Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.Theatralischer Anhang. Den Beschluß der ersten Handlung machet Laster und Tugend. Laster. So recht! Herr Livio, mein Sclav und Knecht, Jst nun durch meine List gefangen, So muß man seinen Zweck erlangen. Cleander ist gestürtzt. Nur meine List, Die über alles ist, Hat ihm sein Lebens-Ziel verkürtzt, Wie nach? denn seine schöne Jugend, Die liebte dich, verhaßte Tugend, Denn wer dich liebt, der ist mein Feind, Und wer dich haßt, der ist mein Freund. Auch hab ich schon Eleonoren, Weil sie dich hertzlich liebt, Und dir ihr Hertz zu eigen giebt, So Tod, als Untergang, geschworen. Tugend. Geh, verdammte Läster-Zunge, Tugend-Feindin, falscher Drach, Ob es dir gleich itzt gelunge, Bringest du gleich Ungemach, Die Erfahrung kan bezeigen, Jch muß stets am höchsten steigen, Mir glückt alles mit der Zeit, Mich nährt die Zufriedenheit. Aber dich ohn allen Zweifel, Der
Theatraliſcher Anhang. Den Beſchluß der erſten Handlung machet Laſter und Tugend. Laſter. So recht! Herr Livio, mein Sclav und Knecht, Jſt nun durch meine Liſt gefangen, So muß man ſeinen Zweck erlangen. Cleander iſt geſtuͤrtzt. Nur meine Liſt, Die uͤber alles iſt, Hat ihm ſein Lebens-Ziel verkuͤrtzt, Wie nach? denn ſeine ſchoͤne Jugend, Die liebte dich, verhaßte Tugend, Denn wer dich liebt, der iſt mein Feind, Und wer dich haßt, der iſt mein Freund. Auch hab ich ſchon Eleonoren, Weil ſie dich hertzlich liebt, Und dir ihr Hertz zu eigen giebt, So Tod, als Untergang, geſchworen. Tugend. Geh, verdammte Laͤſter-Zunge, Tugend-Feindin, falſcher Drach, Ob es dir gleich itzt gelunge, Bringeſt du gleich Ungemach, Die Erfahrung kan bezeigen, Jch muß ſtets am hoͤchſten ſteigen, Mir gluͤckt alles mit der Zeit, Mich naͤhrt die Zufriedenheit. Aber dich ohn allen Zweifel, Der
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Theatraliſcher Anhang.
Den
Beſchluß der erſten Handlung
machet Laſter und Tugend.
Laſter.
So recht!
Herr Livio, mein Sclav und Knecht,
Jſt nun durch meine Liſt gefangen,
So muß man ſeinen Zweck erlangen.
Cleander iſt geſtuͤrtzt.
Nur meine Liſt,
Die uͤber alles iſt,
Hat ihm ſein Lebens-Ziel verkuͤrtzt,
Wie nach? denn ſeine ſchoͤne Jugend,
Die liebte dich, verhaßte Tugend,
Denn wer dich liebt, der iſt mein Feind,
Und wer dich haßt, der iſt mein Freund.
Auch hab ich ſchon Eleonoren,
Weil ſie dich hertzlich liebt,
Und dir ihr Hertz zu eigen giebt,
So Tod, als Untergang, geſchworen.
Tugend.
Geh, verdammte Laͤſter-Zunge,
Tugend-Feindin, falſcher Drach,
Ob es dir gleich itzt gelunge,
Bringeſt du gleich Ungemach,
Die Erfahrung kan bezeigen,
Jch muß ſtets am hoͤchſten ſteigen,
Mir gluͤckt alles mit der Zeit,
Mich naͤhrt die Zufriedenheit.
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