und damit im Uebergange von der Zeit, wo die Vollendung des Staats- begriffes und der Staatsthätigkeit in der Verfassung gefunden wurde, zu derjenigen, wo der Werth einer Verfassung nach demjenigen gemessen wird, was sie für diese Verwaltung erzeugt und leistet.
Das Gefühl dieser Wahrheit ist nicht neu. Allein das was wir für die letztere in kommender Zeit zu thun haben, besteht in der prak- tischen Durchführung dieses Gedankens in allen einzelnen Gebieten des Staatslebens. Aus dem Principe der Verwaltung muß eine systema- tische und zugleich praktische Wissenschaft derselben werden. Die Basis der letzteren aber ist zuerst das System der Verwaltungsaufgaben, dann das Verständniß ihrer bisherigen geistigen und materiellen Geschichte.
Das innere Verwaltungsrecht.
Das innere Verwaltungsrecht ist es nun, welches dieser großen Funktion des Staatslebens seine feste Gestalt gibt. Es ist daher formell die Gesammtheit der auf die Verwaltungsthätigkeit gerichteten Willens- bestimmungen des Staats. Allein seinem inneren Wesen nach bringt es, gleichviel ob mit oder ohne Bewußtsein, durch die Gesammt- auffassung des Staats von seiner eigentlichen Aufgabe in seiner eigenen inneren Welt zum Ausdrucke. Das nun nennen wir den Geist des innern Verwaltungsrechts. Seine endliche Erscheinung ist allerdings stets das einzelne Gesetz; allein faßbar wird es in der Verbindung der einzelnen Gesetze untereinander, und in ihnen erscheint erst das innere Verwaltungsrecht jeder Zeit und jedes Staats als ein Ganzes. Nach der Anschauung dieses Ganzen aber muß die wahre Lehre vom inneren Verwaltungsrecht vor allem streben.
Das ganze Gebiet desselben zerfällt nun in zwei Kategorien.
Wir nennen den allgemeinen Theil des inneren Verwaltungs- rechts die Gesammtheit derjenigen rechtlichen Bestimmungen, nach welchen die vollziehende Gewalt mit ihren Organen, ihren Principien und ihren Rechten auf die innere Verwaltung Anwendung findet. Und es ist kein Zweifel, daß gerade in der inneren Verwaltung das eigenliche Wesen der Regierung, Staatsverwaltung und Verein zur rechten Gel- tung gelangt. Jedes einzelne Gebiet der inneren Verwaltung hat daher wieder gleichsam seinen allgemeinen Theil, dessen genaue Beachtung eben so wichtig als schwierig ist.
Der besondere Theil oder das eigentliche Verwaltungsrecht enthält nur die Bestimmungen oder das geltende Recht für die einzelnen selbständig gesetzten Gebiete als Aufgaben der Verwaltung. Die formale
und damit im Uebergange von der Zeit, wo die Vollendung des Staats- begriffes und der Staatsthätigkeit in der Verfaſſung gefunden wurde, zu derjenigen, wo der Werth einer Verfaſſung nach demjenigen gemeſſen wird, was ſie für dieſe Verwaltung erzeugt und leiſtet.
Das Gefühl dieſer Wahrheit iſt nicht neu. Allein das was wir für die letztere in kommender Zeit zu thun haben, beſteht in der prak- tiſchen Durchführung dieſes Gedankens in allen einzelnen Gebieten des Staatslebens. Aus dem Principe der Verwaltung muß eine ſyſtema- tiſche und zugleich praktiſche Wiſſenſchaft derſelben werden. Die Baſis der letzteren aber iſt zuerſt das Syſtem der Verwaltungsaufgaben, dann das Verſtändniß ihrer bisherigen geiſtigen und materiellen Geſchichte.
Das innere Verwaltungsrecht.
Das innere Verwaltungsrecht iſt es nun, welches dieſer großen Funktion des Staatslebens ſeine feſte Geſtalt gibt. Es iſt daher formell die Geſammtheit der auf die Verwaltungsthätigkeit gerichteten Willens- beſtimmungen des Staats. Allein ſeinem inneren Weſen nach bringt es, gleichviel ob mit oder ohne Bewußtſein, durch die Geſammt- auffaſſung des Staats von ſeiner eigentlichen Aufgabe in ſeiner eigenen inneren Welt zum Ausdrucke. Das nun nennen wir den Geiſt des innern Verwaltungsrechts. Seine endliche Erſcheinung iſt allerdings ſtets das einzelne Geſetz; allein faßbar wird es in der Verbindung der einzelnen Geſetze untereinander, und in ihnen erſcheint erſt das innere Verwaltungsrecht jeder Zeit und jedes Staats als ein Ganzes. Nach der Anſchauung dieſes Ganzen aber muß die wahre Lehre vom inneren Verwaltungsrecht vor allem ſtreben.
Das ganze Gebiet deſſelben zerfällt nun in zwei Kategorien.
Wir nennen den allgemeinen Theil des inneren Verwaltungs- rechts die Geſammtheit derjenigen rechtlichen Beſtimmungen, nach welchen die vollziehende Gewalt mit ihren Organen, ihren Principien und ihren Rechten auf die innere Verwaltung Anwendung findet. Und es iſt kein Zweifel, daß gerade in der inneren Verwaltung das eigenliche Weſen der Regierung, Staatsverwaltung und Verein zur rechten Gel- tung gelangt. Jedes einzelne Gebiet der inneren Verwaltung hat daher wieder gleichſam ſeinen allgemeinen Theil, deſſen genaue Beachtung eben ſo wichtig als ſchwierig iſt.
Der beſondere Theil oder das eigentliche Verwaltungsrecht enthält nur die Beſtimmungen oder das geltende Recht für die einzelnen ſelbſtändig geſetzten Gebiete als Aufgaben der Verwaltung. Die formale
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0069"n="45"/>
und damit im Uebergange von der Zeit, wo die Vollendung des Staats-<lb/>
begriffes und der Staatsthätigkeit in der Verfaſſung gefunden wurde,<lb/>
zu derjenigen, wo <hirendition="#g">der Werth einer Verfaſſung nach demjenigen<lb/>
gemeſſen wird, was ſie für dieſe Verwaltung erzeugt und<lb/>
leiſtet</hi>.</p><lb/><p>Das Gefühl dieſer Wahrheit iſt nicht neu. Allein das was wir<lb/>
für die letztere in kommender Zeit zu thun haben, beſteht in der prak-<lb/>
tiſchen Durchführung dieſes Gedankens in allen einzelnen Gebieten des<lb/>
Staatslebens. Aus dem Principe der Verwaltung muß eine ſyſtema-<lb/>
tiſche und zugleich praktiſche Wiſſenſchaft derſelben werden. Die Baſis<lb/>
der letzteren aber iſt zuerſt das Syſtem der Verwaltungsaufgaben, dann<lb/>
das Verſtändniß ihrer bisherigen geiſtigen und materiellen Geſchichte.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Das innere Verwaltungsrecht.</hi></head><lb/><p>Das innere Verwaltungsrecht iſt es nun, welches dieſer großen<lb/>
Funktion des Staatslebens ſeine feſte Geſtalt gibt. Es iſt daher formell<lb/>
die Geſammtheit der auf die Verwaltungsthätigkeit gerichteten Willens-<lb/>
beſtimmungen des Staats. Allein ſeinem inneren Weſen nach bringt<lb/>
es, gleichviel ob mit oder ohne Bewußtſein, durch die Geſammt-<lb/>
auffaſſung des Staats von ſeiner eigentlichen Aufgabe in ſeiner eigenen<lb/>
inneren Welt zum Ausdrucke. Das nun nennen wir den <hirendition="#g">Geiſt</hi> des<lb/>
innern Verwaltungsrechts. Seine endliche Erſcheinung iſt allerdings<lb/>ſtets das einzelne Geſetz; allein faßbar wird es in der Verbindung<lb/>
der einzelnen Geſetze untereinander, und in ihnen erſcheint erſt das<lb/>
innere Verwaltungsrecht jeder Zeit und jedes Staats als ein <hirendition="#g">Ganzes</hi>.<lb/>
Nach der Anſchauung dieſes Ganzen aber muß die wahre Lehre vom<lb/>
inneren Verwaltungsrecht vor allem ſtreben.</p><lb/><p>Das ganze Gebiet deſſelben zerfällt nun in zwei Kategorien.</p><lb/><p>Wir nennen den <hirendition="#g">allgemeinen Theil</hi> des inneren Verwaltungs-<lb/>
rechts die Geſammtheit derjenigen rechtlichen Beſtimmungen, nach welchen<lb/>
die vollziehende Gewalt mit ihren Organen, ihren Principien und ihren<lb/>
Rechten auf die innere Verwaltung Anwendung findet. Und es iſt<lb/>
kein Zweifel, daß gerade in der inneren Verwaltung das eigenliche<lb/>
Weſen der Regierung, Staatsverwaltung und Verein zur rechten Gel-<lb/>
tung gelangt. Jedes einzelne Gebiet der inneren Verwaltung hat daher<lb/>
wieder gleichſam ſeinen allgemeinen Theil, deſſen genaue Beachtung eben<lb/>ſo wichtig als ſchwierig iſt.</p><lb/><p>Der beſondere Theil oder das eigentliche Verwaltungsrecht enthält<lb/>
nur die Beſtimmungen oder das geltende Recht für die <hirendition="#g">einzelnen</hi><lb/>ſelbſtändig geſetzten Gebiete als Aufgaben der Verwaltung. Die formale<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[45/0069]
und damit im Uebergange von der Zeit, wo die Vollendung des Staats-
begriffes und der Staatsthätigkeit in der Verfaſſung gefunden wurde,
zu derjenigen, wo der Werth einer Verfaſſung nach demjenigen
gemeſſen wird, was ſie für dieſe Verwaltung erzeugt und
leiſtet.
Das Gefühl dieſer Wahrheit iſt nicht neu. Allein das was wir
für die letztere in kommender Zeit zu thun haben, beſteht in der prak-
tiſchen Durchführung dieſes Gedankens in allen einzelnen Gebieten des
Staatslebens. Aus dem Principe der Verwaltung muß eine ſyſtema-
tiſche und zugleich praktiſche Wiſſenſchaft derſelben werden. Die Baſis
der letzteren aber iſt zuerſt das Syſtem der Verwaltungsaufgaben, dann
das Verſtändniß ihrer bisherigen geiſtigen und materiellen Geſchichte.
Das innere Verwaltungsrecht.
Das innere Verwaltungsrecht iſt es nun, welches dieſer großen
Funktion des Staatslebens ſeine feſte Geſtalt gibt. Es iſt daher formell
die Geſammtheit der auf die Verwaltungsthätigkeit gerichteten Willens-
beſtimmungen des Staats. Allein ſeinem inneren Weſen nach bringt
es, gleichviel ob mit oder ohne Bewußtſein, durch die Geſammt-
auffaſſung des Staats von ſeiner eigentlichen Aufgabe in ſeiner eigenen
inneren Welt zum Ausdrucke. Das nun nennen wir den Geiſt des
innern Verwaltungsrechts. Seine endliche Erſcheinung iſt allerdings
ſtets das einzelne Geſetz; allein faßbar wird es in der Verbindung
der einzelnen Geſetze untereinander, und in ihnen erſcheint erſt das
innere Verwaltungsrecht jeder Zeit und jedes Staats als ein Ganzes.
Nach der Anſchauung dieſes Ganzen aber muß die wahre Lehre vom
inneren Verwaltungsrecht vor allem ſtreben.
Das ganze Gebiet deſſelben zerfällt nun in zwei Kategorien.
Wir nennen den allgemeinen Theil des inneren Verwaltungs-
rechts die Geſammtheit derjenigen rechtlichen Beſtimmungen, nach welchen
die vollziehende Gewalt mit ihren Organen, ihren Principien und ihren
Rechten auf die innere Verwaltung Anwendung findet. Und es iſt
kein Zweifel, daß gerade in der inneren Verwaltung das eigenliche
Weſen der Regierung, Staatsverwaltung und Verein zur rechten Gel-
tung gelangt. Jedes einzelne Gebiet der inneren Verwaltung hat daher
wieder gleichſam ſeinen allgemeinen Theil, deſſen genaue Beachtung eben
ſo wichtig als ſchwierig iſt.
Der beſondere Theil oder das eigentliche Verwaltungsrecht enthält
nur die Beſtimmungen oder das geltende Recht für die einzelnen
ſelbſtändig geſetzten Gebiete als Aufgaben der Verwaltung. Die formale
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/69>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.