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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868.

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machen, und dadurch oder durch die Bedrohung der Concession indirekt
auf den Geist der Zeitung zu wirken, obwohl jede falsche Angabe bei
einem Pflichtexemplar mit der Strafe des Meineides bedroht ward.
Wie heftig Georg III. die Presse auch zu bekämpfen suchte (Buckle Bd. I
§. 375), eine Einwirkung von dieser Seite hat er nicht einmal versuchen
dürfen; das Aeußerste was ihm gelang, war Stat. 39. Georg. III. 79,
wornach Buchdrucker und Besitzer von Lettern dem clerk of the peace
Anzeige machen sollen, sogar die Schriftgießer; auch sollen diese ein
genaues Verzeichniß aller Personen führen, denen sie Lettern verkaufen;
heimliche Pressen sollen polizeilich aufgesucht und Verkäufer von polizei-
widrig gedruckten Schriften bestraft werden (bei Lorbeer S. 461
das Gesetz, bei Gneist Bd. I. §. 369 der Auszug). Daneben bestehen
auch jetzt zu Recht geltend die alten Gesetze, welche die Verbreitung
falscher, Besorgniß erregender Nachrichten verbieten von 2. Rich. II.
1. 5. und 12. Rich. II. 11.; bei Lorbeer S. 151, 452.

Dieß sind, wie wir denken, die Elemente der historischen Entwick-
lung des englischen Preßrechts. Sie zeigen unter allem am deutlichsten
die drei organischen Grundformen in drei Epochen, und werden wohl
manches in ihrer concreten Weise verständlich machen, was in der reinen
Theorie unsicher blieb. Verwirrter im Einzelnen, aber eben so klar
im Ganzen ist Frankreichs Preßrecht.

Frankreich.

Das Preßrecht Frankreichs ist, trotz der großen Mannigfaltigkeit
seiner einzelnen Bestimmungen und seines wechselnden Standpunktes,
dennoch im Großen und Ganzen ein sehr einfaches. Das ständische
Preßrecht erhielt sich noch bis zum vorigen Jahrhundert; das Prohibitiv-
system
herrschte bis zur Revolution; das freie Preßrecht ist nur in
ganz kurzen Augenblicken geltend gewesen; so ist in der That die neuere
Geschichte des geltenden Preßrechts Frankreichs ein beständiges Hin- und
Herschwanken zwischen dem Präventiv- und Repressivsystem bis zur Charte
von 1830, und wie da die strengste Herrschaft der letzteren, jedoch stets
mit dem unbehaglichen Charakter, daß die in der französischen Form
des Repressivsystems liegende Abhängigkeit der Presse von der herrschen-
den Gewalt nicht wie in Deutschland als die offene ehrliche Feind-
schaft gegen den Geist der Presse auftritt und diesem Geist geradezu
den Krieg erklärt, sondern vielmehr als die indirekte Abhängigkeit des
wirthschaftlichen Kapitals erscheint. Es soll der Schein der Freiheit
die Wirklichkeit einer Abhängigkeit verdecken, wie sie nie größer und
besser organisirt war. Auf dieser Grundlage ist die Geschichte dieses
Rechts im Ganzen, und speciell der Charakter und die Stellung der

machen, und dadurch oder durch die Bedrohung der Conceſſion indirekt
auf den Geiſt der Zeitung zu wirken, obwohl jede falſche Angabe bei
einem Pflichtexemplar mit der Strafe des Meineides bedroht ward.
Wie heftig Georg III. die Preſſe auch zu bekämpfen ſuchte (Buckle Bd. I
§. 375), eine Einwirkung von dieſer Seite hat er nicht einmal verſuchen
dürfen; das Aeußerſte was ihm gelang, war Stat. 39. Georg. III. 79,
wornach Buchdrucker und Beſitzer von Lettern dem clerk of the peace
Anzeige machen ſollen, ſogar die Schriftgießer; auch ſollen dieſe ein
genaues Verzeichniß aller Perſonen führen, denen ſie Lettern verkaufen;
heimliche Preſſen ſollen polizeilich aufgeſucht und Verkäufer von polizei-
widrig gedruckten Schriften beſtraft werden (bei Lorbeer S. 461
das Geſetz, bei Gneiſt Bd. I. §. 369 der Auszug). Daneben beſtehen
auch jetzt zu Recht geltend die alten Geſetze, welche die Verbreitung
falſcher, Beſorgniß erregender Nachrichten verbieten von 2. Rich. II.
1. 5. und 12. Rich. II. 11.; bei Lorbeer S. 151, 452.

Dieß ſind, wie wir denken, die Elemente der hiſtoriſchen Entwick-
lung des engliſchen Preßrechts. Sie zeigen unter allem am deutlichſten
die drei organiſchen Grundformen in drei Epochen, und werden wohl
manches in ihrer concreten Weiſe verſtändlich machen, was in der reinen
Theorie unſicher blieb. Verwirrter im Einzelnen, aber eben ſo klar
im Ganzen iſt Frankreichs Preßrecht.

Frankreich.

Das Preßrecht Frankreichs iſt, trotz der großen Mannigfaltigkeit
ſeiner einzelnen Beſtimmungen und ſeines wechſelnden Standpunktes,
dennoch im Großen und Ganzen ein ſehr einfaches. Das ſtändiſche
Preßrecht erhielt ſich noch bis zum vorigen Jahrhundert; das Prohibitiv-
ſyſtem
herrſchte bis zur Revolution; das freie Preßrecht iſt nur in
ganz kurzen Augenblicken geltend geweſen; ſo iſt in der That die neuere
Geſchichte des geltenden Preßrechts Frankreichs ein beſtändiges Hin- und
Herſchwanken zwiſchen dem Präventiv- und Repreſſivſyſtem bis zur Charte
von 1830, und wie da die ſtrengſte Herrſchaft der letzteren, jedoch ſtets
mit dem unbehaglichen Charakter, daß die in der franzöſiſchen Form
des Repreſſivſyſtems liegende Abhängigkeit der Preſſe von der herrſchen-
den Gewalt nicht wie in Deutſchland als die offene ehrliche Feind-
ſchaft gegen den Geiſt der Preſſe auftritt und dieſem Geiſt geradezu
den Krieg erklärt, ſondern vielmehr als die indirekte Abhängigkeit des
wirthſchaftlichen Kapitals erſcheint. Es ſoll der Schein der Freiheit
die Wirklichkeit einer Abhängigkeit verdecken, wie ſie nie größer und
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Rechts im Ganzen, und ſpeciell der Charakter und die Stellung der

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[133/0149] machen, und dadurch oder durch die Bedrohung der Conceſſion indirekt auf den Geiſt der Zeitung zu wirken, obwohl jede falſche Angabe bei einem Pflichtexemplar mit der Strafe des Meineides bedroht ward. Wie heftig Georg III. die Preſſe auch zu bekämpfen ſuchte (Buckle Bd. I §. 375), eine Einwirkung von dieſer Seite hat er nicht einmal verſuchen dürfen; das Aeußerſte was ihm gelang, war Stat. 39. Georg. III. 79, wornach Buchdrucker und Beſitzer von Lettern dem clerk of the peace Anzeige machen ſollen, ſogar die Schriftgießer; auch ſollen dieſe ein genaues Verzeichniß aller Perſonen führen, denen ſie Lettern verkaufen; heimliche Preſſen ſollen polizeilich aufgeſucht und Verkäufer von polizei- widrig gedruckten Schriften beſtraft werden (bei Lorbeer S. 461 das Geſetz, bei Gneiſt Bd. I. §. 369 der Auszug). Daneben beſtehen auch jetzt zu Recht geltend die alten Geſetze, welche die Verbreitung falſcher, Beſorgniß erregender Nachrichten verbieten von 2. Rich. II. 1. 5. und 12. Rich. II. 11.; bei Lorbeer S. 151, 452. Dieß ſind, wie wir denken, die Elemente der hiſtoriſchen Entwick- lung des engliſchen Preßrechts. Sie zeigen unter allem am deutlichſten die drei organiſchen Grundformen in drei Epochen, und werden wohl manches in ihrer concreten Weiſe verſtändlich machen, was in der reinen Theorie unſicher blieb. Verwirrter im Einzelnen, aber eben ſo klar im Ganzen iſt Frankreichs Preßrecht. Frankreich. Das Preßrecht Frankreichs iſt, trotz der großen Mannigfaltigkeit ſeiner einzelnen Beſtimmungen und ſeines wechſelnden Standpunktes, dennoch im Großen und Ganzen ein ſehr einfaches. Das ſtändiſche Preßrecht erhielt ſich noch bis zum vorigen Jahrhundert; das Prohibitiv- ſyſtem herrſchte bis zur Revolution; das freie Preßrecht iſt nur in ganz kurzen Augenblicken geltend geweſen; ſo iſt in der That die neuere Geſchichte des geltenden Preßrechts Frankreichs ein beſtändiges Hin- und Herſchwanken zwiſchen dem Präventiv- und Repreſſivſyſtem bis zur Charte von 1830, und wie da die ſtrengſte Herrſchaft der letzteren, jedoch ſtets mit dem unbehaglichen Charakter, daß die in der franzöſiſchen Form des Repreſſivſyſtems liegende Abhängigkeit der Preſſe von der herrſchen- den Gewalt nicht wie in Deutſchland als die offene ehrliche Feind- ſchaft gegen den Geiſt der Preſſe auftritt und dieſem Geiſt geradezu den Krieg erklärt, ſondern vielmehr als die indirekte Abhängigkeit des wirthſchaftlichen Kapitals erſcheint. Es ſoll der Schein der Freiheit die Wirklichkeit einer Abhängigkeit verdecken, wie ſie nie größer und beſſer organiſirt war. Auf dieſer Grundlage iſt die Geſchichte dieſes Rechts im Ganzen, und ſpeciell der Charakter und die Stellung der

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 6. Stuttgart, 1868, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre06_1868/149>, abgerufen am 21.11.2024.