jene repräsentirt die Lehre, diese die Intelligenz und das Prüfungs- wesen, so weit es ein solches durch Preisverleihungen geben kann. Die alte Academie de peinture et sculpture von 1848 und die Academie d'architecture haben die Bahn für dieß öffentliche Kunstbildungswesen gebrochen; die gegenwärtige Ecole des beaux arts empfing ihre Organi- sation durch das Reglement vom 22. Juli und 4. August 1822 mit öffentlichem und freiem Unterricht; durch Decret vom 14. Februar 1853 dem Minister des Innern entzogen und dem Minister des K. Hauses untergeordnet; zwei Sektionen (für Maler und Bildhauer in der Archi- tektur).
Das Conservatoire de musique et de declamation ist vielleicht das einzige Institut für musikalische Bildung in Frankreich und besteht bereits seit 1784; der Unterricht in der Declamation seit 1786. Das Ganze hat acht Sektionen mit bedeutendem Lehrpersonal (neue Organisation vom Jahre 1836).
Das Kunstbildungswesen Frankreichs ist wenig bekannt. Ueber die Ecole des beaux arts sagt Kugler (Kleine Schriften Bd. III. S. 436): "Es scheint mir, daß das ganze Unterrichtswesen an der Ecole des beaux arts, dem Namen zum Trotz, nicht gar viel mehr als eine For- malität -- sei." Ueber die Errichtung des Conservatoire de musique sind von Tranchant bei Block genauere Angaben; die Academie de France in Rom (s. Kugler a. a. O. S. 442; daselbst auch einschlagende Bemerkungen über das ganze Bildungswesen der Künste in Frankreich, namentlich über die Ausstellungen ebend. S. 443--449). -- Ueber Belgien gibt derselbe einige Nachrichten ebend. S. 454 f.
Englands Berufsbildungswesen.
I. Allgemeiner Charakter.
Während noch vor zwei Jahrzehnten das Bildungswesen Englands im Allgemeinen und speciell sein Berufsbildungswesen so gut als gänz- lich unbekannt war, haben die neueren höchst gründlichen Arbeiten von Huber, Wiese, Gugler und Schöll, indem sie den Gegenstand erschöpfend darstellten, zugleich die Thatsache festgestellt, daß es für das Berufsbildungswesen Englands fast unmöglich ist, eine systematische Ueber- schau zu gewinnen. "Für das gelehrte" (und wir fügen hinzu, auch für das wirthschaftliche) "Schulwesen gibt es keine Regierungsinspection. Jede Schule ist unabhängig, ein Ganzes für sich" (Schöll). Je weiter
jene repräſentirt die Lehre, dieſe die Intelligenz und das Prüfungs- weſen, ſo weit es ein ſolches durch Preisverleihungen geben kann. Die alte Académie de peinture et sculpture von 1848 und die Académie d’architecture haben die Bahn für dieß öffentliche Kunſtbildungsweſen gebrochen; die gegenwärtige École des beaux arts empfing ihre Organi- ſation durch das Reglement vom 22. Juli und 4. Auguſt 1822 mit öffentlichem und freiem Unterricht; durch Decret vom 14. Februar 1853 dem Miniſter des Innern entzogen und dem Miniſter des K. Hauſes untergeordnet; zwei Sektionen (für Maler und Bildhauer in der Archi- tektur).
Das Conservatoire de musique et de déclamation iſt vielleicht das einzige Inſtitut für muſikaliſche Bildung in Frankreich und beſteht bereits ſeit 1784; der Unterricht in der Declamation ſeit 1786. Das Ganze hat acht Sektionen mit bedeutendem Lehrperſonal (neue Organiſation vom Jahre 1836).
Das Kunſtbildungsweſen Frankreichs iſt wenig bekannt. Ueber die École des beaux arts ſagt Kugler (Kleine Schriften Bd. III. S. 436): „Es ſcheint mir, daß das ganze Unterrichtsweſen an der École des beaux arts, dem Namen zum Trotz, nicht gar viel mehr als eine For- malität — ſei.“ Ueber die Errichtung des Conservatoire de musique ſind von Tranchant bei Block genauere Angaben; die Académie de France in Rom (ſ. Kugler a. a. O. S. 442; daſelbſt auch einſchlagende Bemerkungen über das ganze Bildungsweſen der Künſte in Frankreich, namentlich über die Ausſtellungen ebend. S. 443—449). — Ueber Belgien gibt derſelbe einige Nachrichten ebend. S. 454 f.
Englands Berufsbildungsweſen.
I. Allgemeiner Charakter.
Während noch vor zwei Jahrzehnten das Bildungsweſen Englands im Allgemeinen und ſpeciell ſein Berufsbildungsweſen ſo gut als gänz- lich unbekannt war, haben die neueren höchſt gründlichen Arbeiten von Huber, Wieſe, Gugler und Schöll, indem ſie den Gegenſtand erſchöpfend darſtellten, zugleich die Thatſache feſtgeſtellt, daß es für das Berufsbildungsweſen Englands faſt unmöglich iſt, eine ſyſtematiſche Ueber- ſchau zu gewinnen. „Für das gelehrte“ (und wir fügen hinzu, auch für das wirthſchaftliche) „Schulweſen gibt es keine Regierungsinſpection. Jede Schule iſt unabhängig, ein Ganzes für ſich“ (Schöll). Je weiter
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jene repräſentirt die Lehre, dieſe die Intelligenz und das Prüfungs-
weſen, ſo weit es ein ſolches durch Preisverleihungen geben kann. Die
alte Académie de peinture et sculpture von 1848 und die Académie
d’architecture haben die Bahn für dieß öffentliche Kunſtbildungsweſen
gebrochen; die gegenwärtige École des beaux arts empfing ihre Organi-
ſation durch das Reglement vom 22. Juli und 4. Auguſt 1822 mit
öffentlichem und freiem Unterricht; durch Decret vom 14. Februar 1853
dem Miniſter des Innern entzogen und dem Miniſter des K. Hauſes
untergeordnet; zwei Sektionen (für Maler und Bildhauer in der Archi-
tektur).
Das Conservatoire de musique et de déclamation iſt
vielleicht das einzige Inſtitut für muſikaliſche Bildung in Frankreich und
beſteht bereits ſeit 1784; der Unterricht in der Declamation ſeit 1786.
Das Ganze hat acht Sektionen mit bedeutendem Lehrperſonal (neue
Organiſation vom Jahre 1836).
Das Kunſtbildungsweſen Frankreichs iſt wenig bekannt. Ueber die
École des beaux arts ſagt Kugler (Kleine Schriften Bd. III. S. 436):
„Es ſcheint mir, daß das ganze Unterrichtsweſen an der École des
beaux arts, dem Namen zum Trotz, nicht gar viel mehr als eine For-
malität — ſei.“ Ueber die Errichtung des Conservatoire de musique
ſind von Tranchant bei Block genauere Angaben; die Académie
de France in Rom (ſ. Kugler a. a. O. S. 442; daſelbſt auch
einſchlagende Bemerkungen über das ganze Bildungsweſen der Künſte
in Frankreich, namentlich über die Ausſtellungen ebend. S. 443—449). —
Ueber Belgien gibt derſelbe einige Nachrichten ebend. S. 454 f.
Englands Berufsbildungsweſen.
I. Allgemeiner Charakter.
Während noch vor zwei Jahrzehnten das Bildungsweſen Englands
im Allgemeinen und ſpeciell ſein Berufsbildungsweſen ſo gut als gänz-
lich unbekannt war, haben die neueren höchſt gründlichen Arbeiten von
Huber, Wieſe, Gugler und Schöll, indem ſie den Gegenſtand
erſchöpfend darſtellten, zugleich die Thatſache feſtgeſtellt, daß es für das
Berufsbildungsweſen Englands faſt unmöglich iſt, eine ſyſtematiſche Ueber-
ſchau zu gewinnen. „Für das gelehrte“ (und wir fügen hinzu, auch
für das wirthſchaftliche) „Schulweſen gibt es keine Regierungsinſpection.
Jede Schule iſt unabhängig, ein Ganzes für ſich“ (Schöll). Je weiter
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/347>, abgerufen am 22.02.2025.
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