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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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der Führung zu verlangen. Die Bedeutung der Sache für den Werth-
umlauf bedarf keiner Motivirung.

Verwechslung der Publicität mit der Legalität schon bei Mittermaier
§. 262; Mascher a. a. O. Streit über die Publicität schon seit Gönner (vergl.
Mittermaier §. 262. Nr. 2). Anerkennung im französischen Recht (Code Civ.
Art. 2196).

II. Die Realcredit-Anstalten.

Begriff und Wesen.

So wichtig nun auch das Grundbuchswesen ist, so ist es dennoch
unfähig, das höhere Bedürfniß des Realcredits zu erfüllen. Der
Hypothekencredit wird stets von einem einzelnen Capitale gegeben und
entspricht daher auch nur einem einzelnen Bedürfniß. Er macht zwar
den Verkehr mit dem Pfandrecht nicht unmöglich, aber schwerfällig.
Die Schuld selbst ist zwar sicher, aber wird schwer zurückgezahlt; selbst
die Zinsen finden oft Schwierigkeiten, regelmäßig einzukommen. So
wie daher das Capital überhaupt in rascherem Kreislauf rascheren und
gleich verwerthbaren Gewinn findet, sucht es trotz der Sicherheit im
Grundbuch doch den Realcredit nicht mehr auf, und wo es das thut,
wird es theurer, als es die Produktivität der landwirthschaftlichen und
der ihr analogen Produktion zuläßt.

Zu gleicher Zeit steigt aber der Bedarf am Capital für die Ur-
produktion; sie wird eine rationelle, indem sie Capital auf die Pro-
duktivkräfte selbst verwendet. Dieser Bedarf ist allgemein für die ge-
sammte Urproduktion. Dadurch entsteht ein Mißverhältniß, dem auch
das beste Grundbuchswesen nicht abzuhelfen vermag. Es stellt sich
mehr und mehr heraus, daß der Credit des Grundbuchs nur in den
Fällen einzelner Noth zu helfen fähig ist, während für die allgemeine
Herbeiziehung von eigentlichen Anlagecapitalien für die Urproduktion
ein eigener Proceß entstehen muß.

Dieser nun hat offenbar zur Voraussetzung, daß den als Anlage-
capital für die Urproduktion verwendeten Creditcapitalien zu der durch
das Grundbuchswesen gegebenen Sicherheit auch noch die Fähigkeit hin-
zukomme, in den Werthumlauf einzutreten. Diese Fähigkeit
aber können weder Schuldner noch Gläubiger allein solchen Capitalien
geben. Sie kann nur durch Theilnahme der Staatsgewalt geschehen.
Es ist daher natürlich, daß im Beginn dieser Entwicklung die Regie-
rung
daran denkt, der Urproduktion direkte Hülfe durch öffentlichen
Credit zu verschaffen. Allein das Wesen des Credits macht ein Eingreifen
durch die Regierung auch hier wirthschaftlich undurchgreifbar (s. oben).
Die Form, in der das Gesammtleben sich daher jene große Bedingung

der Führung zu verlangen. Die Bedeutung der Sache für den Werth-
umlauf bedarf keiner Motivirung.

Verwechslung der Publicität mit der Legalität ſchon bei Mittermaier
§. 262; Maſcher a. a. O. Streit über die Publicität ſchon ſeit Gönner (vergl.
Mittermaier §. 262. Nr. 2). Anerkennung im franzöſiſchen Recht (Code Civ.
Art. 2196).

II. Die Realcredit-Anſtalten.

Begriff und Weſen.

So wichtig nun auch das Grundbuchsweſen iſt, ſo iſt es dennoch
unfähig, das höhere Bedürfniß des Realcredits zu erfüllen. Der
Hypothekencredit wird ſtets von einem einzelnen Capitale gegeben und
entſpricht daher auch nur einem einzelnen Bedürfniß. Er macht zwar
den Verkehr mit dem Pfandrecht nicht unmöglich, aber ſchwerfällig.
Die Schuld ſelbſt iſt zwar ſicher, aber wird ſchwer zurückgezahlt; ſelbſt
die Zinſen finden oft Schwierigkeiten, regelmäßig einzukommen. So
wie daher das Capital überhaupt in raſcherem Kreislauf raſcheren und
gleich verwerthbaren Gewinn findet, ſucht es trotz der Sicherheit im
Grundbuch doch den Realcredit nicht mehr auf, und wo es das thut,
wird es theurer, als es die Produktivität der landwirthſchaftlichen und
der ihr analogen Produktion zuläßt.

Zu gleicher Zeit ſteigt aber der Bedarf am Capital für die Ur-
produktion; ſie wird eine rationelle, indem ſie Capital auf die Pro-
duktivkräfte ſelbſt verwendet. Dieſer Bedarf iſt allgemein für die ge-
ſammte Urproduktion. Dadurch entſteht ein Mißverhältniß, dem auch
das beſte Grundbuchsweſen nicht abzuhelfen vermag. Es ſtellt ſich
mehr und mehr heraus, daß der Credit des Grundbuchs nur in den
Fällen einzelner Noth zu helfen fähig iſt, während für die allgemeine
Herbeiziehung von eigentlichen Anlagecapitalien für die Urproduktion
ein eigener Proceß entſtehen muß.

Dieſer nun hat offenbar zur Vorausſetzung, daß den als Anlage-
capital für die Urproduktion verwendeten Creditcapitalien zu der durch
das Grundbuchsweſen gegebenen Sicherheit auch noch die Fähigkeit hin-
zukomme, in den Werthumlauf einzutreten. Dieſe Fähigkeit
aber können weder Schuldner noch Gläubiger allein ſolchen Capitalien
geben. Sie kann nur durch Theilnahme der Staatsgewalt geſchehen.
Es iſt daher natürlich, daß im Beginn dieſer Entwicklung die Regie-
rung
daran denkt, der Urproduktion direkte Hülfe durch öffentlichen
Credit zu verſchaffen. Allein das Weſen des Credits macht ein Eingreifen
durch die Regierung auch hier wirthſchaftlich undurchgreifbar (ſ. oben).
Die Form, in der das Geſammtleben ſich daher jene große Bedingung

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[277/0301] der Führung zu verlangen. Die Bedeutung der Sache für den Werth- umlauf bedarf keiner Motivirung. Verwechslung der Publicität mit der Legalität ſchon bei Mittermaier §. 262; Maſcher a. a. O. Streit über die Publicität ſchon ſeit Gönner (vergl. Mittermaier §. 262. Nr. 2). Anerkennung im franzöſiſchen Recht (Code Civ. Art. 2196). II. Die Realcredit-Anſtalten. Begriff und Weſen. So wichtig nun auch das Grundbuchsweſen iſt, ſo iſt es dennoch unfähig, das höhere Bedürfniß des Realcredits zu erfüllen. Der Hypothekencredit wird ſtets von einem einzelnen Capitale gegeben und entſpricht daher auch nur einem einzelnen Bedürfniß. Er macht zwar den Verkehr mit dem Pfandrecht nicht unmöglich, aber ſchwerfällig. Die Schuld ſelbſt iſt zwar ſicher, aber wird ſchwer zurückgezahlt; ſelbſt die Zinſen finden oft Schwierigkeiten, regelmäßig einzukommen. So wie daher das Capital überhaupt in raſcherem Kreislauf raſcheren und gleich verwerthbaren Gewinn findet, ſucht es trotz der Sicherheit im Grundbuch doch den Realcredit nicht mehr auf, und wo es das thut, wird es theurer, als es die Produktivität der landwirthſchaftlichen und der ihr analogen Produktion zuläßt. Zu gleicher Zeit ſteigt aber der Bedarf am Capital für die Ur- produktion; ſie wird eine rationelle, indem ſie Capital auf die Pro- duktivkräfte ſelbſt verwendet. Dieſer Bedarf iſt allgemein für die ge- ſammte Urproduktion. Dadurch entſteht ein Mißverhältniß, dem auch das beſte Grundbuchsweſen nicht abzuhelfen vermag. Es ſtellt ſich mehr und mehr heraus, daß der Credit des Grundbuchs nur in den Fällen einzelner Noth zu helfen fähig iſt, während für die allgemeine Herbeiziehung von eigentlichen Anlagecapitalien für die Urproduktion ein eigener Proceß entſtehen muß. Dieſer nun hat offenbar zur Vorausſetzung, daß den als Anlage- capital für die Urproduktion verwendeten Creditcapitalien zu der durch das Grundbuchsweſen gegebenen Sicherheit auch noch die Fähigkeit hin- zukomme, in den Werthumlauf einzutreten. Dieſe Fähigkeit aber können weder Schuldner noch Gläubiger allein ſolchen Capitalien geben. Sie kann nur durch Theilnahme der Staatsgewalt geſchehen. Es iſt daher natürlich, daß im Beginn dieſer Entwicklung die Regie- rung daran denkt, der Urproduktion direkte Hülfe durch öffentlichen Credit zu verſchaffen. Allein das Weſen des Credits macht ein Eingreifen durch die Regierung auch hier wirthſchaftlich undurchgreifbar (ſ. oben). Die Form, in der das Geſammtleben ſich daher jene große Bedingung

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/301>, abgerufen am 19.11.2024.