Polizeigesetzgebung (vergl. das System und Material Stein a. a. O. S. 11--27). Ueber die Sonn- und Feiertagsordnung in Oesterreich Leonhardt, Verhandl. des niederösterr. Gewerbevereins 1867.
II. Die Bildungsanstalten.
Wesen und Bedeutung der Bildungsanstalten sind bisher weder in der Wissenschaft noch in der Praxis zu ihrer wahren Entwicklung ge- diehen. Allerdings gehören sie der staatsbürgerlichen Epoche, und ihr Princip ist das der freien und unentgeldlichen Benützung zum Zweck der allgemeinen Bildung. Allein bisher sind sie fast nur noch vom Staate gegründet und verwaltet; das Verständniß ihrer hohen Bedeutung und ihrer Nothwendigkeit ist im Volke noch sehr wenig all- gemein. Erhebt man sich zu der Vorstellung, daß sie Aufgaben der Gesammtheit für sie selber enthalten, so entstehen drei große Kategorien von wirklichen Anstalten, deren Benutzung eine der wichtigsten Auf- gaben der Zukunft bilden. Die erste sind die Staatsanstalten (Museen, Sammlungen, große Bibliotheken). Die zweite Kategorie hat von der Selbstverwaltung und den Vereinen auszugehen. Es muß die Zeit kommen, wo jede Gemeinde ihre Volksbibliothek und ihr System von populär wissenschaftlichen Vorträgen organisirt; und daneben kann drittens das Gebiet specieller Anstalten, auch Theater, Lesezimmer u. s. w. von einzelnen Unternehmungen ausgehen. Was bisher in dieser Beziehung geschehen ist, ist noch ganz unorganisch und zufällig. Doch scheint die Zeit nicht fern, wo auch dieß Gebiet als ein integrirender Theil in den Organismus des thätigen Bildungs- wesens aufgenommen werden wird.
Sowohl in Literatur als Gesetzgebung fehlt jede einheitliche Auffassung. Für die Theater gibt es nur noch Polizei, für Sammlungen und Bibliotheken nur noch einzelne Ordnungen, für die Errichtung eines zweckmäßigen Systems des Gemeindebibliothekwesens und der öffentlichen Vorträge nur noch Wünsche, Hoffnungen und zerfahrene einzelne Anfänge. -- Ueber die Einzelheiten vergl. Stein a. a. O. S. 27--44.
III. Die Presse.
Die Presse ist vermöge der Natur des Buchdruckes die Form, in welcher der Einzelne für Alle arbeitet. Sie vermag es daher, je- dem Einzelnen auf jedem einzelnen Gebiet die Bildung Aller zu geben. Sie ist daher ihrer Natur nach weder in Beziehung auf die Gegen- stände, noch auf die Auffassung, noch auf die Personen begränzt. Sie ist die Verkörperung und thätige Verwirklichung des Gesammtlebens
Polizeigeſetzgebung (vergl. das Syſtem und Material Stein a. a. O. S. 11—27). Ueber die Sonn- und Feiertagsordnung in Oeſterreich Leonhardt, Verhandl. des niederöſterr. Gewerbevereins 1867.
II. Die Bildungsanſtalten.
Weſen und Bedeutung der Bildungsanſtalten ſind bisher weder in der Wiſſenſchaft noch in der Praxis zu ihrer wahren Entwicklung ge- diehen. Allerdings gehören ſie der ſtaatsbürgerlichen Epoche, und ihr Princip iſt das der freien und unentgeldlichen Benützung zum Zweck der allgemeinen Bildung. Allein bisher ſind ſie faſt nur noch vom Staate gegründet und verwaltet; das Verſtändniß ihrer hohen Bedeutung und ihrer Nothwendigkeit iſt im Volke noch ſehr wenig all- gemein. Erhebt man ſich zu der Vorſtellung, daß ſie Aufgaben der Geſammtheit für ſie ſelber enthalten, ſo entſtehen drei große Kategorien von wirklichen Anſtalten, deren Benutzung eine der wichtigſten Auf- gaben der Zukunft bilden. Die erſte ſind die Staatsanſtalten (Muſeen, Sammlungen, große Bibliotheken). Die zweite Kategorie hat von der Selbſtverwaltung und den Vereinen auszugehen. Es muß die Zeit kommen, wo jede Gemeinde ihre Volksbibliothek und ihr Syſtem von populär wiſſenſchaftlichen Vorträgen organiſirt; und daneben kann drittens das Gebiet ſpecieller Anſtalten, auch Theater, Leſezimmer u. ſ. w. von einzelnen Unternehmungen ausgehen. Was bisher in dieſer Beziehung geſchehen iſt, iſt noch ganz unorganiſch und zufällig. Doch ſcheint die Zeit nicht fern, wo auch dieß Gebiet als ein integrirender Theil in den Organismus des thätigen Bildungs- weſens aufgenommen werden wird.
Sowohl in Literatur als Geſetzgebung fehlt jede einheitliche Auffaſſung. Für die Theater gibt es nur noch Polizei, für Sammlungen und Bibliotheken nur noch einzelne Ordnungen, für die Errichtung eines zweckmäßigen Syſtems des Gemeindebibliothekweſens und der öffentlichen Vorträge nur noch Wünſche, Hoffnungen und zerfahrene einzelne Anfänge. — Ueber die Einzelheiten vergl. Stein a. a. O. S. 27—44.
III. Die Preſſe.
Die Preſſe iſt vermöge der Natur des Buchdruckes die Form, in welcher der Einzelne für Alle arbeitet. Sie vermag es daher, je- dem Einzelnen auf jedem einzelnen Gebiet die Bildung Aller zu geben. Sie iſt daher ihrer Natur nach weder in Beziehung auf die Gegen- ſtände, noch auf die Auffaſſung, noch auf die Perſonen begränzt. Sie iſt die Verkörperung und thätige Verwirklichung des Geſammtlebens
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0160"n="136"/>
Polizeigeſetzgebung (vergl. das Syſtem und Material <hirendition="#g">Stein</hi> a. a. O. S. 11—27).<lb/>
Ueber die Sonn- und Feiertagsordnung in Oeſterreich <hirendition="#g">Leonhardt</hi>, Verhandl.<lb/>
des niederöſterr. Gewerbevereins 1867.</p></div><lb/><divn="6"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Die Bildungsanſtalten.</hi></head><lb/><p>Weſen und Bedeutung der Bildungsanſtalten ſind bisher weder in<lb/>
der Wiſſenſchaft noch in der Praxis zu ihrer wahren Entwicklung ge-<lb/>
diehen. Allerdings gehören ſie der ſtaatsbürgerlichen Epoche, und ihr<lb/>
Princip iſt das der <hirendition="#g">freien</hi> und <hirendition="#g">unentgeldlichen Benützung</hi> zum<lb/>
Zweck der allgemeinen Bildung. Allein bisher ſind ſie faſt nur noch<lb/>
vom Staate gegründet und verwaltet; das Verſtändniß ihrer hohen<lb/>
Bedeutung und ihrer Nothwendigkeit iſt im Volke noch ſehr wenig all-<lb/>
gemein. Erhebt man ſich zu der Vorſtellung, daß ſie Aufgaben der<lb/>
Geſammtheit für ſie ſelber enthalten, ſo entſtehen <hirendition="#g">drei</hi> große Kategorien<lb/>
von wirklichen Anſtalten, deren Benutzung eine der wichtigſten Auf-<lb/>
gaben der Zukunft bilden. Die erſte ſind die <hirendition="#g">Staatsanſtalten</hi><lb/>
(Muſeen, Sammlungen, große Bibliotheken). Die zweite Kategorie hat<lb/>
von der Selbſtverwaltung und den Vereinen auszugehen. Es muß die<lb/>
Zeit kommen, wo jede Gemeinde <hirendition="#g">ihre Volksbibliothek</hi> und ihr<lb/>
Syſtem von populär wiſſenſchaftlichen <hirendition="#g">Vorträgen</hi> organiſirt; und<lb/>
daneben kann drittens das Gebiet <hirendition="#g">ſpecieller</hi> Anſtalten, auch Theater,<lb/>
Leſezimmer u. ſ. w. von einzelnen Unternehmungen ausgehen. Was<lb/>
bisher in dieſer Beziehung geſchehen iſt, iſt noch ganz unorganiſch und<lb/>
zufällig. Doch ſcheint die Zeit nicht fern, wo auch dieß Gebiet als<lb/>
ein integrirender Theil in den Organismus des thätigen Bildungs-<lb/>
weſens aufgenommen werden wird.</p><lb/><p>Sowohl in Literatur als Geſetzgebung fehlt <hirendition="#g">jede</hi> einheitliche Auffaſſung.<lb/>
Für die Theater gibt es nur noch Polizei, für Sammlungen und Bibliotheken<lb/>
nur noch einzelne Ordnungen, für die Errichtung eines zweckmäßigen Syſtems<lb/>
des Gemeindebibliothekweſens und der öffentlichen Vorträge nur noch Wünſche,<lb/>
Hoffnungen und zerfahrene einzelne Anfänge. — Ueber die Einzelheiten vergl.<lb/><hirendition="#g">Stein</hi> a. a. O. S. 27—44.</p></div><lb/><divn="6"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Die Preſſe.</hi></head><lb/><p>Die Preſſe iſt vermöge der Natur des Buchdruckes die Form, in<lb/>
welcher der <hirendition="#g">Einzelne für Alle</hi> arbeitet. Sie vermag es daher, je-<lb/>
dem Einzelnen auf jedem einzelnen Gebiet die Bildung Aller zu geben.<lb/>
Sie iſt daher ihrer Natur nach weder in Beziehung auf die Gegen-<lb/>ſtände, noch auf die Auffaſſung, noch auf die Perſonen begränzt. Sie<lb/>
iſt die Verkörperung und thätige Verwirklichung des Geſammtlebens<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[136/0160]
Polizeigeſetzgebung (vergl. das Syſtem und Material Stein a. a. O. S. 11—27).
Ueber die Sonn- und Feiertagsordnung in Oeſterreich Leonhardt, Verhandl.
des niederöſterr. Gewerbevereins 1867.
II. Die Bildungsanſtalten.
Weſen und Bedeutung der Bildungsanſtalten ſind bisher weder in
der Wiſſenſchaft noch in der Praxis zu ihrer wahren Entwicklung ge-
diehen. Allerdings gehören ſie der ſtaatsbürgerlichen Epoche, und ihr
Princip iſt das der freien und unentgeldlichen Benützung zum
Zweck der allgemeinen Bildung. Allein bisher ſind ſie faſt nur noch
vom Staate gegründet und verwaltet; das Verſtändniß ihrer hohen
Bedeutung und ihrer Nothwendigkeit iſt im Volke noch ſehr wenig all-
gemein. Erhebt man ſich zu der Vorſtellung, daß ſie Aufgaben der
Geſammtheit für ſie ſelber enthalten, ſo entſtehen drei große Kategorien
von wirklichen Anſtalten, deren Benutzung eine der wichtigſten Auf-
gaben der Zukunft bilden. Die erſte ſind die Staatsanſtalten
(Muſeen, Sammlungen, große Bibliotheken). Die zweite Kategorie hat
von der Selbſtverwaltung und den Vereinen auszugehen. Es muß die
Zeit kommen, wo jede Gemeinde ihre Volksbibliothek und ihr
Syſtem von populär wiſſenſchaftlichen Vorträgen organiſirt; und
daneben kann drittens das Gebiet ſpecieller Anſtalten, auch Theater,
Leſezimmer u. ſ. w. von einzelnen Unternehmungen ausgehen. Was
bisher in dieſer Beziehung geſchehen iſt, iſt noch ganz unorganiſch und
zufällig. Doch ſcheint die Zeit nicht fern, wo auch dieß Gebiet als
ein integrirender Theil in den Organismus des thätigen Bildungs-
weſens aufgenommen werden wird.
Sowohl in Literatur als Geſetzgebung fehlt jede einheitliche Auffaſſung.
Für die Theater gibt es nur noch Polizei, für Sammlungen und Bibliotheken
nur noch einzelne Ordnungen, für die Errichtung eines zweckmäßigen Syſtems
des Gemeindebibliothekweſens und der öffentlichen Vorträge nur noch Wünſche,
Hoffnungen und zerfahrene einzelne Anfänge. — Ueber die Einzelheiten vergl.
Stein a. a. O. S. 27—44.
III. Die Preſſe.
Die Preſſe iſt vermöge der Natur des Buchdruckes die Form, in
welcher der Einzelne für Alle arbeitet. Sie vermag es daher, je-
dem Einzelnen auf jedem einzelnen Gebiet die Bildung Aller zu geben.
Sie iſt daher ihrer Natur nach weder in Beziehung auf die Gegen-
ſtände, noch auf die Auffaſſung, noch auf die Perſonen begränzt. Sie
iſt die Verkörperung und thätige Verwirklichung des Geſammtlebens
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/160>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.