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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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zu ihrer verunglimpffung dieses stückleins
bedienet.

Wann nun in denen Ständen so viel
zu bessern die die meisten solten regieren/
und zu der wahren Gottseligkeit führen/
als ist freylich leicht zu erachten/ wie es
dann in dem dritten und Hauß-stand be-
stellet seyn müsse? Nehmlich wie pag. 35.
geklagt wird/ daß man der Reglen Christi
keine in offenem schwang und übung
siehet. Und heisset es wol mit Micha/ der
beste unter ihnen ist wie ein Dorn/ und
der redlichste wie ein Hecke. So offt Jch
die erste Epistel Johannis lese/ gestehe ich
mit seufftzen/ daß mir die Haar gen berge
stehen/ wann Jch nach derselben schlies-
sen muß/ daß unter so viel tausend Luthe-
ranern die wenigste CHristi Jünger seyn/
weil die erforderte Frucht-bringende
Hertzens-Lieb gegen den Nächsten so
gar nicht nach GOttes willen geübet wird:
Und hätte Jch das vertrauen zu GOTT
nicht/ daß viel derselben auff ihrem siech-
und Todtes-bett erleuchtet und bekehret
würden/ solte mich in wahrheit die schwer-
muth leicht unterdrücken. Von vielen

sagt

zu ihrer verunglimpffung dieſes ſtuͤckleins
bedienet.

Wann nun in denen Staͤnden ſo viel
zu beſſern die die meiſten ſolten regieren/
und zu der wahren Gottſeligkeit fuͤhren/
als iſt freylich leicht zu erachten/ wie es
dann in dem dritten und Hauß-ſtand be-
ſtellet ſeyn muͤſſe? Nehmlich wie pag. 35.
geklagt wird/ daß man der Reglen Chriſti
keine in offenem ſchwang und uͤbung
ſiehet. Und heiſſet es wol mit Micha/ der
beſte unter ihnen iſt wie ein Dorn/ und
der redlichſte wie ein Hecke. So offt Jch
die erſte Epiſtel Johannis leſe/ geſtehe ich
mit ſeufftzen/ daß mir die Haar gen berge
ſtehen/ wann Jch nach derſelben ſchlieſ-
ſen muß/ daß unter ſo viel tauſend Luthe-
ranern die wenigſte CHriſti Juͤnger ſeyn/
weil die erforderte Frucht-bringende
Hertzens-Lieb gegen den Naͤchſten ſo
gar nicht nach GOttes willen geübet wird:
Und haͤtte Jch das vertrauen zu GOTT
nicht/ daß viel derſelben auff ihrem ſiech-
und Todtes-bett erleuchtet und bekehret
wuͤrden/ ſolte mich in wahrheit die ſchwer-
muth leicht unterdruͤcken. Von vielen

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[178/0204] zu ihrer verunglimpffung dieſes ſtuͤckleins bedienet. Wann nun in denen Staͤnden ſo viel zu beſſern die die meiſten ſolten regieren/ und zu der wahren Gottſeligkeit fuͤhren/ als iſt freylich leicht zu erachten/ wie es dann in dem dritten und Hauß-ſtand be- ſtellet ſeyn muͤſſe? Nehmlich wie pag. 35. geklagt wird/ daß man der Reglen Chriſti keine in offenem ſchwang und uͤbung ſiehet. Und heiſſet es wol mit Micha/ der beſte unter ihnen iſt wie ein Dorn/ und der redlichſte wie ein Hecke. So offt Jch die erſte Epiſtel Johannis leſe/ geſtehe ich mit ſeufftzen/ daß mir die Haar gen berge ſtehen/ wann Jch nach derſelben ſchlieſ- ſen muß/ daß unter ſo viel tauſend Luthe- ranern die wenigſte CHriſti Juͤnger ſeyn/ weil die erforderte Frucht-bringende Hertzens-Lieb gegen den Naͤchſten ſo gar nicht nach GOttes willen geübet wird: Und haͤtte Jch das vertrauen zu GOTT nicht/ daß viel derſelben auff ihrem ſiech- und Todtes-bett erleuchtet und bekehret wuͤrden/ ſolte mich in wahrheit die ſchwer- muth leicht unterdruͤcken. Von vielen ſagt

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/204>, abgerufen am 26.04.2024.