Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.individuellen Freiheit und Selbstthätigkeit zu vereinigen. Aus dem ersten Die Elemente der historischen Entwicklung des gegenwärtigen Systems. Wer den geschichtlichen Gang des wirthschaftlichen Bildungswesens Erste Epoche. -- Der Gedanke, daß in dem wirthschaftlichen individuellen Freiheit und Selbſtthätigkeit zu vereinigen. Aus dem erſten Die Elemente der hiſtoriſchen Entwicklung des gegenwärtigen Syſtems. Wer den geſchichtlichen Gang des wirthſchaftlichen Bildungsweſens Erſte Epoche. — Der Gedanke, daß in dem wirthſchaftlichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0264" n="236"/> individuellen Freiheit und Selbſtthätigkeit zu vereinigen. Aus dem erſten<lb/> Element folgt die Verpflichtung der Verwaltung ein öffentliches Syſtem<lb/> von wirthſchaftlichen Bildungsanſtalten herzuſtellen; aus dem zweiten<lb/> der Grundſatz, die Benutzung derſelben ganz dem individuellen Ermeſſen<lb/> zu überlaſſen. Durch das erſtere iſt es dem gelehrten Berufsbildungs-<lb/> weſen gleichartig geworden; auf dem zweiten beruht die tiefe Verſchie-<lb/> denheit ſeines öffentlichen Rechts von demſelben. Wir verſtatten uns,<lb/> die Elemente dieſer hiſtoriſchen Entwicklung hier anzuſchließen.</p> </div><lb/> <div n="7"> <head>Die Elemente der hiſtoriſchen Entwicklung des gegenwärtigen Syſtems.</head><lb/> <p>Wer den geſchichtlichen Gang des wirthſchaftlichen Bildungsweſens<lb/> im Einzelnen mit der entſprechenden Gründlichkeit verfolgen will, der<lb/> wird wegen des Mangels faſt aller Vorarbeit nicht bloß eine höchſt<lb/> ſchwierige, ſondern auch höchſt umfaſſende, daher aber auch hochwichtige<lb/> Aufgabe löſen, ohne welche eine Geſchichte des deutſchen Geiſtes nicht<lb/> gegeben werden kann. Die Verwaltungslehre hat indeß ihren Stand-<lb/> punkt und ihr Gebiet innerhalb derſelben zu ſuchen. Ihre Aufgabe iſt<lb/> es, vor allem das Verhalten des Staats zu dieſem Theile der öffent-<lb/> lichen Bildung und damit die Geſchichte des öffentlichen Rechts derſel-<lb/> ben zu charakteriſiren, welche allerdings den geſammten Bildungsproceß<lb/> ſelbſt in ſich wiederſpiegelt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Erſte Epoche</hi>. — Der Gedanke, daß in dem wirthſchaftlichen<lb/> Kapital ein ethiſches Element und mithin in der wirthſchaftlichen Arbeit<lb/> ein Beruf liege, iſt der alten Welt und dem feudalen Syſtem der Ge-<lb/> ſchlechterordnung gänzlich unbekannt. Er beginnt erſt mit der rein<lb/> ſtändiſchen Epoche und wie es in der Natur der Sache lag, erſcheint<lb/> er hier zunächſt als ſtrenger, auch rechtlich ſcharf geſchiedener Gegenſatz<lb/> zu dem übrigen ſtändiſchen Weſen. Dieſe Scheidung des wirthſchaft-<lb/> lichen Berufes von dem der beiden andern Stände iſt es, welche den<lb/> Bürgerſtand erzeugt. Nur im Bürgerſtande gilt die Arbeit und der<lb/> Erwerb als Pflicht; nur in ihm lebt das Bewußtſein, daß die Ehre<lb/> und Achtung der Arbeit die Baſis der Freiheit ſei; nur in ihm öffnet<lb/> ſich das öffentliche Recht nach Arbeit und Kapital, wird in „Zünften<lb/> und Innungen“ zu einer feſten Organiſation, erhebt ſich durch ſie zu<lb/> einem Faktor der ſtädtiſchen Verfaſſung, und erzeugt in ihm das Recht<lb/> und die Ordnung der öffentlichen Unterſtützung, die Polizei der Arbeits-<lb/> loſigkeit, die Unehrenhaftigkeit des Bettels und den Stolz des freien<lb/> Bürgerthums. Der Bürgerſtand iſt daher in der germaniſchen Welt<lb/> nicht bloß der Stand des Erwerbes, ſondern der Träger und der Aus-<lb/> druck des großen ethiſchen Elements, das in Arbeit und Kapital liegt;<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [236/0264]
individuellen Freiheit und Selbſtthätigkeit zu vereinigen. Aus dem erſten
Element folgt die Verpflichtung der Verwaltung ein öffentliches Syſtem
von wirthſchaftlichen Bildungsanſtalten herzuſtellen; aus dem zweiten
der Grundſatz, die Benutzung derſelben ganz dem individuellen Ermeſſen
zu überlaſſen. Durch das erſtere iſt es dem gelehrten Berufsbildungs-
weſen gleichartig geworden; auf dem zweiten beruht die tiefe Verſchie-
denheit ſeines öffentlichen Rechts von demſelben. Wir verſtatten uns,
die Elemente dieſer hiſtoriſchen Entwicklung hier anzuſchließen.
Die Elemente der hiſtoriſchen Entwicklung des gegenwärtigen Syſtems.
Wer den geſchichtlichen Gang des wirthſchaftlichen Bildungsweſens
im Einzelnen mit der entſprechenden Gründlichkeit verfolgen will, der
wird wegen des Mangels faſt aller Vorarbeit nicht bloß eine höchſt
ſchwierige, ſondern auch höchſt umfaſſende, daher aber auch hochwichtige
Aufgabe löſen, ohne welche eine Geſchichte des deutſchen Geiſtes nicht
gegeben werden kann. Die Verwaltungslehre hat indeß ihren Stand-
punkt und ihr Gebiet innerhalb derſelben zu ſuchen. Ihre Aufgabe iſt
es, vor allem das Verhalten des Staats zu dieſem Theile der öffent-
lichen Bildung und damit die Geſchichte des öffentlichen Rechts derſel-
ben zu charakteriſiren, welche allerdings den geſammten Bildungsproceß
ſelbſt in ſich wiederſpiegelt.
Erſte Epoche. — Der Gedanke, daß in dem wirthſchaftlichen
Kapital ein ethiſches Element und mithin in der wirthſchaftlichen Arbeit
ein Beruf liege, iſt der alten Welt und dem feudalen Syſtem der Ge-
ſchlechterordnung gänzlich unbekannt. Er beginnt erſt mit der rein
ſtändiſchen Epoche und wie es in der Natur der Sache lag, erſcheint
er hier zunächſt als ſtrenger, auch rechtlich ſcharf geſchiedener Gegenſatz
zu dem übrigen ſtändiſchen Weſen. Dieſe Scheidung des wirthſchaft-
lichen Berufes von dem der beiden andern Stände iſt es, welche den
Bürgerſtand erzeugt. Nur im Bürgerſtande gilt die Arbeit und der
Erwerb als Pflicht; nur in ihm lebt das Bewußtſein, daß die Ehre
und Achtung der Arbeit die Baſis der Freiheit ſei; nur in ihm öffnet
ſich das öffentliche Recht nach Arbeit und Kapital, wird in „Zünften
und Innungen“ zu einer feſten Organiſation, erhebt ſich durch ſie zu
einem Faktor der ſtädtiſchen Verfaſſung, und erzeugt in ihm das Recht
und die Ordnung der öffentlichen Unterſtützung, die Polizei der Arbeits-
loſigkeit, die Unehrenhaftigkeit des Bettels und den Stolz des freien
Bürgerthums. Der Bürgerſtand iſt daher in der germaniſchen Welt
nicht bloß der Stand des Erwerbes, ſondern der Träger und der Aus-
druck des großen ethiſchen Elements, das in Arbeit und Kapital liegt;
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