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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Ortsschulvorstand: Geistliche, Bürgermeister und zwei Gemeinde-
vertreter (Strack a. a. O. S. 513).

Schwarzburg-Rudolstadt. Volksschulgesetz vom 23. März 1861.
Dazu einige Abänderungen, Verbesserung der Lage des Lehrers. Gesetz
vom 18. März 1864.

Belgien. Grundgesetz für das Volksschulwesen (instruction pri-
maire
) vom 23. September 1842. System der Organisation: 1) bür-
gerliche
Civilinspektion, für je einen der 108 Kantone einen Inspecteur
cantonal;
diese Inspecteurs stehen nach französischem Muster unter
dem Inspecteur general der Provinz; 2) geistliche Inspektion: Recht
auf Beaufsichtigung durch die Geistlichkeit und Bericht an die Minister;
3) die Inspecteurs generaux versammeln sich jährlich zu einem ober-
sten Schulrath (Commission centrale, Verordnung vom 5. Dec. 1843),
wobei die Geistlichkeit berathende Stimme hat. (Le Roy bei Schmid
I. 497. 498. De Fooz, Droit administrativ Belge IV. T. II.)

Holland. Grundgesetz vom 13. August 1857. Oberaufsicht durch
die Gemeinden, die in Belgien abgeschafft ist; im Uebrigen derselben
gleich, mit Bezirks- und Provinzialinspektoren und jährlicher Conferenz
derselben, unter Ausschließung der Geistlichkeit, und ohne einen
Generalinspektor. (Le Roy bei Schmid III. 566. Gesetz von 1857.
Tit. V. 52 ff.)

B. Das Schulrecht.
Schulpflicht und Schullast.

Es würde von nicht geringem Werthe sein, sich über den Begriff
des Schulrechts zu einigen, da wohl nur von ihm aus die Grund-
lage einer Gesammtauffassung der betreffenden Verhältnisse und Rechte,
namentlich aber eine Vergleichung der verschiedenen Länder möglich
wird.

Ein Schulrecht kann nur da entstehen, wo die Schule als eine
Anstalt der Verwaltung erscheint. Sowie nämlich dieselbe den Ele-
mentarunterricht als in ihrer Aufgabe liegend erkennt, so muß sie sich
zwei Fragen vorlegen. Die erste ist die, ob die Einzelnen die Ver-
pflichtung haben, den in der Volksschule gebotenen Elementarunter-
richt zu benutzen; die zweite ist die, wie die materiellen Bedingungen
dieses obligat gewordenen Elementarunterrichts zu beschaffen sind. Die
Antwort auf die erste Frage erzeugt den Begriff der Schulpflicht;
das ist die gesetzlich ausgesprochene Pflicht zur Benutzung der Elementar-
schulen; die zweite Frage den Begriff der Schullast, das ist die Ver-
theilung und Herstellung der öffentlichen Leistungen für die beiden

Ortsſchulvorſtand: Geiſtliche, Bürgermeiſter und zwei Gemeinde-
vertreter (Strack a. a. O. S. 513).

Schwarzburg-Rudolſtadt. Volksſchulgeſetz vom 23. März 1861.
Dazu einige Abänderungen, Verbeſſerung der Lage des Lehrers. Geſetz
vom 18. März 1864.

Belgien. Grundgeſetz für das Volksſchulweſen (instruction pri-
maire
) vom 23. September 1842. Syſtem der Organiſation: 1) bür-
gerliche
Civilinſpektion, für je einen der 108 Kantone einen Inspecteur
cantonal;
dieſe Inspecteurs ſtehen nach franzöſiſchem Muſter unter
dem Inspecteur général der Provinz; 2) geiſtliche Inſpektion: Recht
auf Beaufſichtigung durch die Geiſtlichkeit und Bericht an die Miniſter;
3) die Inspecteurs généraux verſammeln ſich jährlich zu einem ober-
ſten Schulrath (Commission centrale, Verordnung vom 5. Dec. 1843),
wobei die Geiſtlichkeit berathende Stimme hat. (Le Roy bei Schmid
I. 497. 498. De Fooz, Droit administrativ Belge IV. T. II.)

Holland. Grundgeſetz vom 13. Auguſt 1857. Oberaufſicht durch
die Gemeinden, die in Belgien abgeſchafft iſt; im Uebrigen derſelben
gleich, mit Bezirks- und Provinzialinſpektoren und jährlicher Conferenz
derſelben, unter Ausſchließung der Geiſtlichkeit, und ohne einen
Generalinſpektor. (Le Roy bei Schmid III. 566. Geſetz von 1857.
Tit. V. 52 ff.)

B. Das Schulrecht.
Schulpflicht und Schullaſt.

Es würde von nicht geringem Werthe ſein, ſich über den Begriff
des Schulrechts zu einigen, da wohl nur von ihm aus die Grund-
lage einer Geſammtauffaſſung der betreffenden Verhältniſſe und Rechte,
namentlich aber eine Vergleichung der verſchiedenen Länder möglich
wird.

Ein Schulrecht kann nur da entſtehen, wo die Schule als eine
Anſtalt der Verwaltung erſcheint. Sowie nämlich dieſelbe den Ele-
mentarunterricht als in ihrer Aufgabe liegend erkennt, ſo muß ſie ſich
zwei Fragen vorlegen. Die erſte iſt die, ob die Einzelnen die Ver-
pflichtung haben, den in der Volksſchule gebotenen Elementarunter-
richt zu benutzen; die zweite iſt die, wie die materiellen Bedingungen
dieſes obligat gewordenen Elementarunterrichts zu beſchaffen ſind. Die
Antwort auf die erſte Frage erzeugt den Begriff der Schulpflicht;
das iſt die geſetzlich ausgeſprochene Pflicht zur Benutzung der Elementar-
ſchulen; die zweite Frage den Begriff der Schullaſt, das iſt die Ver-
theilung und Herſtellung der öffentlichen Leiſtungen für die beiden

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[121/0149] Ortsſchulvorſtand: Geiſtliche, Bürgermeiſter und zwei Gemeinde- vertreter (Strack a. a. O. S. 513). Schwarzburg-Rudolſtadt. Volksſchulgeſetz vom 23. März 1861. Dazu einige Abänderungen, Verbeſſerung der Lage des Lehrers. Geſetz vom 18. März 1864. Belgien. Grundgeſetz für das Volksſchulweſen (instruction pri- maire) vom 23. September 1842. Syſtem der Organiſation: 1) bür- gerliche Civilinſpektion, für je einen der 108 Kantone einen Inspecteur cantonal; dieſe Inspecteurs ſtehen nach franzöſiſchem Muſter unter dem Inspecteur général der Provinz; 2) geiſtliche Inſpektion: Recht auf Beaufſichtigung durch die Geiſtlichkeit und Bericht an die Miniſter; 3) die Inspecteurs généraux verſammeln ſich jährlich zu einem ober- ſten Schulrath (Commission centrale, Verordnung vom 5. Dec. 1843), wobei die Geiſtlichkeit berathende Stimme hat. (Le Roy bei Schmid I. 497. 498. De Fooz, Droit administrativ Belge IV. T. II.) Holland. Grundgeſetz vom 13. Auguſt 1857. Oberaufſicht durch die Gemeinden, die in Belgien abgeſchafft iſt; im Uebrigen derſelben gleich, mit Bezirks- und Provinzialinſpektoren und jährlicher Conferenz derſelben, unter Ausſchließung der Geiſtlichkeit, und ohne einen Generalinſpektor. (Le Roy bei Schmid III. 566. Geſetz von 1857. Tit. V. 52 ff.) B. Das Schulrecht. Schulpflicht und Schullaſt. Es würde von nicht geringem Werthe ſein, ſich über den Begriff des Schulrechts zu einigen, da wohl nur von ihm aus die Grund- lage einer Geſammtauffaſſung der betreffenden Verhältniſſe und Rechte, namentlich aber eine Vergleichung der verſchiedenen Länder möglich wird. Ein Schulrecht kann nur da entſtehen, wo die Schule als eine Anſtalt der Verwaltung erſcheint. Sowie nämlich dieſelbe den Ele- mentarunterricht als in ihrer Aufgabe liegend erkennt, ſo muß ſie ſich zwei Fragen vorlegen. Die erſte iſt die, ob die Einzelnen die Ver- pflichtung haben, den in der Volksſchule gebotenen Elementarunter- richt zu benutzen; die zweite iſt die, wie die materiellen Bedingungen dieſes obligat gewordenen Elementarunterrichts zu beſchaffen ſind. Die Antwort auf die erſte Frage erzeugt den Begriff der Schulpflicht; das iſt die geſetzlich ausgeſprochene Pflicht zur Benutzung der Elementar- ſchulen; die zweite Frage den Begriff der Schullaſt, das iſt die Ver- theilung und Herſtellung der öffentlichen Leiſtungen für die beiden

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/149>, abgerufen am 21.11.2024.