etwas desselben sich in weitzen verwandeln lasse. Die ehre aber einer rechten re- formation unsrer kirchen müssen wir unserm Heyland selbs lassen. Sie wird a- ber sorglich auf eine unserm fleisch fast unbeliebige art geschehen, und der HERR unser so verdorbenes Jerusalem durch Babel meistens niederwerffen lassen, aber es nach solcher harten trübsal aus seinen lebendigen steinen, an welchen wir itzt ar- beiten müssen, und dero bereitung vor das vornehmste unsrer frucht in dem amt zu halten haben, der HErr aber dieselbe in den grössesten verfolgungen auf ihm be- kante art zu bewahren wissen wird, aufs neue hingegen gantz herrlich und ihm ge- fällig wider aufbauen. Hiemit tröste ich mich in aller betrübnüß, über die greuel, so man sehen muß, und nicht mehr zu rathen weiß, daß ich da hindurch auf die zeiten des erlöseten Zions sehe, mich mit solcher hoffnung samt allen christlichen brüdern aufzurichten. Daher wir wol allezeit flehendlich aus Ps. 14. zu seuffzen haben, ach daß die hülffe aus Zion über Jsrael käme, und der HErr sein gefangen volck erlöse- te, so würde Jacob frölich seyn, und Jsrael sich freuen. Und aus Ps. 102, 14. Du woltest dich aufmachen und über Zion erbarmen. m. f. w. Wo wir also tag und nacht zu dem HErrn seuffzen werden, so wird er sich zu uns wenden, die tage des gerichts etwa verkürtzen, und uns sein heyl wider zeigen. Ach ja, er thue es, und verwandele der seinigen jammer-klage endlich in fröliche dancksagung vor seine gü- te und wahrheit.
11. Octob. 1688.
SECTIO XXVI. Von gesundheit-trincken. Gefahr etwas schlech- terdings zur sünde zu machen/ Eph. 2/ 5. 6.
DAs von dem vorigen monat habe wol erhalten, nicht aber das mit angedeu- tete, darinnen des gesundheittrinckens solle meldung gethan seyn. Weil je- doch vermuthe, die frage seye, ob solches vor sünde zu achten, so erkläre mich kurtz, daß es vor keine sünde an sich selbst halte, ob es wol offt eine gelegenheit zu sün- digen giebt. Also wäre es aus solcher ursach zu mißrathen, nicht aber schlechterdings als divino jure verboten zu erklären. Dabey wir versichert seyn müssen, daß wir bey den verächtern des guten uns sonderlich prostituiren, und sie in ihrem bösen stärcken, wo wir wider eine sache, welche wir nicht mit gnugsam bündigen argu- menten verboten zu seyn erweisen können, mit einiger hestigkeit eyffern. Dann sie nachmal, was wir auch sonsten treiben, und aus GOttes wort deutlich gnug eine sache darstellen, auch dieses unter dem vorwand, die theologi machten zur sünde, was sie wolten, in zweifel ziehen. Daher wir in solcher sache vorsichtig zu gehen ha- ben. Den spruch Ephes. 2. 5. 6. kan ich nicht anders als de praesenti und praeterito
ver-
ARTIC. V. SECTIO XXV.
etwas deſſelben ſich in weitzen verwandeln laſſe. Die ehre aber einer rechten re- formation unſrer kirchen muͤſſen wir unſerm Heyland ſelbs laſſen. Sie wird a- ber ſorglich auf eine unſerm fleiſch faſt unbeliebige art geſchehen, und der HERR unſer ſo verdorbenes Jeruſalem durch Babel meiſtens niederwerffen laſſen, aber es nach ſolcher harten truͤbſal aus ſeinen lebendigen ſteinen, an welchen wir itzt ar- beiten muͤſſen, und dero bereitung vor das vornehmſte unſrer frucht in dem amt zu halten haben, der HErr aber dieſelbe in den groͤſſeſten verfolgungen auf ihm be- kante art zu bewahren wiſſen wird, aufs neue hingegen gantz herrlich und ihm ge- faͤllig wider aufbauen. Hiemit troͤſte ich mich in aller betruͤbnuͤß, uͤber die greuel, ſo man ſehen muß, und nicht mehr zu rathen weiß, daß ich da hindurch auf die zeiten des erloͤſeten Zions ſehe, mich mit ſolcher hoffnung ſamt allen chriſtlichen bruͤdern aufzurichten. Daher wir wol allezeit flehendlich aus Pſ. 14. zu ſeuffzen haben, ach daß die huͤlffe aus Zion uͤber Jſrael kaͤme, und der HErr ſein gefangen volck erloͤſe- te, ſo wuͤrde Jacob froͤlich ſeyn, und Jſrael ſich freuen. Und aus Pſ. 102, 14. Du wolteſt dich aufmachen und uͤber Zion erbarmen. m. f. w. Wo wir alſo tag und nacht zu dem HErrn ſeuffzen werden, ſo wird er ſich zu uns wenden, die tage des gerichts etwa verkuͤrtzen, und uns ſein heyl wider zeigen. Ach ja, er thue es, und verwandele der ſeinigen jammer-klage endlich in froͤliche danckſagung vor ſeine guͤ- te und wahrheit.
11. Octob. 1688.
SECTIO XXVI. Von geſundheit-trincken. Gefahr etwas ſchlech- terdings zur ſuͤnde zu machen/ Eph. 2/ 5. 6.
DAs von dem vorigen monat habe wol erhalten, nicht aber das mit angedeu- tete, darinnen des geſundheittrinckens ſolle meldung gethan ſeyn. Weil je- doch vermuthe, die frage ſeye, ob ſolches vor ſuͤnde zu achten, ſo erklaͤre mich kurtz, daß es vor keine ſuͤnde an ſich ſelbſt halte, ob es wol offt eine gelegenheit zu ſuͤn- digen giebt. Alſo waͤre es aus ſolcher urſach zu mißrathen, nicht aber ſchlechterdings als divino jure verboten zu erklaͤren. Dabey wir verſichert ſeyn muͤſſen, daß wir bey den veraͤchtern des guten uns ſonderlich proſtituiren, und ſie in ihrem boͤſen ſtaͤrcken, wo wir wider eine ſache, welche wir nicht mit gnugſam buͤndigen argu- menten verboten zu ſeyn erweiſen koͤnnen, mit einiger heſtigkeit eyffern. Dann ſie nachmal, was wir auch ſonſten treiben, und aus GOttes wort deutlich gnug eine ſache darſtellen, auch dieſes unter dem vorwand, die theologi machten zur ſuͤnde, was ſie wolten, in zweifel ziehen. Daher wir in ſolcher ſache vorſichtig zu gehen ha- ben. Den ſpruch Epheſ. 2. 5. 6. kan ich nicht anders als de præſenti und præterito
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ARTIC. V. SECTIO XXV.
etwas deſſelben ſich in weitzen verwandeln laſſe. Die ehre aber einer rechten re-
formation unſrer kirchen muͤſſen wir unſerm Heyland ſelbs laſſen. Sie wird a-
ber ſorglich auf eine unſerm fleiſch faſt unbeliebige art geſchehen, und der HERR
unſer ſo verdorbenes Jeruſalem durch Babel meiſtens niederwerffen laſſen, aber
es nach ſolcher harten truͤbſal aus ſeinen lebendigen ſteinen, an welchen wir itzt ar-
beiten muͤſſen, und dero bereitung vor das vornehmſte unſrer frucht in dem amt zu
halten haben, der HErr aber dieſelbe in den groͤſſeſten verfolgungen auf ihm be-
kante art zu bewahren wiſſen wird, aufs neue hingegen gantz herrlich und ihm ge-
faͤllig wider aufbauen. Hiemit troͤſte ich mich in aller betruͤbnuͤß, uͤber die greuel,
ſo man ſehen muß, und nicht mehr zu rathen weiß, daß ich da hindurch auf die zeiten
des erloͤſeten Zions ſehe, mich mit ſolcher hoffnung ſamt allen chriſtlichen bruͤdern
aufzurichten. Daher wir wol allezeit flehendlich aus Pſ. 14. zu ſeuffzen haben, ach
daß die huͤlffe aus Zion uͤber Jſrael kaͤme, und der HErr ſein gefangen volck erloͤſe-
te, ſo wuͤrde Jacob froͤlich ſeyn, und Jſrael ſich freuen. Und aus Pſ. 102, 14. Du
wolteſt dich aufmachen und uͤber Zion erbarmen. m. f. w. Wo wir alſo tag und
nacht zu dem HErrn ſeuffzen werden, ſo wird er ſich zu uns wenden, die tage des
gerichts etwa verkuͤrtzen, und uns ſein heyl wider zeigen. Ach ja, er thue es, und
verwandele der ſeinigen jammer-klage endlich in froͤliche danckſagung vor ſeine guͤ-
te und wahrheit.
11. Octob. 1688.
SECTIO XXVI.
Von geſundheit-trincken. Gefahr etwas ſchlech-
terdings zur ſuͤnde zu machen/ Eph. 2/ 5. 6.
DAs von dem vorigen monat habe wol erhalten, nicht aber das mit angedeu-
tete, darinnen des geſundheittrinckens ſolle meldung gethan ſeyn. Weil je-
doch vermuthe, die frage ſeye, ob ſolches vor ſuͤnde zu achten, ſo erklaͤre mich
kurtz, daß es vor keine ſuͤnde an ſich ſelbſt halte, ob es wol offt eine gelegenheit zu ſuͤn-
digen giebt. Alſo waͤre es aus ſolcher urſach zu mißrathen, nicht aber ſchlechterdings
als divino jure verboten zu erklaͤren. Dabey wir verſichert ſeyn muͤſſen, daß wir
bey den veraͤchtern des guten uns ſonderlich proſtituiren, und ſie in ihrem boͤſen
ſtaͤrcken, wo wir wider eine ſache, welche wir nicht mit gnugſam buͤndigen argu-
menten verboten zu ſeyn erweiſen koͤnnen, mit einiger heſtigkeit eyffern. Dann ſie
nachmal, was wir auch ſonſten treiben, und aus GOttes wort deutlich gnug eine
ſache darſtellen, auch dieſes unter dem vorwand, die theologi machten zur ſuͤnde,
was ſie wolten, in zweifel ziehen. Daher wir in ſolcher ſache vorſichtig zu gehen ha-
ben. Den ſpruch Epheſ. 2. 5. 6. kan ich nicht anders als de præſenti und præterito
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/611>, abgerufen am 21.11.2024.
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