Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.3) Das Princip des Unterschiedes im Recht der gerichtlichen und der Verwaltungspolizei. Die Nothwendigkeit der Unterscheidung der obigen beiden Funk- Um nun die Bedeutung dieser Unterscheidung zu verfolgen, muß So wie es nämlich feststeht, daß die Gerichte zugleich die Funktion So bald es sich nämlich darum handelt, das Eintreten der Rechts- 3) Das Princip des Unterſchiedes im Recht der gerichtlichen und der Verwaltungspolizei. Die Nothwendigkeit der Unterſcheidung der obigen beiden Funk- Um nun die Bedeutung dieſer Unterſcheidung zu verfolgen, muß So wie es nämlich feſtſteht, daß die Gerichte zugleich die Funktion So bald es ſich nämlich darum handelt, das Eintreten der Rechts- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0041" n="19"/> <div n="5"> <head>3) <hi rendition="#g">Das Princip des Unterſchiedes im Recht der gerichtlichen<lb/> und der Verwaltungspolizei</hi>.</head><lb/> <p>Die Nothwendigkeit der Unterſcheidung der obigen beiden Funk-<lb/> tionen der Polizei beruht nämlich für das praktiſche Recht darauf, daß,<lb/> wie ſchon angedeutet, jener erſte Theil, die ſtrafgerichtliche Funktion,<lb/> eben von einem ganz anderen, einem dem Gerichte nicht unterſtehenden<lb/> Organe, nämlich von dem Organismus der Sicherheitspolizei beinahe<lb/> ausſchließlich ausgeführt wird, ſo daß wie bekannt die Sicherheits-<lb/> polizei zugleich die ganze Funktion der ſtrafgerichtlichen Polizei zu über-<lb/> nehmen hat. Es ergibt ſich daraus, daß man in den Funktionen der<lb/> Sicherheitspolizei drei Momente zu ſcheiden hat. Das erſte und ein-<lb/> fachſte iſt das, wo ſie nur als vollziehende Gewalt für die ſtrafgericht-<lb/> liche Thätigkeit erſcheint; das zweite das, wo ſie als Vertreterin der<lb/> öffentlichen Sicherheit, <hi rendition="#g">ohne</hi> Veranlaſſung vom Gerichte zu verlangen,<lb/> ſelbſtthätig die Verbrechen aufſucht und verfolgt, um ſie dem Gericht<lb/> zu überliefern; das dritte endlich iſt dasjenige, wo ſie mit geſchehenen<lb/> Verbrechen überhaupt nichts zu thun hat, ſondern ihrem Begriffe nach<lb/><hi rendition="#g">nur</hi> als Verwaltungspolizei auftritt.</p><lb/> <p>Um nun die Bedeutung dieſer Unterſcheidung zu verfolgen, muß<lb/> man natürlich vor allen Dingen die Grundlagen aufſtellen, nach welchen<lb/> ſich für beide Theile, für das gerichtliche und das adminiſtrativ-poli-<lb/> zeiliche Element, ein beſonderes Recht bildet.</p><lb/> <p>So wie es nämlich feſtſteht, daß die Gerichte zugleich die Funktion<lb/> haben, nicht bloß den Beweis für ein Verbrechen herzuſtellen und es<lb/> zu ſtrafen, ſondern auch das geſchehene Verbrechen zu entdecken, ſo<lb/> haben Gerichte und Polizei <hi rendition="#g">dieſelbe</hi> Thätigkeit, und in dieſer ſpeziellen<lb/> Aufgabe ſind die Organe der Polizei den Gerichten untergeordnet. Dieſe<lb/> Unterordnung iſt es nun, welche das erſte Element des öffentlichen<lb/> Polizeirechts erzeugt.</p><lb/> <p>So bald es ſich nämlich darum handelt, das Eintreten der Rechts-<lb/> folgen einer geſchehenen That zu ſichern, ſei es durch Feſtſtellung be-<lb/> weiſender Thatſachen, ſei es durch Feſthalten und Vorführen verdächti-<lb/> ger Perſonen, da iſt das <hi rendition="#g">Gericht</hi> das dazu competente Organ. Das<lb/> Gericht hat in ſolchem Falle die geſchehene That als ſolche nach dem<lb/> ihr vorgeſchriebenen Verfahren conſtatirt, und die Thäterſchaft wenig-<lb/> ſtens wahrſcheinlich gemacht. In dieſem Falle muß das Urtheil dar-<lb/> über, es müſſen die in Folge deſſelben zu ergreifenden Maßregeln, ſo wie<lb/> die Beſtimmung der durch dieſe Maßregeln betroffenen Perſon bereits<lb/><hi rendition="#g">feſtſtehen, ehe</hi> ein Schritt geſchieht, der, um die Verwirklichung des<lb/> Rechts zu ſichern, in die perſönliche Freiheit hineingreift. Und in<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [19/0041]
3) Das Princip des Unterſchiedes im Recht der gerichtlichen
und der Verwaltungspolizei.
Die Nothwendigkeit der Unterſcheidung der obigen beiden Funk-
tionen der Polizei beruht nämlich für das praktiſche Recht darauf, daß,
wie ſchon angedeutet, jener erſte Theil, die ſtrafgerichtliche Funktion,
eben von einem ganz anderen, einem dem Gerichte nicht unterſtehenden
Organe, nämlich von dem Organismus der Sicherheitspolizei beinahe
ausſchließlich ausgeführt wird, ſo daß wie bekannt die Sicherheits-
polizei zugleich die ganze Funktion der ſtrafgerichtlichen Polizei zu über-
nehmen hat. Es ergibt ſich daraus, daß man in den Funktionen der
Sicherheitspolizei drei Momente zu ſcheiden hat. Das erſte und ein-
fachſte iſt das, wo ſie nur als vollziehende Gewalt für die ſtrafgericht-
liche Thätigkeit erſcheint; das zweite das, wo ſie als Vertreterin der
öffentlichen Sicherheit, ohne Veranlaſſung vom Gerichte zu verlangen,
ſelbſtthätig die Verbrechen aufſucht und verfolgt, um ſie dem Gericht
zu überliefern; das dritte endlich iſt dasjenige, wo ſie mit geſchehenen
Verbrechen überhaupt nichts zu thun hat, ſondern ihrem Begriffe nach
nur als Verwaltungspolizei auftritt.
Um nun die Bedeutung dieſer Unterſcheidung zu verfolgen, muß
man natürlich vor allen Dingen die Grundlagen aufſtellen, nach welchen
ſich für beide Theile, für das gerichtliche und das adminiſtrativ-poli-
zeiliche Element, ein beſonderes Recht bildet.
So wie es nämlich feſtſteht, daß die Gerichte zugleich die Funktion
haben, nicht bloß den Beweis für ein Verbrechen herzuſtellen und es
zu ſtrafen, ſondern auch das geſchehene Verbrechen zu entdecken, ſo
haben Gerichte und Polizei dieſelbe Thätigkeit, und in dieſer ſpeziellen
Aufgabe ſind die Organe der Polizei den Gerichten untergeordnet. Dieſe
Unterordnung iſt es nun, welche das erſte Element des öffentlichen
Polizeirechts erzeugt.
So bald es ſich nämlich darum handelt, das Eintreten der Rechts-
folgen einer geſchehenen That zu ſichern, ſei es durch Feſtſtellung be-
weiſender Thatſachen, ſei es durch Feſthalten und Vorführen verdächti-
ger Perſonen, da iſt das Gericht das dazu competente Organ. Das
Gericht hat in ſolchem Falle die geſchehene That als ſolche nach dem
ihr vorgeſchriebenen Verfahren conſtatirt, und die Thäterſchaft wenig-
ſtens wahrſcheinlich gemacht. In dieſem Falle muß das Urtheil dar-
über, es müſſen die in Folge deſſelben zu ergreifenden Maßregeln, ſo wie
die Beſtimmung der durch dieſe Maßregeln betroffenen Perſon bereits
feſtſtehen, ehe ein Schritt geſchieht, der, um die Verwirklichung des
Rechts zu ſichern, in die perſönliche Freiheit hineingreift. Und in
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