer-
ſeits die Frage nach dem amtlichen Entſchädigungsverfahren genau wie
jede Verwaltungsmaßregel erſt da eintritt, wo die Entſchädigung durch
gütliche Vereinbarung nicht zu Stande kommt. Das allgemeinſte
Rechtsprincip aller Entſchädigung iſt daher der Grundſatz, daß das
amtliche Entſchädigungsverfahren erſt als ſubſidiäres Verfahren ein-
zutreten hat, daß aber in dieſem Falle das Amt auch zur Einleitung,
Ordnung und Beendigung deſſelben verpflichtet iſt.
Dieſe Verpflichtung nun iſt es, aus der das Syſtem des Ent-
ſchädigungsverfahrens hervorgeht. Daſſelbe nämlich bezieht ſich aus-
ſchließlich auf den Werth und ſein Eigenthum, während das Enteig-
nungsverfahren ſich auf das Gut bezog, und kann ſomit immer erſt
dann eintreten, wenn über das letztere entſchieden iſt. Seine Aufgabe
iſt es, zuerſt den Werth feſtzuſtellen, und ihn dann dem Berechtig-
ten zu übergeben. In dieſen zwei einfachen Theilen verläuft das
ganze Entſchädigungsverfahren.
1) Die Feſtſtellung der Entſchädigung.
Die Feſtſtellung der Entſchädigung als erſte Aufgabe der Verwal-
tung beruht auf drei Punkten. Zuerſt muß beſtimmt ſein, welches
Organ den Werth des enteigneten Gutes beſtimmen ſoll; dann müſſen
die Regeln, nach welchen dieſe Werthbeſtimmung ſtattzufinden hat,
feſtgeſtellt werden; endlich muß der Entſchädigungsſpruch in Rechts-
kraft erwachſen.
a) Was zuerſt das competente Organ betrifft, ſo muß man da-
von ausgehen, daß es nur die Aufgabe dieſes Organes iſt und ſein
ſoll, den Werth des enteigneten Objekts feſtzuſtellen. Die Vor-
ſtellung, daß dieß oder gar das ganze Entſchädigungsverfahren „ganz
entſchieden vor die Gerichte gehöre, da es ſich hier nicht mehr um Zweck-
mäßigkeit ſondern um Rechtsfragen handle,“ wie Häberlin S. 213
meint, iſt entſchieden falſch, und zugleich unklar. Denn die obige Be-
ſtimmung des Werthes iſt weder eine Sache der Zweckmäßigkeit noch
eine Rechtsfrage. Die Funktion des Gerichts iſt auch hier eine ganz
Stein, die Verwaltungslehre. VII. 22
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