die Decrete vom 11. Juli 1810 und 4. Mai 1811 die Grundlagen der Verwaltung enthalten, die dann das Gesetz vom 3. Mai 1844 in einem förmlichen System abschließt. Die Verordnung vom 8. Februar 1854 für Schleswig-Holstein hat die Jagd an die Grundherren zurückgegeben, jedoch mit der gesetzlichen Anerkennung der Ablösbarkeit, welche hier speciell auf die Ablösung durch die Gemeinden beschränkt ist.
IV. Die Bannrechte.
Einen wesentlich verschiedenen Inhalt von den Grunddienstbarkeiten haben die Bannrechte. Die formale Bezeichnung derselben ist be- kannt genug. Die Bannrechte enthalten die Verpflichtung der Grund- sassen einer bestimmten Oertlichkeit, gewisse Produkte nur von einem einzeln bestimmten Gewerbe zu kaufen, und somit die eigene Produktion dieser Produkte nicht vorzunehmen. Diese Bannrechte empfangen Art und Namen nach den Arten dieser Produktion: Mühlenbann, Brauerei-, Brennerei-, oft auch Weinzwang (Schenkgerechtigkeit, Propination). Es ist kein Zweifel, daß diese Bannrechte nur zum Theil durch die Grund- herrlichkeit, zum Theil aber auch durch freie Verabredungen der Ge- meinden entstanden sind. Sie gehören daher nur zum Theil der Ge- schlechterordnung an, und bilden diejenige Form der wirthschaftlichen Unfreiheit, welche bereits unter die gewerbliche Unfreiheit gezählt werden muß, nur daß sie vielfach aus der Abhängigkeit des Grundes und Bo- dens entstanden sind, und daher auch, abgesehen von der Befreiung des Gewerbes, mit derjenigen der Grundsassen Hand in Hand gehen mußten. Bei ihnen gilt jedoch noch mehr wie bei den Grunddienstbar- keiten, daß man sie nicht als einen immanenten Theil der Entlastung aus dem obigen Grunde betrachtete, sondern ihre Aufhebung war viel- mehr die Ausdehnung des Princips des freien Eigenthums auf den freien Erwerb, ein Theil des Kampfes mit der ständischen Unfreiheit, die erst durch die Gewerbefreiheit gänzlich beseitigt wird. Allein ihre Verbindung mit der Abhängigkeit des Grundbesitzes hat sie dennoch mit der Geschichte der Entlastung verbunden und zwar als das zweite Gebiet der Ablösung; nur daß hier die Entschädigungsfrage zuerst die- jenige Gestalt bekommt, welche bereits die Gränze der Entwährung be- zeichnet. Es fragt sich nämlich bei ihnen, was bei der Entlastung und der Ablösung an sich gar nicht zweifelhaft ist, ob überhaupt ein wirth- schaftlich bestimmt berechenbarer Werth dieser Rechte vorhanden ist, und ob daher auch bei voller Anerkennung des Princips der Entschä- digung eine solche überhaupt stattfinden kann. Von diesen Gesichts- punkten aus ist die Geschichte der Aufhebung der Bannrechte zu beur- theilen. Die leitenden Grundsätze für dieses, gleichfalls bereits historisch
die Decrete vom 11. Juli 1810 und 4. Mai 1811 die Grundlagen der Verwaltung enthalten, die dann das Geſetz vom 3. Mai 1844 in einem förmlichen Syſtem abſchließt. Die Verordnung vom 8. Februar 1854 für Schleswig-Holſtein hat die Jagd an die Grundherren zurückgegeben, jedoch mit der geſetzlichen Anerkennung der Ablösbarkeit, welche hier ſpeciell auf die Ablöſung durch die Gemeinden beſchränkt iſt.
IV. Die Bannrechte.
Einen weſentlich verſchiedenen Inhalt von den Grunddienſtbarkeiten haben die Bannrechte. Die formale Bezeichnung derſelben iſt be- kannt genug. Die Bannrechte enthalten die Verpflichtung der Grund- ſaſſen einer beſtimmten Oertlichkeit, gewiſſe Produkte nur von einem einzeln beſtimmten Gewerbe zu kaufen, und ſomit die eigene Produktion dieſer Produkte nicht vorzunehmen. Dieſe Bannrechte empfangen Art und Namen nach den Arten dieſer Produktion: Mühlenbann, Brauerei-, Brennerei-, oft auch Weinzwang (Schenkgerechtigkeit, Propination). Es iſt kein Zweifel, daß dieſe Bannrechte nur zum Theil durch die Grund- herrlichkeit, zum Theil aber auch durch freie Verabredungen der Ge- meinden entſtanden ſind. Sie gehören daher nur zum Theil der Ge- ſchlechterordnung an, und bilden diejenige Form der wirthſchaftlichen Unfreiheit, welche bereits unter die gewerbliche Unfreiheit gezählt werden muß, nur daß ſie vielfach aus der Abhängigkeit des Grundes und Bo- dens entſtanden ſind, und daher auch, abgeſehen von der Befreiung des Gewerbes, mit derjenigen der Grundſaſſen Hand in Hand gehen mußten. Bei ihnen gilt jedoch noch mehr wie bei den Grunddienſtbar- keiten, daß man ſie nicht als einen immanenten Theil der Entlaſtung aus dem obigen Grunde betrachtete, ſondern ihre Aufhebung war viel- mehr die Ausdehnung des Princips des freien Eigenthums auf den freien Erwerb, ein Theil des Kampfes mit der ſtändiſchen Unfreiheit, die erſt durch die Gewerbefreiheit gänzlich beſeitigt wird. Allein ihre Verbindung mit der Abhängigkeit des Grundbeſitzes hat ſie dennoch mit der Geſchichte der Entlaſtung verbunden und zwar als das zweite Gebiet der Ablöſung; nur daß hier die Entſchädigungsfrage zuerſt die- jenige Geſtalt bekommt, welche bereits die Gränze der Entwährung be- zeichnet. Es fragt ſich nämlich bei ihnen, was bei der Entlaſtung und der Ablöſung an ſich gar nicht zweifelhaft iſt, ob überhaupt ein wirth- ſchaftlich beſtimmt berechenbarer Werth dieſer Rechte vorhanden iſt, und ob daher auch bei voller Anerkennung des Princips der Entſchä- digung eine ſolche überhaupt ſtattfinden kann. Von dieſen Geſichts- punkten aus iſt die Geſchichte der Aufhebung der Bannrechte zu beur- theilen. Die leitenden Grundſätze für dieſes, gleichfalls bereits hiſtoriſch
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die Decrete vom 11. Juli 1810 und 4. Mai 1811 die Grundlagen der
Verwaltung enthalten, die dann das Geſetz vom 3. Mai 1844 in
einem förmlichen Syſtem abſchließt. Die Verordnung vom 8. Februar
1854 für Schleswig-Holſtein hat die Jagd an die Grundherren
zurückgegeben, jedoch mit der geſetzlichen Anerkennung der Ablösbarkeit,
welche hier ſpeciell auf die Ablöſung durch die Gemeinden beſchränkt iſt.
IV. Die Bannrechte.
Einen weſentlich verſchiedenen Inhalt von den Grunddienſtbarkeiten
haben die Bannrechte. Die formale Bezeichnung derſelben iſt be-
kannt genug. Die Bannrechte enthalten die Verpflichtung der Grund-
ſaſſen einer beſtimmten Oertlichkeit, gewiſſe Produkte nur von einem
einzeln beſtimmten Gewerbe zu kaufen, und ſomit die eigene Produktion
dieſer Produkte nicht vorzunehmen. Dieſe Bannrechte empfangen Art
und Namen nach den Arten dieſer Produktion: Mühlenbann, Brauerei-,
Brennerei-, oft auch Weinzwang (Schenkgerechtigkeit, Propination). Es
iſt kein Zweifel, daß dieſe Bannrechte nur zum Theil durch die Grund-
herrlichkeit, zum Theil aber auch durch freie Verabredungen der Ge-
meinden entſtanden ſind. Sie gehören daher nur zum Theil der Ge-
ſchlechterordnung an, und bilden diejenige Form der wirthſchaftlichen
Unfreiheit, welche bereits unter die gewerbliche Unfreiheit gezählt werden
muß, nur daß ſie vielfach aus der Abhängigkeit des Grundes und Bo-
dens entſtanden ſind, und daher auch, abgeſehen von der Befreiung
des Gewerbes, mit derjenigen der Grundſaſſen Hand in Hand gehen
mußten. Bei ihnen gilt jedoch noch mehr wie bei den Grunddienſtbar-
keiten, daß man ſie nicht als einen immanenten Theil der Entlaſtung
aus dem obigen Grunde betrachtete, ſondern ihre Aufhebung war viel-
mehr die Ausdehnung des Princips des freien Eigenthums auf den
freien Erwerb, ein Theil des Kampfes mit der ſtändiſchen Unfreiheit,
die erſt durch die Gewerbefreiheit gänzlich beſeitigt wird. Allein ihre
Verbindung mit der Abhängigkeit des Grundbeſitzes hat ſie dennoch
mit der Geſchichte der Entlaſtung verbunden und zwar als das zweite
Gebiet der Ablöſung; nur daß hier die Entſchädigungsfrage zuerſt die-
jenige Geſtalt bekommt, welche bereits die Gränze der Entwährung be-
zeichnet. Es fragt ſich nämlich bei ihnen, was bei der Entlaſtung und
der Ablöſung an ſich gar nicht zweifelhaft iſt, ob überhaupt ein wirth-
ſchaftlich beſtimmt berechenbarer Werth dieſer Rechte vorhanden iſt,
und ob daher auch bei voller Anerkennung des Princips der Entſchä-
digung eine ſolche überhaupt ſtattfinden kann. Von dieſen Geſichts-
punkten aus iſt die Geſchichte der Aufhebung der Bannrechte zu beur-
theilen. Die leitenden Grundſätze für dieſes, gleichfalls bereits hiſtoriſch
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/267>, abgerufen am 21.11.2024.
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