unter die rein bürgerlichen Grundsätze des Privatrechts; sowie aber die Gesellschaft sich zum Verein erhebt, sei es unmittelbar durch ihren Zweck, sei es durch ihre Kapitalsbildung vermöge der Aktie, so tritt ein zweites Verhältniß ein. Jene Diener der gesellschaftlichen Vereine treten in eine bestimmte Beziehung zum Staat in seiner Verwaltung, und jetzt erst, bei dem Vereinswesen im Gegensatz zum Gesellschafts- wesen, kann man von Angestellten und ihrem Rechte reden.
Die Angestellten des Vereinswesens haben nämlich alle bis zu einem gewissen Grade öffentliche Zwecke zu vollziehen, da jeder Vereinszweck ein öffentlicher ist. Ja es kann in manchen Fällen die amtliche Polizei und selbst ein Theil der Verordnungsgewalt auf sie übertragen werden, wie bei Eisenbahnen, Bergwerken u. s. w. Dennoch sind sie niemals Beamtete. Und zwar darum nicht, weil die Uebernahme eines Dienstes kein Lebensberuf, sondern ein wirthschaftlicher Erwerb ist. Der Zweck des Vereins kann an und für sich das geistige Leben keiner Persönlichkeit ausfüllen, weil alles was mit ihm zusammenhängt und geistiges Interesse erweckt, eben außerhalb des eigentlichen Vereinszwecks liegt, während der Staatszweck, dessen Organ auch der unterste Beamtete ist, durch seine Unendlichkeit den Dienst zum Berufe macht. Daher hat der Vereinsdienst niemals den Charakter der öffentlichen Ehre, wie das Amt; und es würde das Wesen der Vereine ändern, wenn dieß anders und dem Vereinsangestellten ein öffentlicher Rang gegeben würde. Das ganze Verhältniß ist daher nicht das ethische des Beamtenthums, sondern das wirthschaftliche des Mandats. Und dieser Gesichts- punkt wirkt entscheidend für das ganze Rechtsverhältniß der Angestellten im Vereinswesen.
Geht man davon aus, so charakterisirt sich auch der Unterschied der Direktion und der Angestellten in den Rechtsverhältnissen, welche zwischen ihnen und dem Vereine entstehen.
a) Die Direktion.
Die Mitglieder der Direktion bekommen ihre Anstellung so gut wie die Bediensteten durch einen Vertrag; allein es ist weder nöthig noch möglich, in dem Dienstvertrage die Aufgaben der Direktion genau zu bestimmen. Jeder solcher Vertrag enthält im Gegentheil die Voraus- setzung, daß der Direktor, als Fachmann, selbst die fachmäßig noth- wendigen Aufgaben kennen muß. Die Annahme einer Stellung als Direktor macht denselben daher an und für sich dafür verantwortlich, daß er sich selbst im Geiste des Vereinszwecks und seiner fachmännischen Bedürfnisse seine speziellen Aufgaben bestimmen werde; deßhalb haftet der Direktor dafür persönlich, daß er dieß thue, sowie für den Schaden,
unter die rein bürgerlichen Grundſätze des Privatrechts; ſowie aber die Geſellſchaft ſich zum Verein erhebt, ſei es unmittelbar durch ihren Zweck, ſei es durch ihre Kapitalsbildung vermöge der Aktie, ſo tritt ein zweites Verhältniß ein. Jene Diener der geſellſchaftlichen Vereine treten in eine beſtimmte Beziehung zum Staat in ſeiner Verwaltung, und jetzt erſt, bei dem Vereinsweſen im Gegenſatz zum Geſellſchafts- weſen, kann man von Angeſtellten und ihrem Rechte reden.
Die Angeſtellten des Vereinsweſens haben nämlich alle bis zu einem gewiſſen Grade öffentliche Zwecke zu vollziehen, da jeder Vereinszweck ein öffentlicher iſt. Ja es kann in manchen Fällen die amtliche Polizei und ſelbſt ein Theil der Verordnungsgewalt auf ſie übertragen werden, wie bei Eiſenbahnen, Bergwerken u. ſ. w. Dennoch ſind ſie niemals Beamtete. Und zwar darum nicht, weil die Uebernahme eines Dienſtes kein Lebensberuf, ſondern ein wirthſchaftlicher Erwerb iſt. Der Zweck des Vereins kann an und für ſich das geiſtige Leben keiner Perſönlichkeit ausfüllen, weil alles was mit ihm zuſammenhängt und geiſtiges Intereſſe erweckt, eben außerhalb des eigentlichen Vereinszwecks liegt, während der Staatszweck, deſſen Organ auch der unterſte Beamtete iſt, durch ſeine Unendlichkeit den Dienſt zum Berufe macht. Daher hat der Vereinsdienſt niemals den Charakter der öffentlichen Ehre, wie das Amt; und es würde das Weſen der Vereine ändern, wenn dieß anders und dem Vereinsangeſtellten ein öffentlicher Rang gegeben würde. Das ganze Verhältniß iſt daher nicht das ethiſche des Beamtenthums, ſondern das wirthſchaftliche des Mandats. Und dieſer Geſichts- punkt wirkt entſcheidend für das ganze Rechtsverhältniß der Angeſtellten im Vereinsweſen.
Geht man davon aus, ſo charakteriſirt ſich auch der Unterſchied der Direktion und der Angeſtellten in den Rechtsverhältniſſen, welche zwiſchen ihnen und dem Vereine entſtehen.
a) Die Direktion.
Die Mitglieder der Direktion bekommen ihre Anſtellung ſo gut wie die Bedienſteten durch einen Vertrag; allein es iſt weder nöthig noch möglich, in dem Dienſtvertrage die Aufgaben der Direktion genau zu beſtimmen. Jeder ſolcher Vertrag enthält im Gegentheil die Voraus- ſetzung, daß der Direktor, als Fachmann, ſelbſt die fachmäßig noth- wendigen Aufgaben kennen muß. Die Annahme einer Stellung als Direktor macht denſelben daher an und für ſich dafür verantwortlich, daß er ſich ſelbſt im Geiſte des Vereinszwecks und ſeiner fachmänniſchen Bedürfniſſe ſeine ſpeziellen Aufgaben beſtimmen werde; deßhalb haftet der Direktor dafür perſönlich, daß er dieß thue, ſowie für den Schaden,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0630"n="606"/>
unter die rein bürgerlichen Grundſätze des Privatrechts; ſowie aber<lb/>
die Geſellſchaft ſich zum Verein erhebt, ſei es unmittelbar durch ihren<lb/>
Zweck, ſei es durch ihre Kapitalsbildung vermöge der Aktie, ſo tritt<lb/>
ein zweites Verhältniß ein. Jene Diener der geſellſchaftlichen Vereine<lb/>
treten in eine beſtimmte Beziehung zum Staat in ſeiner Verwaltung,<lb/>
und jetzt erſt, bei dem Vereinsweſen im Gegenſatz zum Geſellſchafts-<lb/>
weſen, kann man von Angeſtellten und ihrem Rechte reden.</p><lb/><p>Die Angeſtellten des Vereinsweſens haben nämlich alle bis zu einem<lb/>
gewiſſen Grade öffentliche Zwecke zu vollziehen, da jeder Vereinszweck<lb/>
ein öffentlicher iſt. Ja es kann in manchen Fällen die amtliche Polizei<lb/>
und ſelbſt ein Theil der Verordnungsgewalt auf ſie übertragen werden,<lb/>
wie bei Eiſenbahnen, Bergwerken u. ſ. w. Dennoch ſind ſie <hirendition="#g">niemals</hi><lb/>
Beamtete. Und zwar darum nicht, weil die Uebernahme eines Dienſtes<lb/>
kein Lebensberuf, ſondern ein wirthſchaftlicher Erwerb iſt. Der Zweck<lb/>
des Vereins kann an und für ſich das geiſtige Leben keiner Perſönlichkeit<lb/>
ausfüllen, weil alles was mit ihm zuſammenhängt und geiſtiges Intereſſe<lb/>
erweckt, eben außerhalb des eigentlichen Vereinszwecks liegt, während<lb/>
der Staatszweck, deſſen Organ auch der unterſte Beamtete iſt, durch<lb/>ſeine Unendlichkeit den Dienſt zum Berufe macht. Daher hat der<lb/>
Vereinsdienſt <hirendition="#g">niemals</hi> den Charakter der öffentlichen <hirendition="#g">Ehre</hi>, wie das<lb/>
Amt; und es würde das Weſen der Vereine ändern, wenn dieß anders<lb/>
und dem Vereinsangeſtellten ein öffentlicher Rang gegeben würde. Das<lb/>
ganze Verhältniß iſt daher <hirendition="#g">nicht das ethiſche des Beamtenthums</hi>,<lb/>ſondern das <hirendition="#g">wirthſchaftliche des Mandats</hi>. Und dieſer Geſichts-<lb/>
punkt wirkt entſcheidend für das ganze Rechtsverhältniß der Angeſtellten<lb/>
im Vereinsweſen.</p><lb/><p>Geht man davon aus, ſo charakteriſirt ſich auch der Unterſchied der<lb/>
Direktion und der Angeſtellten in den Rechtsverhältniſſen, welche zwiſchen<lb/>
ihnen und dem Vereine entſtehen.</p><lb/><divn="7"><head><hirendition="#aq">a)</hi> Die Direktion.</head><lb/><p>Die Mitglieder der Direktion bekommen ihre Anſtellung ſo gut wie<lb/>
die Bedienſteten durch einen Vertrag; allein es iſt weder nöthig noch<lb/>
möglich, in dem Dienſtvertrage die Aufgaben der Direktion genau zu<lb/>
beſtimmen. Jeder ſolcher Vertrag enthält im Gegentheil die Voraus-<lb/>ſetzung, daß der Direktor, als Fachmann, ſelbſt die fachmäßig noth-<lb/>
wendigen Aufgaben kennen muß. Die Annahme einer Stellung als<lb/>
Direktor macht denſelben daher an und für ſich dafür verantwortlich,<lb/>
daß er ſich ſelbſt im Geiſte des Vereinszwecks und ſeiner fachmänniſchen<lb/>
Bedürfniſſe ſeine ſpeziellen Aufgaben beſtimmen werde; deßhalb haftet<lb/>
der Direktor dafür perſönlich, daß er dieß thue, ſowie für den Schaden,<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[606/0630]
unter die rein bürgerlichen Grundſätze des Privatrechts; ſowie aber
die Geſellſchaft ſich zum Verein erhebt, ſei es unmittelbar durch ihren
Zweck, ſei es durch ihre Kapitalsbildung vermöge der Aktie, ſo tritt
ein zweites Verhältniß ein. Jene Diener der geſellſchaftlichen Vereine
treten in eine beſtimmte Beziehung zum Staat in ſeiner Verwaltung,
und jetzt erſt, bei dem Vereinsweſen im Gegenſatz zum Geſellſchafts-
weſen, kann man von Angeſtellten und ihrem Rechte reden.
Die Angeſtellten des Vereinsweſens haben nämlich alle bis zu einem
gewiſſen Grade öffentliche Zwecke zu vollziehen, da jeder Vereinszweck
ein öffentlicher iſt. Ja es kann in manchen Fällen die amtliche Polizei
und ſelbſt ein Theil der Verordnungsgewalt auf ſie übertragen werden,
wie bei Eiſenbahnen, Bergwerken u. ſ. w. Dennoch ſind ſie niemals
Beamtete. Und zwar darum nicht, weil die Uebernahme eines Dienſtes
kein Lebensberuf, ſondern ein wirthſchaftlicher Erwerb iſt. Der Zweck
des Vereins kann an und für ſich das geiſtige Leben keiner Perſönlichkeit
ausfüllen, weil alles was mit ihm zuſammenhängt und geiſtiges Intereſſe
erweckt, eben außerhalb des eigentlichen Vereinszwecks liegt, während
der Staatszweck, deſſen Organ auch der unterſte Beamtete iſt, durch
ſeine Unendlichkeit den Dienſt zum Berufe macht. Daher hat der
Vereinsdienſt niemals den Charakter der öffentlichen Ehre, wie das
Amt; und es würde das Weſen der Vereine ändern, wenn dieß anders
und dem Vereinsangeſtellten ein öffentlicher Rang gegeben würde. Das
ganze Verhältniß iſt daher nicht das ethiſche des Beamtenthums,
ſondern das wirthſchaftliche des Mandats. Und dieſer Geſichts-
punkt wirkt entſcheidend für das ganze Rechtsverhältniß der Angeſtellten
im Vereinsweſen.
Geht man davon aus, ſo charakteriſirt ſich auch der Unterſchied der
Direktion und der Angeſtellten in den Rechtsverhältniſſen, welche zwiſchen
ihnen und dem Vereine entſtehen.
a) Die Direktion.
Die Mitglieder der Direktion bekommen ihre Anſtellung ſo gut wie
die Bedienſteten durch einen Vertrag; allein es iſt weder nöthig noch
möglich, in dem Dienſtvertrage die Aufgaben der Direktion genau zu
beſtimmen. Jeder ſolcher Vertrag enthält im Gegentheil die Voraus-
ſetzung, daß der Direktor, als Fachmann, ſelbſt die fachmäßig noth-
wendigen Aufgaben kennen muß. Die Annahme einer Stellung als
Direktor macht denſelben daher an und für ſich dafür verantwortlich,
daß er ſich ſelbſt im Geiſte des Vereinszwecks und ſeiner fachmänniſchen
Bedürfniſſe ſeine ſpeziellen Aufgaben beſtimmen werde; deßhalb haftet
der Direktor dafür perſönlich, daß er dieß thue, ſowie für den Schaden,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/630>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.