Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

der Verbindung der örtlichen Gewalt (städtische Behörde) mit dem ört-
lichen Gesundheitsorgan (Physikus). Mit dem achtzehnten Jahrhundert
wird sie eine allgemeine und gleichmäßige Aufgabe der amtlichen Ge-
sundheitsverwaltung, daher amtlich vollzogen und mit speziellen Vor-
schriften (Instruktionen) versehen.


In Frankreich nach der neuen Organisirung des Apothekerwesens
genau geregelt durch die Apothekerordnung von 1804 (Gesetz vom 21 Germ.
an XI. art.
29--31 und Arr. 25 Therm. eod.); jährlich durch die Professoren
der Ecoles de Pharmacie oder die Jurys mit bestimmter Aufsichtstaxe.
(Tardieu und Block l. c.) -- Oesterreich. Hier dieselben Grund-
sätze schon im allgem. Sanitäts-Normativ von 1770 vorgeschrieben
(jährliche Hauptvisitation und unvermuthete Visitationen). Abgabe fehler-
hafter Medicamente an die Fakultäten und die Statthalterei nach der
Instruktion von 1808 §. 35. (Stubenrauch II. §. 292.) -- Preußen.
Ordnung der Inspektion gleichfalls in der Apothekerordnung von 1801
Thl. II. und Instruktion vom 21. Oct. 1819. (Rönne und Simon,
Medicinalwesen II. 354 ff.) Die einzelnen Vorschriften, speziell die in
den übrigen Gesetzgebungen nicht berücksichtigten Verhältnisse der Apo-
theken zur Gemeinde, zur Staats- und Justizverwaltung bei Horn II.
S. 349--372. -- Württembergische Visitation vierteljährlich durch
den Kreismedicinalrath, jährlich durch die Oberamtsärzte (Instruktion
vom 14. März 1814; Roller §. 200). Die Bestimmungen in den
übrigen Staaten sind nicht speziell allenthalben nachgewiesen.

III. Das Hebammenwesen.

Das Hebammenwesen entsteht, indem die Gesundheitsverwaltung
für die Ausübung der Hebammenkunst eine besondere, öffentlich aner-
kannte Bildung fordert, die Hebammen mit besonderen Rechten versieht,
und sie auf diese Weise zu einem Gliede des großen Organismus des
Heilpersonals macht.

Es ist kein Zweifel, daß das Hebammenwesen schon seit ältester
Zeit als eine Kunst angesehen ward. Allein selbst die Entstehung der
wissenschaftlichen Medicin ließ dasselbe Jahrhunderte lang nicht als einen
Theil der Heilkunde erscheinen. Erst mit dem Anfang des achtzehnten
Jahrhunderts beginnt man, eine medicinische Bildung dafür als möglich
und wünschenswerth zu setzen. Dieselbe wird allmählig organisirt, aber
noch ohne rechtliche Beziehung zum Heilwesen, bis endlich mit dem Ende
des vorigen Jahrhunderts auch die eigentliche Gesundheitsverwaltung

der Verbindung der örtlichen Gewalt (ſtädtiſche Behörde) mit dem ört-
lichen Geſundheitsorgan (Phyſikus). Mit dem achtzehnten Jahrhundert
wird ſie eine allgemeine und gleichmäßige Aufgabe der amtlichen Ge-
ſundheitsverwaltung, daher amtlich vollzogen und mit ſpeziellen Vor-
ſchriften (Inſtruktionen) verſehen.


In Frankreich nach der neuen Organiſirung des Apothekerweſens
genau geregelt durch die Apothekerordnung von 1804 (Geſetz vom 21 Germ.
an XI. art.
29—31 und Arr. 25 Therm. eod.); jährlich durch die Profeſſoren
der Écoles de Pharmacie oder die Jurys mit beſtimmter Aufſichtstaxe.
(Tardieu und Block l. c.) — Oeſterreich. Hier dieſelben Grund-
ſätze ſchon im allgem. Sanitäts-Normativ von 1770 vorgeſchrieben
(jährliche Hauptviſitation und unvermuthete Viſitationen). Abgabe fehler-
hafter Medicamente an die Fakultäten und die Statthalterei nach der
Inſtruktion von 1808 §. 35. (Stubenrauch II. §. 292.) — Preußen.
Ordnung der Inſpektion gleichfalls in der Apothekerordnung von 1801
Thl. II. und Inſtruktion vom 21. Oct. 1819. (Rönne und Simon,
Medicinalweſen II. 354 ff.) Die einzelnen Vorſchriften, ſpeziell die in
den übrigen Geſetzgebungen nicht berückſichtigten Verhältniſſe der Apo-
theken zur Gemeinde, zur Staats- und Juſtizverwaltung bei Horn II.
S. 349—372. — Württembergiſche Viſitation vierteljährlich durch
den Kreismedicinalrath, jährlich durch die Oberamtsärzte (Inſtruktion
vom 14. März 1814; Roller §. 200). Die Beſtimmungen in den
übrigen Staaten ſind nicht ſpeziell allenthalben nachgewieſen.

III. Das Hebammenweſen.

Das Hebammenweſen entſteht, indem die Geſundheitsverwaltung
für die Ausübung der Hebammenkunſt eine beſondere, öffentlich aner-
kannte Bildung fordert, die Hebammen mit beſonderen Rechten verſieht,
und ſie auf dieſe Weiſe zu einem Gliede des großen Organismus des
Heilperſonals macht.

Es iſt kein Zweifel, daß das Hebammenweſen ſchon ſeit älteſter
Zeit als eine Kunſt angeſehen ward. Allein ſelbſt die Entſtehung der
wiſſenſchaftlichen Medicin ließ daſſelbe Jahrhunderte lang nicht als einen
Theil der Heilkunde erſcheinen. Erſt mit dem Anfang des achtzehnten
Jahrhunderts beginnt man, eine mediciniſche Bildung dafür als möglich
und wünſchenswerth zu ſetzen. Dieſelbe wird allmählig organiſirt, aber
noch ohne rechtliche Beziehung zum Heilweſen, bis endlich mit dem Ende
des vorigen Jahrhunderts auch die eigentliche Geſundheitsverwaltung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0133" n="117"/>
der Verbindung der örtlichen Gewalt (&#x017F;tädti&#x017F;che Behörde) mit dem ört-<lb/>
lichen Ge&#x017F;undheitsorgan (Phy&#x017F;ikus). Mit dem achtzehnten Jahrhundert<lb/>
wird &#x017F;ie eine allgemeine und gleichmäßige Aufgabe der amtlichen Ge-<lb/>
&#x017F;undheitsverwaltung, daher amtlich vollzogen und mit &#x017F;peziellen Vor-<lb/>
&#x017F;chriften (In&#x017F;truktionen) ver&#x017F;ehen.</p><lb/>
                  <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
                  <p>In Frankreich nach der neuen Organi&#x017F;irung des Apothekerwe&#x017F;ens<lb/>
genau geregelt durch die Apothekerordnung von 1804 (Ge&#x017F;etz vom 21 <hi rendition="#aq">Germ.<lb/>
an XI. art.</hi> 29&#x2014;31 und <hi rendition="#aq">Arr. 25 Therm. eod.</hi>); jährlich durch die Profe&#x017F;&#x017F;oren<lb/>
der <hi rendition="#aq">Écoles de Pharmacie</hi> oder die Jurys mit be&#x017F;timmter Auf&#x017F;ichtstaxe.<lb/>
(<hi rendition="#g">Tardieu</hi> und <hi rendition="#g">Block</hi> <hi rendition="#aq">l. c.</hi>) &#x2014; <hi rendition="#g">Oe&#x017F;terreich</hi>. Hier die&#x017F;elben Grund-<lb/>
&#x017F;ätze &#x017F;chon im allgem. Sanitäts-Normativ von 1770 vorge&#x017F;chrieben<lb/>
(jährliche Hauptvi&#x017F;itation und unvermuthete Vi&#x017F;itationen). Abgabe fehler-<lb/>
hafter Medicamente an die Fakultäten und die Statthalterei nach der<lb/>
In&#x017F;truktion von 1808 §. 35. (<hi rendition="#g">Stubenrauch</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 292.) &#x2014; <hi rendition="#g">Preußen</hi>.<lb/>
Ordnung der In&#x017F;pektion gleichfalls in der Apothekerordnung von 1801<lb/>
Thl. <hi rendition="#aq">II.</hi> und In&#x017F;truktion vom 21. Oct. 1819. (<hi rendition="#g">Rönne</hi> und <hi rendition="#g">Simon</hi>,<lb/>
Medicinalwe&#x017F;en <hi rendition="#aq">II.</hi> 354 ff.) Die einzelnen Vor&#x017F;chriften, &#x017F;peziell die in<lb/>
den übrigen Ge&#x017F;etzgebungen nicht berück&#x017F;ichtigten Verhältni&#x017F;&#x017F;e der Apo-<lb/>
theken zur <hi rendition="#g">Gemeinde</hi>, zur Staats- und Ju&#x017F;tizverwaltung bei <hi rendition="#g">Horn</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/>
S. 349&#x2014;372. &#x2014; <hi rendition="#g">Württembergi&#x017F;che</hi> Vi&#x017F;itation vierteljährlich durch<lb/>
den Kreismedicinalrath, jährlich durch die Oberamtsärzte (In&#x017F;truktion<lb/>
vom 14. März 1814; <hi rendition="#g">Roller</hi> §. 200). Die Be&#x017F;timmungen in den<lb/>
übrigen Staaten &#x017F;ind nicht &#x017F;peziell allenthalben nachgewie&#x017F;en.</p>
                </div>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Das Hebammenwe&#x017F;en.</hi> </head><lb/>
                <p>Das Hebammenwe&#x017F;en ent&#x017F;teht, indem die Ge&#x017F;undheitsverwaltung<lb/>
für die Ausübung der Hebammenkun&#x017F;t eine be&#x017F;ondere, öffentlich aner-<lb/>
kannte Bildung fordert, die Hebammen mit be&#x017F;onderen Rechten ver&#x017F;ieht,<lb/>
und &#x017F;ie auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e zu einem Gliede des großen Organismus des<lb/>
Heilper&#x017F;onals macht.</p><lb/>
                <p>Es i&#x017F;t kein Zweifel, daß das Hebammenwe&#x017F;en &#x017F;chon &#x017F;eit älte&#x017F;ter<lb/>
Zeit als eine Kun&#x017F;t ange&#x017F;ehen ward. Allein &#x017F;elb&#x017F;t die Ent&#x017F;tehung der<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Medicin ließ da&#x017F;&#x017F;elbe Jahrhunderte lang nicht als einen<lb/>
Theil der Heilkunde er&#x017F;cheinen. Er&#x017F;t mit dem Anfang des achtzehnten<lb/>
Jahrhunderts beginnt man, eine medicini&#x017F;che Bildung dafür als möglich<lb/>
und wün&#x017F;chenswerth zu &#x017F;etzen. Die&#x017F;elbe wird allmählig organi&#x017F;irt, aber<lb/>
noch ohne rechtliche Beziehung zum Heilwe&#x017F;en, bis endlich mit dem Ende<lb/>
des vorigen Jahrhunderts auch die eigentliche Ge&#x017F;undheitsverwaltung<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0133] der Verbindung der örtlichen Gewalt (ſtädtiſche Behörde) mit dem ört- lichen Geſundheitsorgan (Phyſikus). Mit dem achtzehnten Jahrhundert wird ſie eine allgemeine und gleichmäßige Aufgabe der amtlichen Ge- ſundheitsverwaltung, daher amtlich vollzogen und mit ſpeziellen Vor- ſchriften (Inſtruktionen) verſehen. In Frankreich nach der neuen Organiſirung des Apothekerweſens genau geregelt durch die Apothekerordnung von 1804 (Geſetz vom 21 Germ. an XI. art. 29—31 und Arr. 25 Therm. eod.); jährlich durch die Profeſſoren der Écoles de Pharmacie oder die Jurys mit beſtimmter Aufſichtstaxe. (Tardieu und Block l. c.) — Oeſterreich. Hier dieſelben Grund- ſätze ſchon im allgem. Sanitäts-Normativ von 1770 vorgeſchrieben (jährliche Hauptviſitation und unvermuthete Viſitationen). Abgabe fehler- hafter Medicamente an die Fakultäten und die Statthalterei nach der Inſtruktion von 1808 §. 35. (Stubenrauch II. §. 292.) — Preußen. Ordnung der Inſpektion gleichfalls in der Apothekerordnung von 1801 Thl. II. und Inſtruktion vom 21. Oct. 1819. (Rönne und Simon, Medicinalweſen II. 354 ff.) Die einzelnen Vorſchriften, ſpeziell die in den übrigen Geſetzgebungen nicht berückſichtigten Verhältniſſe der Apo- theken zur Gemeinde, zur Staats- und Juſtizverwaltung bei Horn II. S. 349—372. — Württembergiſche Viſitation vierteljährlich durch den Kreismedicinalrath, jährlich durch die Oberamtsärzte (Inſtruktion vom 14. März 1814; Roller §. 200). Die Beſtimmungen in den übrigen Staaten ſind nicht ſpeziell allenthalben nachgewieſen. III. Das Hebammenweſen. Das Hebammenweſen entſteht, indem die Geſundheitsverwaltung für die Ausübung der Hebammenkunſt eine beſondere, öffentlich aner- kannte Bildung fordert, die Hebammen mit beſonderen Rechten verſieht, und ſie auf dieſe Weiſe zu einem Gliede des großen Organismus des Heilperſonals macht. Es iſt kein Zweifel, daß das Hebammenweſen ſchon ſeit älteſter Zeit als eine Kunſt angeſehen ward. Allein ſelbſt die Entſtehung der wiſſenſchaftlichen Medicin ließ daſſelbe Jahrhunderte lang nicht als einen Theil der Heilkunde erſcheinen. Erſt mit dem Anfang des achtzehnten Jahrhunderts beginnt man, eine mediciniſche Bildung dafür als möglich und wünſchenswerth zu ſetzen. Dieſelbe wird allmählig organiſirt, aber noch ohne rechtliche Beziehung zum Heilweſen, bis endlich mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts auch die eigentliche Geſundheitsverwaltung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/133
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/133>, abgerufen am 21.12.2024.