nen selbst und der guten sache mehr anstoß setzen: daher wol gethan ist, daß Herr Z. fleißig der christlichen vorsichtigkeit und sanfftmuth, sonderlich sich vor allem harten urtheil der mitbrüder, damit man sich sehr versündiget, und in solche unge- legenheit stürtzen kan, aus dero nicht wol wider heraus zu kommen, treulich hüte, vermahnet wird. Der HERR verleyhe gnade dazu, wie auch ich meines orts an brüderlichen erinnerungen es nicht mangeln lassen will. Das dictum Hebr. 10, 25. hat wol in sich die verbindung der christen ihre versammlungen insgemein nicht zu verlassen, welches geschiehet, wo man diese oder jene versammlung der christen besuchet. Hingegen die verbindung der personen an gewisse kirchen oder versammlungen ist bloß juris ecclesi[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]stici, und keine nöthige folge jenes spruchs, daher ich sie weder gantz verwerffe, nachdem sie etlicher massen den unordnungen steuren kan, noch hingegen zu einem gefährlichen strick der gewissen und hinder- nüß mehrers guten machen lassen wolte. Massen alle menschliche ordnung, wie sie ihre gewisse nutzen haben, wo eine sache nicht zu hoch gespannet wird, eben deßwegen allezeit mit einer billichkeit gemäßiget werden solle, indem jeder allzuge- nauer rigor anstatt des nutzens schaden bringen könte.
2. Aug. 1689.
SECTIO XLI. An eine Jungfrau/ die in schwerer anfechtung über Ebr. 6. einen trost gesucht underlanget hatte/ als sie nunmehr dieselbe uberwunden. Ubergebung in göttli- chen willen zeit der anfechtung/ ein hoher grad göttlicher gnade.
JCh dancke billich der güte unsers himmlischen Vaters, welcher den anfang unserer christlichen correspondenz nicht ohne frucht gelassen; in der mir vorgelegten frag, was zu ihrer seelen beruhigung diensam gewesen mir in die feder gegeben, und es darauf an derselben gesegnet hat: wie es denn nicht die krafft meiner einfältigen worte seyn kan, sondern durch dieselbe des HErrn finger selbst gewesen seyn muß, der ihr hertz gerühret, und ihre angst, mit welcher er sie eine weile hat lassen kämpffen, ziemlich geendiget hat. Jch hoffe aber, sie wird mit mir er- kennen, daß nicht diese die einige oder vornehmste wohlthat, welche GOtt ihr him- lischer Vater in diesem werck ihr erzeiget habe, seye, sondern daß sie seine hertzliche
liebe
Das ſiebende Capitel.
nen ſelbſt und der guten ſache mehr anſtoß ſetzen: daher wol gethan iſt, daß Herr Z. fleißig der chriſtlichen vorſichtigkeit und ſanfftmuth, ſonderlich ſich vor allem harten urtheil der mitbruͤder, damit man ſich ſehr verſuͤndiget, und in ſolche unge- legenheit ſtuͤrtzen kan, aus dero nicht wol wider heraus zu kommen, treulich huͤte, vermahnet wird. Der HERR verleyhe gnade dazu, wie auch ich meines orts an bruͤderlichen erinnerungen es nicht mangeln laſſen will. Das dictum Hebr. 10, 25. hat wol in ſich die verbindung der chriſten ihre verſammlungen insgemein nicht zu verlaſſen, welches geſchiehet, wo man dieſe oder jene verſammlung der chriſten beſuchet. Hingegen die verbindung der perſonen an gewiſſe kirchen oder verſammlungen iſt bloß juris eccleſi[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ſtici, und keine noͤthige folge jenes ſpruchs, daher ich ſie weder gantz verwerffe, nachdem ſie etlicher maſſen den unordnungen ſteuren kan, noch hingegen zu einem gefaͤhrlichen ſtrick der gewiſſen und hinder- nuͤß mehrers guten machen laſſen wolte. Maſſen alle menſchliche ordnung, wie ſie ihre gewiſſe nutzen haben, wo eine ſache nicht zu hoch geſpannet wird, eben deßwegen allezeit mit einer billichkeit gemaͤßiget werden ſolle, indem jeder allzuge- nauer rigor anſtatt des nutzens ſchaden bringen koͤnte.
2. Aug. 1689.
SECTIO XLI. An eine Jungfrau/ die in ſchwerer anfechtung uͤber Ebr. 6. einen troſt geſucht underlanget hatte/ als ſie nunmehr dieſelbe uberwunden. Ubergebung in goͤttli- chen willen zeit der anfechtung/ ein hoher grad goͤttlicher gnade.
JCh dancke billich der guͤte unſers himmliſchen Vaters, welcher den anfang unſerer chriſtlichen correſpondenz nicht ohne frucht gelaſſen; in der mir vorgelegten frag, was zu ihrer ſeelen beruhigung dienſam geweſen mir in die feder gegeben, und es darauf an derſelben geſegnet hat: wie es denn nicht die krafft meiner einfaͤltigen worte ſeyn kan, ſondern durch dieſelbe des HErrn finger ſelbſt geweſen ſeyn muß, der ihr hertz geruͤhret, und ihre angſt, mit welcher er ſie eine weile hat laſſen kaͤmpffen, ziemlich geendiget hat. Jch hoffe aber, ſie wird mit mir er- kennen, daß nicht dieſe die einige oder vornehmſte wohlthat, welche GOtt ihr him- liſcher Vater in dieſem werck ihr erzeiget habe, ſeye, ſondern daß ſie ſeine hertzliche
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Das ſiebende Capitel.
nen ſelbſt und der guten ſache mehr anſtoß ſetzen: daher wol gethan iſt, daß Herr
Z. fleißig der chriſtlichen vorſichtigkeit und ſanfftmuth, ſonderlich ſich vor allem
harten urtheil der mitbruͤder, damit man ſich ſehr verſuͤndiget, und in ſolche unge-
legenheit ſtuͤrtzen kan, aus dero nicht wol wider heraus zu kommen, treulich huͤte,
vermahnet wird. Der HERR verleyhe gnade dazu, wie auch ich meines orts
an bruͤderlichen erinnerungen es nicht mangeln laſſen will. Das dictum Hebr.
10, 25. hat wol in ſich die verbindung der chriſten ihre verſammlungen insgemein
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nuͤß mehrers guten machen laſſen wolte. Maſſen alle menſchliche ordnung, wie
ſie ihre gewiſſe nutzen haben, wo eine ſache nicht zu hoch geſpannet wird, eben
deßwegen allezeit mit einer billichkeit gemaͤßiget werden ſolle, indem jeder allzuge-
nauer rigor anſtatt des nutzens ſchaden bringen koͤnte.
2. Aug. 1689.
SECTIO XLI.
An eine Jungfrau/ die in ſchwerer anfechtung
uͤber Ebr. 6. einen troſt geſucht underlanget hatte/ als ſie
nunmehr dieſelbe uberwunden. Ubergebung in goͤttli-
chen willen zeit der anfechtung/ ein hoher
grad goͤttlicher gnade.
JCh dancke billich der guͤte unſers himmliſchen Vaters, welcher den anfang
unſerer chriſtlichen correſpondenz nicht ohne frucht gelaſſen; in der mir
vorgelegten frag, was zu ihrer ſeelen beruhigung dienſam geweſen mir in
die feder gegeben, und es darauf an derſelben geſegnet hat: wie es denn nicht die
krafft meiner einfaͤltigen worte ſeyn kan, ſondern durch dieſelbe des HErrn finger
ſelbſt geweſen ſeyn muß, der ihr hertz geruͤhret, und ihre angſt, mit welcher er ſie eine
weile hat laſſen kaͤmpffen, ziemlich geendiget hat. Jch hoffe aber, ſie wird mit mir er-
kennen, daß nicht dieſe die einige oder vornehmſte wohlthat, welche GOtt ihr him-
liſcher Vater in dieſem werck ihr erzeiget habe, ſeye, ſondern daß ſie ſeine hertzliche
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/646>, abgerufen am 21.12.2024.
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