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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. I. SECT. IV.
ihn zu verhalten haben, Wie nun das straffen solle aus liebe und nach dersel-
ben geschehen, so ist noch letzlich zu bemercken, daß es auch solle geschehen, mit
liebe und sanfftmuth ohne übereilung fleischlicher Affecten, und vermischung
fremdes feuers mit dem heiligen; wiewol wo es aus liebreichem hertzen und
absicht geschihet, etwa diese erinnerung so nöthig nicht seyn, sondern was uns
zu dem richten gebracht, auch in demselben maaß zu halten lehren wird. Der
HERR gebe uns allen die gnade, daß wir uns jeglicher selbs auf das genau-
este und ohne schmeicheley, so dann uns untereinander aus, in und nach der
liebe allein zu seiner ehre und unserer besserung richten mögen, auf daß wir
nicht von ihm dörffen gerichtet werden. Amen. 167.

SECTIO IV.
Von erkäntnüß der dreyen personen in dem
alten Testament.

DAß einige über die dem seligen Herrn Schaden gehaltene leich-pre-
digt gelästert, und solche dinge mir daraus beygemessen, deren gegen-
theil austrücklich darinnen stehet, wundere mich so viel weniger, als
ich bishero feindseliger leute art erfahren habe, die offte von ihrer gall einge-
nommen, fast nicht vor derselben erkennen können, was vor augen ist.
Wann dann derselbe selbs eine offenbahre lästerung widerleget hat, dafür
auch dancke, ist nicht nöthig, ein wort weiter darvon hinzu zuthun. Was
aber etlicher Christlicher leute noch übriges dubium über p. 11. der leichpre-
digt anlangt, da diese consequenz daraus gemachet werden wolle: könnte
man im neuen Testament an der offenbahrung des geheimnüsses der drey
personen nicht zweiffeln E. so hätte man im alten Testament daran zweiffeln
können, da doch bey dem seligmachenden glauben kein zweiffel wäre &c. und
einigen meine wort dunckel scheinen wollen, habe dienlich erachtet, deren rich-
tigen verstand zu zeigen, ob ich wohl gehofft, daß ein auf die Constructiones
achtgebender leser denselben sehen können. So lauten meine wort also:
Welches geheimnüß der drey personen in dem alten Testament ob
wol nicht mit gleichem licht als in dem neuen (da sich nunmehro
die eine person, der sohn, auf sonderbahre art, und also, daß nie-
mand zweifeln könnte, daß er von dem vater eins unterschiedene
person wäre, geoffenbahret hat, so in dem alten Testament noch
nicht geschehen war) gleichwohl so viel, daß gläubige Jsraeliten ihn
also erkennen konnten, geoffenbahret worden war.
Hier lehre ich
folgendes, 1. Es ist das geheimnüß der drey personen in beyden Testa-

men-

ARTIC. I. SECT. IV.
ihn zu verhalten haben, Wie nun das ſtraffen ſolle aus liebe und nach derſel-
ben geſchehen, ſo iſt noch letzlich zu bemercken, daß es auch ſolle geſchehen, mit
liebe und ſanfftmuth ohne uͤbereilung fleiſchlicher Affecten, und vermiſchung
fremdes feuers mit dem heiligen; wiewol wo es aus liebreichem hertzen und
abſicht geſchihet, etwa dieſe erinnerung ſo noͤthig nicht ſeyn, ſondern was uns
zu dem richten gebracht, auch in demſelben maaß zu halten lehren wird. Der
HERR gebe uns allen die gnade, daß wir uns jeglicher ſelbs auf das genau-
eſte und ohne ſchmeicheley, ſo dann uns untereinander aus, in und nach der
liebe allein zu ſeiner ehre und unſerer beſſerung richten moͤgen, auf daß wir
nicht von ihm doͤrffen gerichtet werden. Amen. 167.

SECTIO IV.
Von erkaͤntnuͤß der dreyen perſonen in dem
alten Teſtament.

DAß einige uͤber die dem ſeligen Herrn Schaden gehaltene leich-pre-
digt gelaͤſtert, und ſolche dinge mir daraus beygemeſſen, deren gegen-
theil austruͤcklich darinnen ſtehet, wundere mich ſo viel weniger, als
ich bishero feindſeliger leute art erfahren habe, die offte von ihrer gall einge-
nommen, faſt nicht vor derſelben erkennen koͤnnen, was vor augen iſt.
Wann dann derſelbe ſelbs eine offenbahre laͤſterung widerleget hat, dafuͤr
auch dancke, iſt nicht noͤthig, ein wort weiter darvon hinzu zuthun. Was
aber etlicher Chriſtlicher leute noch uͤbriges dubium uͤber p. 11. der leichpre-
digt anlangt, da dieſe conſequenz daraus gemachet werden wolle: koͤnnte
man im neuen Teſtament an der offenbahrung des geheimnuͤſſes der drey
perſonen nicht zweiffeln E. ſo haͤtte man im alten Teſtament daran zweiffeln
koͤnnen, da doch bey dem ſeligmachenden glauben kein zweiffel waͤre &c. und
einigen meine wort dunckel ſcheinen wollen, habe dienlich erachtet, deren rich-
tigen verſtand zu zeigen, ob ich wohl gehofft, daß ein auf die Conſtructiones
achtgebender leſer denſelben ſehen koͤnnen. So lauten meine wort alſo:
Welches geheimnuͤß der drey perſonen in dem alten Teſtament ob
wol nicht mit gleichem licht als in dem neuen (da ſich nunmehro
die eine perſon, der ſohn, auf ſonderbahre art, und alſo, daß nie-
mand zweifeln koͤnnte, daß er von dem vater eins unterſchiedene
perſon waͤre, geoffenbahret hat, ſo in dem alten Teſtament noch
nicht geſchehen war) gleichwohl ſo viel, daß glaͤubige Jſraeliten ihn
alſo erkennen konnten, geoffenbahret worden war.
Hier lehre ich
folgendes, 1. Es iſt das geheimnuͤß der drey perſonen in beyden Teſta-

men-
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[23/0035] ARTIC. I. SECT. IV. ihn zu verhalten haben, Wie nun das ſtraffen ſolle aus liebe und nach derſel- ben geſchehen, ſo iſt noch letzlich zu bemercken, daß es auch ſolle geſchehen, mit liebe und ſanfftmuth ohne uͤbereilung fleiſchlicher Affecten, und vermiſchung fremdes feuers mit dem heiligen; wiewol wo es aus liebreichem hertzen und abſicht geſchihet, etwa dieſe erinnerung ſo noͤthig nicht ſeyn, ſondern was uns zu dem richten gebracht, auch in demſelben maaß zu halten lehren wird. Der HERR gebe uns allen die gnade, daß wir uns jeglicher ſelbs auf das genau- eſte und ohne ſchmeicheley, ſo dann uns untereinander aus, in und nach der liebe allein zu ſeiner ehre und unſerer beſſerung richten moͤgen, auf daß wir nicht von ihm doͤrffen gerichtet werden. Amen. 167. SECTIO IV. Von erkaͤntnuͤß der dreyen perſonen in dem alten Teſtament. DAß einige uͤber die dem ſeligen Herrn Schaden gehaltene leich-pre- digt gelaͤſtert, und ſolche dinge mir daraus beygemeſſen, deren gegen- theil austruͤcklich darinnen ſtehet, wundere mich ſo viel weniger, als ich bishero feindſeliger leute art erfahren habe, die offte von ihrer gall einge- nommen, faſt nicht vor derſelben erkennen koͤnnen, was vor augen iſt. Wann dann derſelbe ſelbs eine offenbahre laͤſterung widerleget hat, dafuͤr auch dancke, iſt nicht noͤthig, ein wort weiter darvon hinzu zuthun. Was aber etlicher Chriſtlicher leute noch uͤbriges dubium uͤber p. 11. der leichpre- digt anlangt, da dieſe conſequenz daraus gemachet werden wolle: koͤnnte man im neuen Teſtament an der offenbahrung des geheimnuͤſſes der drey perſonen nicht zweiffeln E. ſo haͤtte man im alten Teſtament daran zweiffeln koͤnnen, da doch bey dem ſeligmachenden glauben kein zweiffel waͤre &c. und einigen meine wort dunckel ſcheinen wollen, habe dienlich erachtet, deren rich- tigen verſtand zu zeigen, ob ich wohl gehofft, daß ein auf die Conſtructiones achtgebender leſer denſelben ſehen koͤnnen. So lauten meine wort alſo: Welches geheimnuͤß der drey perſonen in dem alten Teſtament ob wol nicht mit gleichem licht als in dem neuen (da ſich nunmehro die eine perſon, der ſohn, auf ſonderbahre art, und alſo, daß nie- mand zweifeln koͤnnte, daß er von dem vater eins unterſchiedene perſon waͤre, geoffenbahret hat, ſo in dem alten Teſtament noch nicht geſchehen war) gleichwohl ſo viel, daß glaͤubige Jſraeliten ihn alſo erkennen konnten, geoffenbahret worden war. Hier lehre ich folgendes, 1. Es iſt das geheimnuͤß der drey perſonen in beyden Teſta- men-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/35>, abgerufen am 26.04.2024.