des grundes zu einer hertzlichen buß und einem nochmal rechtschaffenen wesen raum bekommen hat. So weiß und gütig ist unser GOTT, welcher auch aus dem gifft eine heilsame artzney machet. Ach daß wir seine wunderbare güte in al- len stücken an uns und andern allezeit recht erkennen, und seinen namen darüber erheben! Daß der vormalige sturm in bewuster sache sich mit der zeit gelegt, war mir auch hertzlich lieb, wiewol es seiter verlauten wolte, daß aufs neue eine person, von dero dergleichen nicht geschehen sollen, denselben wiedrum etzlicher massen zu erneuern angefangen. Unser lieber vater öffne denen die augen, welche zuweilen ihren eiffer nicht an dem rechten ort anzulegen wissen und bewahr uns alle, daß wir niemal weder etwas wider unser eigen gewissen zu thun, noch auch einiger herrschaft über andere gewissen uns anzumassen unterstehen: indessen bey seinem wort ver- bleibende uns auch nichts selbsten nehmen, was uns nicht gegeben ist, so dann auch uns hertzlich hüten, auf keinerley wege auch durch besten schein uns von der einfalt in CHristo JESU abziehen zu lassen. Er heilige uns selbst in der wahrheit, sein wort ist die wahrheit, und der einige sichere grund unsers glaubens.
26. Nov. 1689.
SECTIO L. Als eine christliche adeliche Jungfrau einen prediger heyrathete.
JCh habe deroselben angenehmes zwar wohl, aber später, und also nachdem der angedeutete tag der trauung bereits verstrichen gewesen, empfangen, und daß ich also bald zu dem haupt innhalt schreite, nicht ungern, was wegen geänderten standes berichtet worden, vernommen. Denn ob ich wol den jung- fraulichen stand liebe und mit Paulo hoch achte, auch die uns noch bevorstehende trübsalen eine starcke motiv seyn solten, die resolution zu der verheyrathung de- nenjenigen, so noch frey sind, schwer zu machen, zu deme nicht leugne, daß eine und andere vortheile bey dem ledigen stand, was das geistliche anlanget sich befinden, die bey den verehligten schwerer erhalten werden: so werffe gleichwol nicht allein deswegen niemanden einen strick an das gewissen, und lasse billig jedermann in sei- ner von GOtt ihm vergönneten freyheit/ sich derselben nach christlicher befindung zu gebrauchen, sondern bin versichert, daß auch dieses ein stück des kindlichen ge- horsams ist, wo wir vorhin uns den ledigen stand, der seine bekante bequemlig-
kei-
Das ſiebende Capitel.
des grundes zu einer hertzlichen buß und einem nochmal rechtſchaffenen weſen raum bekommen hat. So weiß und guͤtig iſt unſer GOTT, welcher auch aus dem gifft eine heilſame artzney machet. Ach daß wir ſeine wunderbare guͤte in al- len ſtuͤcken an uns und andern allezeit recht erkennen, und ſeinen namen daruͤber erheben! Daß der vormalige ſturm in bewuſter ſache ſich mit der zeit gelegt, war mir auch hertzlich lieb, wiewol es ſeiter verlauten wolte, daß aufs neue eine perſon, von dero dergleichen nicht geſchehen ſollen, denſelben wiedrum etzlicher maſſen zu erneuern angefangen. Unſer lieber vater oͤffne denen die augen, welche zuweilen ihren eiffer nicht an dem rechten ort anzulegen wiſſen und bewahr uns alle, daß wir niemal weder etwas wider unſer eigen gewiſſen zu thun, noch auch einiger herrſchaft uͤber andere gewiſſen uns anzumaſſen unterſtehen: indeſſen bey ſeinem wort ver- bleibende uns auch nichts ſelbſten nehmen, was uns nicht gegeben iſt, ſo dann auch uns hertzlich huͤten, auf keinerley wege auch durch beſten ſchein uns von der einfalt in CHriſto JESU abziehen zu laſſen. Er heilige uns ſelbſt in der wahrheit, ſein wort iſt die wahrheit, und der einige ſichere grund unſers glaubens.
26. Nov. 1689.
SECTIO L. Als eine chriſtliche adeliche Jungfrau einen prediger heyrathete.
JCh habe deroſelben angenehmes zwar wohl, aber ſpaͤter, und alſo nachdem der angedeutete tag der trauung bereits verſtrichen geweſen, empfangen, und daß ich alſo bald zu dem haupt innhalt ſchreite, nicht ungern, was wegen geaͤnderten ſtandes berichtet worden, vernommen. Denn ob ich wol den jung- fraulichen ſtand liebe und mit Paulo hoch achte, auch die uns noch bevorſtehende truͤbſalen eine ſtarcke motiv ſeyn ſolten, die reſolution zu der verheyrathung de- nenjenigen, ſo noch frey ſind, ſchwer zu machen, zu deme nicht leugne, daß eine und andere vortheile bey dem ledigen ſtand, was das geiſtliche anlanget ſich befinden, die bey den verehligten ſchwerer erhalten werden: ſo werffe gleichwol nicht allein deswegen niemanden einen ſtrick an das gewiſſen, und laſſe billig jedermann in ſei- ner von GOtt ihm vergoͤnneten freyheit/ ſich derſelben nach chriſtlicher befindung zu gebrauchen, ſondern bin verſichert, daß auch dieſes ein ſtuͤck des kindlichen ge- horſams iſt, wo wir vorhin uns den ledigen ſtand, der ſeine bekante bequemlig-
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Das ſiebende Capitel.
des grundes zu einer hertzlichen buß und einem nochmal rechtſchaffenen weſen
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dem gifft eine heilſame artzney machet. Ach daß wir ſeine wunderbare guͤte in al-
len ſtuͤcken an uns und andern allezeit recht erkennen, und ſeinen namen daruͤber
erheben! Daß der vormalige ſturm in bewuſter ſache ſich mit der zeit gelegt, war
mir auch hertzlich lieb, wiewol es ſeiter verlauten wolte, daß aufs neue eine perſon,
von dero dergleichen nicht geſchehen ſollen, denſelben wiedrum etzlicher maſſen zu
erneuern angefangen. Unſer lieber vater oͤffne denen die augen, welche zuweilen
ihren eiffer nicht an dem rechten ort anzulegen wiſſen und bewahr uns alle, daß wir
niemal weder etwas wider unſer eigen gewiſſen zu thun, noch auch einiger herrſchaft
uͤber andere gewiſſen uns anzumaſſen unterſtehen: indeſſen bey ſeinem wort ver-
bleibende uns auch nichts ſelbſten nehmen, was uns nicht gegeben iſt, ſo dann auch
uns hertzlich huͤten, auf keinerley wege auch durch beſten ſchein uns von der einfalt
in CHriſto JESU abziehen zu laſſen. Er heilige uns ſelbſt in der wahrheit, ſein
wort iſt die wahrheit, und der einige ſichere grund unſers glaubens.
26. Nov. 1689.
SECTIO L.
Als eine chriſtliche adeliche Jungfrau einen
prediger heyrathete.
JCh habe deroſelben angenehmes zwar wohl, aber ſpaͤter, und alſo nachdem
der angedeutete tag der trauung bereits verſtrichen geweſen, empfangen,
und daß ich alſo bald zu dem haupt innhalt ſchreite, nicht ungern, was wegen
geaͤnderten ſtandes berichtet worden, vernommen. Denn ob ich wol den jung-
fraulichen ſtand liebe und mit Paulo hoch achte, auch die uns noch bevorſtehende
truͤbſalen eine ſtarcke motiv ſeyn ſolten, die reſolution zu der verheyrathung de-
nenjenigen, ſo noch frey ſind, ſchwer zu machen, zu deme nicht leugne, daß eine und
andere vortheile bey dem ledigen ſtand, was das geiſtliche anlanget ſich befinden,
die bey den verehligten ſchwerer erhalten werden: ſo werffe gleichwol nicht allein
deswegen niemanden einen ſtrick an das gewiſſen, und laſſe billig jedermann in ſei-
ner von GOtt ihm vergoͤnneten freyheit/ ſich derſelben nach chriſtlicher befindung
zu gebrauchen, ſondern bin verſichert, daß auch dieſes ein ſtuͤck des kindlichen ge-
horſams iſt, wo wir vorhin uns den ledigen ſtand, der ſeine bekante bequemlig-
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/666>, abgerufen am 21.11.2024.
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