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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.

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Königreich Sachsen. Das "Correctionswesen" ist im König-
reich Sachsen durch viele Bestimmungen seit dem vorigen Jahrhundert
geordnet: dasselbe ist eigentlich auf Vagabunden und Bettler berechnet,
und die dortigen Correctionsanstalten sind nichts anders als Zwangs-
arbeitshäuser; die Correctionsanstalt zu Bräunesdorf ist namentlich für
jugendliche Vaganten bestimmt. Für entlassene Sträflinge besteht
kein eignes Recht, als daß ihnen die Verwendung beim Straßenbau-
wesen offen gehalten wird. Dagegen existirt seit 1836 ein Verein
für entlassene Sträflinge, und ein Frauenverein für die entlassenen
Mädchen und Frauen seit 1843. Vergl. Funke, Polizeigesetze und Ver-
ordnungen des Königreichs Sachsen 1837. Bd. II. S. 472--505. --
Für Baden ist das betreffende Recht in den Vorschriften über Land-
streicherei enthalten. Polizeistrafgesetzbuch §. 64. 65. S. Stempf a. a. O.
S. 151.

Italien. Das System der modernen Polizei ist auch hier nach
französischem Vorgange in das Strafgesetzbuch aufgenommen (Codice
Penale
vom 20. Nov. 1859). Darnach können die Sträflinge unter
polizeiliche Aufsicht gestellt werden (Art. 45) und ihnen ein gezwungener
Aufenthalt angewiesen werden (darf). Die Strafe für Bettelei Art. 442.
Das Vagabundenthum bestimmt Art. 436. Strafe für oziosi, vagabondi
und mendicanti validi (Art. 447). Gezwungener Aufenthalt. Verordnung
vom 20. Mai 1866.

II. Gewerbliche niedere Sicherheitspolizei.

Die gewerbliche niedere Sicherheitspolizei hat die Aufgabe, die
Gefährdung der Einzelnen durch den Betrieb einzelner Gewerbe zu be-
seitigen. Da diese Gefährdung namentlich in gesundheitspolizeilicher
Hinsicht besteht, mit Ausnahme der Druckereien, welche auch in Beziehung
auf Sittenpolizei gefährlich werden können, so kann man dieß Gebiet
eben so wohl der niederen Gesundheitspolizei hinzurechnen. Außerdem
ist es natürlich nicht thunlich, hier alle einzelnen dahin einschlagen-
den Bestimmungen aufzuzählen, da dieselben wenigstens dem größeren
Theile nach örtlicher Natur sind. Es ist jedoch von Werth, diese Vor-
schriften auf gewisse Kategorien zurückzuführen, welche die Einrichtung
der einzelnen Bestimmungen erleichtern, und einen systematischen Ueber-
blick gewähren.

Alle dahin gehörigen Bestimmungen haben nämlich als Objekt ent-
weder die Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit, oder die Gefährdung
der Gesundheit durch die mechanischen, oder die durch die chemischen
Elemente des Gewerbes. Die niedere Sicherheitspolizei hat die Auf-
gabe, diese Gefahren auf doppeltem Wege zu bekämpfen.

Königreich Sachſen. Das „Correctionsweſen“ iſt im König-
reich Sachſen durch viele Beſtimmungen ſeit dem vorigen Jahrhundert
geordnet: daſſelbe iſt eigentlich auf Vagabunden und Bettler berechnet,
und die dortigen Correctionsanſtalten ſind nichts anders als Zwangs-
arbeitshäuſer; die Correctionsanſtalt zu Bräunesdorf iſt namentlich für
jugendliche Vaganten beſtimmt. Für entlaſſene Sträflinge beſteht
kein eignes Recht, als daß ihnen die Verwendung beim Straßenbau-
weſen offen gehalten wird. Dagegen exiſtirt ſeit 1836 ein Verein
für entlaſſene Sträflinge, und ein Frauenverein für die entlaſſenen
Mädchen und Frauen ſeit 1843. Vergl. Funke, Polizeigeſetze und Ver-
ordnungen des Königreichs Sachſen 1837. Bd. II. S. 472—505. —
Für Baden iſt das betreffende Recht in den Vorſchriften über Land-
ſtreicherei enthalten. Polizeiſtrafgeſetzbuch §. 64. 65. S. Stempf a. a. O.
S. 151.

Italien. Das Syſtem der modernen Polizei iſt auch hier nach
franzöſiſchem Vorgange in das Strafgeſetzbuch aufgenommen (Codice
Pénale
vom 20. Nov. 1859). Darnach können die Sträflinge unter
polizeiliche Aufſicht geſtellt werden (Art. 45) und ihnen ein gezwungener
Aufenthalt angewieſen werden (darf). Die Strafe für Bettelei Art. 442.
Das Vagabundenthum beſtimmt Art. 436. Strafe für oziosi, vagabondi
und mendicanti validi (Art. 447). Gezwungener Aufenthalt. Verordnung
vom 20. Mai 1866.

II. Gewerbliche niedere Sicherheitspolizei.

Die gewerbliche niedere Sicherheitspolizei hat die Aufgabe, die
Gefährdung der Einzelnen durch den Betrieb einzelner Gewerbe zu be-
ſeitigen. Da dieſe Gefährdung namentlich in geſundheitspolizeilicher
Hinſicht beſteht, mit Ausnahme der Druckereien, welche auch in Beziehung
auf Sittenpolizei gefährlich werden können, ſo kann man dieß Gebiet
eben ſo wohl der niederen Geſundheitspolizei hinzurechnen. Außerdem
iſt es natürlich nicht thunlich, hier alle einzelnen dahin einſchlagen-
den Beſtimmungen aufzuzählen, da dieſelben wenigſtens dem größeren
Theile nach örtlicher Natur ſind. Es iſt jedoch von Werth, dieſe Vor-
ſchriften auf gewiſſe Kategorien zurückzuführen, welche die Einrichtung
der einzelnen Beſtimmungen erleichtern, und einen ſyſtematiſchen Ueber-
blick gewähren.

Alle dahin gehörigen Beſtimmungen haben nämlich als Objekt ent-
weder die Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit, oder die Gefährdung
der Geſundheit durch die mechaniſchen, oder die durch die chemiſchen
Elemente des Gewerbes. Die niedere Sicherheitspolizei hat die Auf-
gabe, dieſe Gefahren auf doppeltem Wege zu bekämpfen.

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[169/0191] Königreich Sachſen. Das „Correctionsweſen“ iſt im König- reich Sachſen durch viele Beſtimmungen ſeit dem vorigen Jahrhundert geordnet: daſſelbe iſt eigentlich auf Vagabunden und Bettler berechnet, und die dortigen Correctionsanſtalten ſind nichts anders als Zwangs- arbeitshäuſer; die Correctionsanſtalt zu Bräunesdorf iſt namentlich für jugendliche Vaganten beſtimmt. Für entlaſſene Sträflinge beſteht kein eignes Recht, als daß ihnen die Verwendung beim Straßenbau- weſen offen gehalten wird. Dagegen exiſtirt ſeit 1836 ein Verein für entlaſſene Sträflinge, und ein Frauenverein für die entlaſſenen Mädchen und Frauen ſeit 1843. Vergl. Funke, Polizeigeſetze und Ver- ordnungen des Königreichs Sachſen 1837. Bd. II. S. 472—505. — Für Baden iſt das betreffende Recht in den Vorſchriften über Land- ſtreicherei enthalten. Polizeiſtrafgeſetzbuch §. 64. 65. S. Stempf a. a. O. S. 151. Italien. Das Syſtem der modernen Polizei iſt auch hier nach franzöſiſchem Vorgange in das Strafgeſetzbuch aufgenommen (Codice Pénale vom 20. Nov. 1859). Darnach können die Sträflinge unter polizeiliche Aufſicht geſtellt werden (Art. 45) und ihnen ein gezwungener Aufenthalt angewieſen werden (darf). Die Strafe für Bettelei Art. 442. Das Vagabundenthum beſtimmt Art. 436. Strafe für oziosi, vagabondi und mendicanti validi (Art. 447). Gezwungener Aufenthalt. Verordnung vom 20. Mai 1866. II. Gewerbliche niedere Sicherheitspolizei. Die gewerbliche niedere Sicherheitspolizei hat die Aufgabe, die Gefährdung der Einzelnen durch den Betrieb einzelner Gewerbe zu be- ſeitigen. Da dieſe Gefährdung namentlich in geſundheitspolizeilicher Hinſicht beſteht, mit Ausnahme der Druckereien, welche auch in Beziehung auf Sittenpolizei gefährlich werden können, ſo kann man dieß Gebiet eben ſo wohl der niederen Geſundheitspolizei hinzurechnen. Außerdem iſt es natürlich nicht thunlich, hier alle einzelnen dahin einſchlagen- den Beſtimmungen aufzuzählen, da dieſelben wenigſtens dem größeren Theile nach örtlicher Natur ſind. Es iſt jedoch von Werth, dieſe Vor- ſchriften auf gewiſſe Kategorien zurückzuführen, welche die Einrichtung der einzelnen Beſtimmungen erleichtern, und einen ſyſtematiſchen Ueber- blick gewähren. Alle dahin gehörigen Beſtimmungen haben nämlich als Objekt ent- weder die Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit, oder die Gefährdung der Geſundheit durch die mechaniſchen, oder die durch die chemiſchen Elemente des Gewerbes. Die niedere Sicherheitspolizei hat die Auf- gabe, dieſe Gefahren auf doppeltem Wege zu bekämpfen.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/191>, abgerufen am 21.11.2024.