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Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.

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Lilium. Fritillaria.
gegeben hat, so müssen auch alle sechs zur Befruchtung dersel-
ben das Ihrige beytragen. Nun berührt aber das Stigma nur
Eine oder zwey. Folglich kann es auch nicht die Absicht seyn,
daß durch diese unmittelbare Berührung, sondern auf eine andre
Art der Staub der Antheren auf das Stigma gebracht werde.

Daß aber die andere Pflanze, mit welcher ich jenen Ver-
such nicht angestellt hatte, keine Samenkapseln hervorgebracht
hat, schreibe ich ihrem Alter, oder einer Krankheit derselben
zu. Ihre Blätter schienen eines von beiden anzuzeigen, da sie
nicht so grün, wie die Blätter der anderen Pflanze, sondern
etwas gelb waren.

Lilium bulbiferum. Feuerlilie.

3. Weil diese Blume aufrecht steht, so sind die Spalten,
welche den Saft enthalten, mit Haaren besetzt, und die Kro-
nenblätter haben auf der inneren Seite aufrecht stehende
Zähne. Beides dient zur Abhaltung der Regentropfen vom
Saft.

4. Die Blume hat ein Saftmaal. Denn die feuerfarbene
Krone ist in der Mitte gelb. Beide Farben verlieren sich nach
und nach in einander.

Lilium candidum. Weiße Lilie. Bey dieser Art sind
die Spalten nicht vorhanden, welche Linne der Gattung zu-
schreibt. Die Kronenblätter sondern auf der inneren Seite
ihrer dickeren Nägel, welche in der Mitte ein wenig grünlich
sind, einen kleinen Safttropfen ab, welcher auch daselbst sitzen
bleibt.

Diese drey Arten enthalten weit weniger Saft, als man
von so großen Blumen erwarten sollte. Daher scheint Gle-
ditsch
denselben gar nicht bemerkt zu haben, S. 223.

Fritillaria.

Fritillaria imperialis. Kaiserkrone. Tab. XI.
24. 25.

24. Die Basis eines Kronenblatts im Durchschnitt.

25. Die innere Seite derselben.

1. Die fleischichte glatte ausgehöhlte weiße Saftdrüse be-
findet sich an der Basis eines jeden Kronenblatts. Zerschneidet
man dieselbe, so sieht die Substanz derselben auch weiß aus.
Die Kronenblätter bestehen aus zwey Häuten, welche durch
Nerven mit einander verbunden sind. Von diesen Häuten
zieht sich zwar die äußere über die Saftdrüse hinweg, keines-
weges aber die innere, welche vielmehr eine Lücke von der
Grösse und Gestalt der Saftdrüse hat.

2. Eben diese Saftdrüse ist zugleich der Safthalter. Sie
hat unterwärts einen dicken schwielichten Rand, damit der
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Fritillaria.
Saft nicht leicht aus derselben heraus, und am Kronenblatt
herabfließen könne.

3. Der Saft kann durch den Regen unmöglich verdorben
werden. Denn 1) die Blumen werden von dem über ihnen
stehenden Blätterzopf geschützt. 2) Sie haben eine glockenför-
mige Gestalt, und hangen grade herab. 3) Die drey äußeren
Kronenblätter bedecken zum Theil die drey inneren.

4. Die sechs Saftdrüsen sind zugleich so viel Saftmäler.
Denn sie sind weiß, da die Kronenblätter roth, an der Basis
aber schwarzbraun sind, damit die weiße Farbe der Saftdrüsen
sich desto stärker ausnehme.

5. Ich habe Bienen und Hummeln in den Blumen an-
getroffen. Jene samleten zuerst den Staub der Antheren, und
krochen hernach in den Grund der Krone hinauf, um den
Saft abzuholen. Diese, welche von einerley Art waren, hin-
gegen blieben bloß auf den Antheren, deren Staub sie ab-
streiften, und eben so, wie die Bienen, auf die Hinterbeine
brachten. Eine derselben hatte die Hinterbeine voll rothen
Staubes, welchen sie vom Lamium purpureum gesamlet hatte.
Diesen überzog sie nach und nach mit dem weißen Staube der
Fritillaria. Nichts ist natürlicher, ja nothwendiger, als daß
diese Insekten, indem sie zwischen den Antheren wühlen, einen
Theil ihres Staubes auf das nahe unter denselben befindliche
Stigma bringen, und auf solche Art die Blumen befruchten.

Wahlboom macht S. 253. in Ansehung dieser und ei-
niger anderen herabhangenden Blumen folgenden Schluß:
Weil der Griffel länger ist, als die Staubgefäße, so hangen
die Blumen herab, damit der Staub derselben desto leichter
auf das Stigma fallen könne. Ich hingegen schließe so:
Weil der Saft vor dem Regen beschützt seyn muß, so hangen
die Blumen herab. Der Griffel aber ist anfangs, wann die
Antheren sich zu öffnen anfangen, nicht länger, als die Staub-
gefäße, er verlängert sich erst, wann die Antheren sich völlig
geöffnet haben, und sich nach und nach verkürzen. Daß aber
der Antherenstaub, wenn das Stigma auch noch niedriger
stünde, dennoch nicht leicht auf dasselbe fallen könne, erhellt
daraus, daß dasselbe dem herabfallenden Staube nicht zuge-
kehrt ist. Es theilt sich zwar in drey Theile; diese begeben sich
aber nur ein wenig von einander, und krümmen sich nicht ober-
wärts herum, welches doch geschehen müßte, wenn sie den her-
abfallenden Staub auffangen sollten.

An einem warmen Tage fand ich in der Mittagsstunde viel
Bienen auf den Blumen. Sie hatten den Saft derselben
schon völlig verzehrt; denn die Safthöhlen waren leer und
trocken. Ich pflückte einige Blumen ab, nahm sie mit nach

[Spaltenumbruch]

Lilium. Fritillaria.
gegeben hat, ſo muͤſſen auch alle ſechs zur Befruchtung derſel-
ben das Ihrige beytragen. Nun beruͤhrt aber das Stigma nur
Eine oder zwey. Folglich kann es auch nicht die Abſicht ſeyn,
daß durch dieſe unmittelbare Beruͤhrung, ſondern auf eine andre
Art der Staub der Antheren auf das Stigma gebracht werde.

Daß aber die andere Pflanze, mit welcher ich jenen Ver-
ſuch nicht angeſtellt hatte, keine Samenkapſeln hervorgebracht
hat, ſchreibe ich ihrem Alter, oder einer Krankheit derſelben
zu. Ihre Blaͤtter ſchienen eines von beiden anzuzeigen, da ſie
nicht ſo gruͤn, wie die Blaͤtter der anderen Pflanze, ſondern
etwas gelb waren.

Lilium bulbiferum. Feuerlilie.

3. Weil dieſe Blume aufrecht ſteht, ſo ſind die Spalten,
welche den Saft enthalten, mit Haaren beſetzt, und die Kro-
nenblaͤtter haben auf der inneren Seite aufrecht ſtehende
Zaͤhne. Beides dient zur Abhaltung der Regentropfen vom
Saft.

4. Die Blume hat ein Saftmaal. Denn die feuerfarbene
Krone iſt in der Mitte gelb. Beide Farben verlieren ſich nach
und nach in einander.

Lilium candidum. Weiße Lilie. Bey dieſer Art ſind
die Spalten nicht vorhanden, welche Linné der Gattung zu-
ſchreibt. Die Kronenblaͤtter ſondern auf der inneren Seite
ihrer dickeren Naͤgel, welche in der Mitte ein wenig gruͤnlich
ſind, einen kleinen Safttropfen ab, welcher auch daſelbſt ſitzen
bleibt.

Dieſe drey Arten enthalten weit weniger Saft, als man
von ſo großen Blumen erwarten ſollte. Daher ſcheint Gle-
ditſch
denſelben gar nicht bemerkt zu haben, S. 223.

Fritillaria.

Fritillaria imperialis. Kaiſerkrone. Tab. XI.
24. 25.

24. Die Baſis eines Kronenblatts im Durchſchnitt.

25. Die innere Seite derſelben.

1. Die fleiſchichte glatte ausgehoͤhlte weiße Saftdruͤſe be-
findet ſich an der Baſis eines jeden Kronenblatts. Zerſchneidet
man dieſelbe, ſo ſieht die Subſtanz derſelben auch weiß aus.
Die Kronenblaͤtter beſtehen aus zwey Haͤuten, welche durch
Nerven mit einander verbunden ſind. Von dieſen Haͤuten
zieht ſich zwar die aͤußere uͤber die Saftdruͤſe hinweg, keines-
weges aber die innere, welche vielmehr eine Luͤcke von der
Groͤſſe und Geſtalt der Saftdruͤſe hat.

2. Eben dieſe Saftdruͤſe iſt zugleich der Safthalter. Sie
hat unterwaͤrts einen dicken ſchwielichten Rand, damit der
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Fritillaria.
Saft nicht leicht aus derſelben heraus, und am Kronenblatt
herabfließen koͤnne.

3. Der Saft kann durch den Regen unmoͤglich verdorben
werden. Denn 1) die Blumen werden von dem uͤber ihnen
ſtehenden Blaͤtterzopf geſchuͤtzt. 2) Sie haben eine glockenfoͤr-
mige Geſtalt, und hangen grade herab. 3) Die drey aͤußeren
Kronenblaͤtter bedecken zum Theil die drey inneren.

4. Die ſechs Saftdruͤſen ſind zugleich ſo viel Saftmaͤler.
Denn ſie ſind weiß, da die Kronenblaͤtter roth, an der Baſis
aber ſchwarzbraun ſind, damit die weiße Farbe der Saftdruͤſen
ſich deſto ſtaͤrker ausnehme.

5. Ich habe Bienen und Hummeln in den Blumen an-
getroffen. Jene ſamleten zuerſt den Staub der Antheren, und
krochen hernach in den Grund der Krone hinauf, um den
Saft abzuholen. Dieſe, welche von einerley Art waren, hin-
gegen blieben bloß auf den Antheren, deren Staub ſie ab-
ſtreiften, und eben ſo, wie die Bienen, auf die Hinterbeine
brachten. Eine derſelben hatte die Hinterbeine voll rothen
Staubes, welchen ſie vom Lamium purpureum geſamlet hatte.
Dieſen uͤberzog ſie nach und nach mit dem weißen Staube der
Fritillaria. Nichts iſt natuͤrlicher, ja nothwendiger, als daß
dieſe Inſekten, indem ſie zwiſchen den Antheren wuͤhlen, einen
Theil ihres Staubes auf das nahe unter denſelben befindliche
Stigma bringen, und auf ſolche Art die Blumen befruchten.

Wahlboom macht S. 253. in Anſehung dieſer und ei-
niger anderen herabhangenden Blumen folgenden Schluß:
Weil der Griffel laͤnger iſt, als die Staubgefaͤße, ſo hangen
die Blumen herab, damit der Staub derſelben deſto leichter
auf das Stigma fallen koͤnne. Ich hingegen ſchließe ſo:
Weil der Saft vor dem Regen beſchuͤtzt ſeyn muß, ſo hangen
die Blumen herab. Der Griffel aber iſt anfangs, wann die
Antheren ſich zu oͤffnen anfangen, nicht laͤnger, als die Staub-
gefaͤße, er verlaͤngert ſich erſt, wann die Antheren ſich voͤllig
geoͤffnet haben, und ſich nach und nach verkuͤrzen. Daß aber
der Antherenſtaub, wenn das Stigma auch noch niedriger
ſtuͤnde, dennoch nicht leicht auf daſſelbe fallen koͤnne, erhellt
daraus, daß daſſelbe dem herabfallenden Staube nicht zuge-
kehrt iſt. Es theilt ſich zwar in drey Theile; dieſe begeben ſich
aber nur ein wenig von einander, und kruͤmmen ſich nicht ober-
waͤrts herum, welches doch geſchehen muͤßte, wenn ſie den her-
abfallenden Staub auffangen ſollten.

An einem warmen Tage fand ich in der Mittagsſtunde viel
Bienen auf den Blumen. Sie hatten den Saft derſelben
ſchon voͤllig verzehrt; denn die Safthoͤhlen waren leer und
trocken. Ich pfluͤckte einige Blumen ab, nahm ſie mit nach

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[[107]/0107] Lilium. Fritillaria. Fritillaria. gegeben hat, ſo muͤſſen auch alle ſechs zur Befruchtung derſel- ben das Ihrige beytragen. Nun beruͤhrt aber das Stigma nur Eine oder zwey. Folglich kann es auch nicht die Abſicht ſeyn, daß durch dieſe unmittelbare Beruͤhrung, ſondern auf eine andre Art der Staub der Antheren auf das Stigma gebracht werde. Daß aber die andere Pflanze, mit welcher ich jenen Ver- ſuch nicht angeſtellt hatte, keine Samenkapſeln hervorgebracht hat, ſchreibe ich ihrem Alter, oder einer Krankheit derſelben zu. Ihre Blaͤtter ſchienen eines von beiden anzuzeigen, da ſie nicht ſo gruͤn, wie die Blaͤtter der anderen Pflanze, ſondern etwas gelb waren. Lilium bulbiferum. Feuerlilie. 3. Weil dieſe Blume aufrecht ſteht, ſo ſind die Spalten, welche den Saft enthalten, mit Haaren beſetzt, und die Kro- nenblaͤtter haben auf der inneren Seite aufrecht ſtehende Zaͤhne. Beides dient zur Abhaltung der Regentropfen vom Saft. 4. Die Blume hat ein Saftmaal. Denn die feuerfarbene Krone iſt in der Mitte gelb. Beide Farben verlieren ſich nach und nach in einander. Lilium candidum. Weiße Lilie. Bey dieſer Art ſind die Spalten nicht vorhanden, welche Linné der Gattung zu- ſchreibt. Die Kronenblaͤtter ſondern auf der inneren Seite ihrer dickeren Naͤgel, welche in der Mitte ein wenig gruͤnlich ſind, einen kleinen Safttropfen ab, welcher auch daſelbſt ſitzen bleibt. Dieſe drey Arten enthalten weit weniger Saft, als man von ſo großen Blumen erwarten ſollte. Daher ſcheint Gle- ditſch denſelben gar nicht bemerkt zu haben, S. 223. Fritillaria. Fritillaria imperialis. Kaiſerkrone. Tab. XI. 24. 25. 24. Die Baſis eines Kronenblatts im Durchſchnitt. 25. Die innere Seite derſelben. 1. Die fleiſchichte glatte ausgehoͤhlte weiße Saftdruͤſe be- findet ſich an der Baſis eines jeden Kronenblatts. Zerſchneidet man dieſelbe, ſo ſieht die Subſtanz derſelben auch weiß aus. Die Kronenblaͤtter beſtehen aus zwey Haͤuten, welche durch Nerven mit einander verbunden ſind. Von dieſen Haͤuten zieht ſich zwar die aͤußere uͤber die Saftdruͤſe hinweg, keines- weges aber die innere, welche vielmehr eine Luͤcke von der Groͤſſe und Geſtalt der Saftdruͤſe hat. 2. Eben dieſe Saftdruͤſe iſt zugleich der Safthalter. Sie hat unterwaͤrts einen dicken ſchwielichten Rand, damit der Saft nicht leicht aus derſelben heraus, und am Kronenblatt herabfließen koͤnne. 3. Der Saft kann durch den Regen unmoͤglich verdorben werden. Denn 1) die Blumen werden von dem uͤber ihnen ſtehenden Blaͤtterzopf geſchuͤtzt. 2) Sie haben eine glockenfoͤr- mige Geſtalt, und hangen grade herab. 3) Die drey aͤußeren Kronenblaͤtter bedecken zum Theil die drey inneren. 4. Die ſechs Saftdruͤſen ſind zugleich ſo viel Saftmaͤler. Denn ſie ſind weiß, da die Kronenblaͤtter roth, an der Baſis aber ſchwarzbraun ſind, damit die weiße Farbe der Saftdruͤſen ſich deſto ſtaͤrker ausnehme. 5. Ich habe Bienen und Hummeln in den Blumen an- getroffen. Jene ſamleten zuerſt den Staub der Antheren, und krochen hernach in den Grund der Krone hinauf, um den Saft abzuholen. Dieſe, welche von einerley Art waren, hin- gegen blieben bloß auf den Antheren, deren Staub ſie ab- ſtreiften, und eben ſo, wie die Bienen, auf die Hinterbeine brachten. Eine derſelben hatte die Hinterbeine voll rothen Staubes, welchen ſie vom Lamium purpureum geſamlet hatte. Dieſen uͤberzog ſie nach und nach mit dem weißen Staube der Fritillaria. Nichts iſt natuͤrlicher, ja nothwendiger, als daß dieſe Inſekten, indem ſie zwiſchen den Antheren wuͤhlen, einen Theil ihres Staubes auf das nahe unter denſelben befindliche Stigma bringen, und auf ſolche Art die Blumen befruchten. Wahlboom macht S. 253. in Anſehung dieſer und ei- niger anderen herabhangenden Blumen folgenden Schluß: Weil der Griffel laͤnger iſt, als die Staubgefaͤße, ſo hangen die Blumen herab, damit der Staub derſelben deſto leichter auf das Stigma fallen koͤnne. Ich hingegen ſchließe ſo: Weil der Saft vor dem Regen beſchuͤtzt ſeyn muß, ſo hangen die Blumen herab. Der Griffel aber iſt anfangs, wann die Antheren ſich zu oͤffnen anfangen, nicht laͤnger, als die Staub- gefaͤße, er verlaͤngert ſich erſt, wann die Antheren ſich voͤllig geoͤffnet haben, und ſich nach und nach verkuͤrzen. Daß aber der Antherenſtaub, wenn das Stigma auch noch niedriger ſtuͤnde, dennoch nicht leicht auf daſſelbe fallen koͤnne, erhellt daraus, daß daſſelbe dem herabfallenden Staube nicht zuge- kehrt iſt. Es theilt ſich zwar in drey Theile; dieſe begeben ſich aber nur ein wenig von einander, und kruͤmmen ſich nicht ober- waͤrts herum, welches doch geſchehen muͤßte, wenn ſie den her- abfallenden Staub auffangen ſollten. An einem warmen Tage fand ich in der Mittagsſtunde viel Bienen auf den Blumen. Sie hatten den Saft derſelben ſchon voͤllig verzehrt; denn die Safthoͤhlen waren leer und trocken. Ich pfluͤckte einige Blumen ab, nahm ſie mit nach

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Zitationshilfe: Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793, S. [107]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sprengel_blumen_1793/107>, abgerufen am 21.11.2024.