Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.Das siebende Capitel. zupflichten weiß/ welche fast insgesamt einen eckel vor allen solchen englischen bü-ehern scheinen zu haben/ und es unserer kirchen vor eine schande halten/ wo wir uns solcher fremden arbeit bedienen. Dieses leugne ich zwar nicht/ daß ich in denjenigen die ich gelesen/ meistentheils einige reformirte hypotheses gefunden/ so dann wünschete auch/ daß die liebe leute mit mehrer und deutlicher unterschei- dung des gesetzes und evangelii, so dann der rechtfertigung und heiligung/ auch der wiedergeburt und erneurung/ ihre schrifften verfasset und damit vor vieler miß- deutung verwahret hätten. Jndessen hoffe ich nicht/ daß die eingemischte ihrer religion propria oder conclusiones, die zuweilen mit unterlauffen/ einen in der erkäntnüß der wahrheit wolgegründeten leser sonderlich irren können/ und werden wir keine mängel bey denselben finden/ die wir nicht auch in den lieben alten/ so gar berühmter väter/ schrifften eben so wohl/ oder manchmal noch schwerere/ an- treffen/ die wir ihnen dennoch wissen zu gut zu halten/ und daher weder die lesung derselben mißrathen/ noch die beybehaltung derselben unserer evangelischen kirchen zur schanden deuten. So bedencke ich auch allemal dieses dabey/ daß wir weder solche bücher gemeiniglich dazu lesen/ noch auch sie meistens von ihren autoribus dazu mögen verfasset worden seyn/ daß man daraus den grund des glaubens/ wo alle solche articuli aufs deutlichste von einander zu unterscheiden sind/ lernen müssen/ sondern derselbe wird aus unsern eigenen am sichersten und gewissesten erlernet: wo man nachmalen solche bücher zur hand nimmet/ theils zu fernerer unterrichtung des lebens/ theils zu erweckung der andacht/ so bedarffs nicht alle- mal so gantz sorgfältiger unterscheidung der dinge/ die wie sie in theoria wahrhaff- tig sehr unterschieden/ gleichsam in praxi fast conjunctissima sind: daher wo auch nicht allemal die nöthige accuration in den davon führenden discoursen ange- troffen wird/ muß uns solches nicht irren/ aufs wenigste wirds denen ohne das ge- gründeten ohne anstoß seyn. Auf diese weise habe bisher die englische bücher angese- hen/ und kan also meines Hn. fleiß/ welchen er zu einiger deroselben version ange- wendet/ nicht unbilligen/ um so vielmehr/ weil ich nechstmals von einem vornehmen und sehr gelehrten staatsmann gehöret/ welcher als von dergleichen materie gere- det wurde/ bezeugte/ daß er noch weniges gesehen/ so nachdrücklich gnug/ und wie es billig seyn solte/ aus dem englischen übersetzet wäre/ daraus also schliesse/ daß solche sprache oder was darinnen zur erbauung geschrieben/ noch wol würdig seye/ daß gute leute einigen fleiß ferner darauf wenden. SECTIO XXI. Von dem recht geistliche schrifften aus- zugeben. Es
Das ſiebende Capitel. zupflichten weiß/ welche faſt insgeſamt einen eckel vor allen ſolchen engliſchen buͤ-ehern ſcheinen zu haben/ und es unſerer kirchen vor eine ſchande halten/ wo wir uns ſolcher fremden arbeit bedienen. Dieſes leugne ich zwar nicht/ daß ich in denjenigen die ich geleſen/ meiſtentheils einige reformirte hypotheſes gefunden/ ſo dann wuͤnſchete auch/ daß die liebe leute mit mehrer und deutlicher unterſchei- dung des geſetzes und evangelii, ſo dann der rechtfertigung und heiligung/ auch der wiedergeburt und erneurung/ ihre ſchrifften verfaſſet und damit vor vieler miß- deutung verwahret haͤtten. Jndeſſen hoffe ich nicht/ daß die eingemiſchte ihrer religion propria oder concluſiones, die zuweilen mit unterlauffen/ einen in der erkaͤntnuͤß der wahrheit wolgegruͤndeten leſer ſonderlich irren koͤnnen/ und werden wir keine maͤngel bey denſelben finden/ die wir nicht auch in den lieben alten/ ſo gar beruͤhmter vaͤter/ ſchrifften eben ſo wohl/ oder manchmal noch ſchwerere/ an- treffen/ die wir ihnen dennoch wiſſen zu gut zu halten/ und daher weder die leſung derſelben mißrathen/ noch die beybehaltung derſelben unſerer evangeliſchen kirchen zur ſchanden deuten. So bedencke ich auch allemal dieſes dabey/ daß wir weder ſolche buͤcher gemeiniglich dazu leſen/ noch auch ſie meiſtens von ihren autoribus dazu moͤgen verfaſſet worden ſeyn/ daß man daraus den grund des glaubens/ wo alle ſolche articuli aufs deutlichſte von einander zu unterſcheiden ſind/ lernen muͤſſen/ ſondern derſelbe wird aus unſern eigenen am ſicherſten und gewiſſeſten erlernet: wo man nachmalen ſolche buͤcher zur hand nimmet/ theils zu fernerer unterrichtung des lebens/ theils zu erweckung der andacht/ ſo bedarffs nicht alle- mal ſo gantz ſorgfaͤltiger unterſcheidung der dinge/ die wie ſie in theoria wahrhaff- tig ſehr unterſchieden/ gleichſam in praxi faſt conjunctiſſima ſind: daher wo auch nicht allemal die noͤthige accuration in den davon fuͤhrenden diſcourſen ange- troffen wird/ muß uns ſolches nicht irren/ aufs wenigſte wirds denen ohne das ge- gruͤndeten ohne anſtoß ſeyn. Auf dieſe weiſe habe bisher die engliſche buͤcher angeſe- hen/ und kan alſo meines Hn. fleiß/ welchen er zu einiger deroſelben verſion ange- wendet/ nicht unbilligen/ um ſo vielmehr/ weil ich nechſtmals von einem vornehmen und ſehr gelehrten ſtaatsmann gehoͤret/ welcher als von dergleichen materie gere- det wurde/ bezeugte/ daß er noch weniges geſehen/ ſo nachdruͤcklich gnug/ und wie es billig ſeyn ſolte/ aus dem engliſchen uͤberſetzet waͤre/ daraus alſo ſchlieſſe/ daß ſolche ſprache oder was darinnen zur erbauung geſchrieben/ noch wol wuͤrdig ſeye/ daß gute leute einigen fleiß ferner darauf wenden. SECTIO XXI. Von dem recht geiſtliche ſchrifften aus- zugeben. Es
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Das ſiebende Capitel.
zupflichten weiß/ welche faſt insgeſamt einen eckel vor allen ſolchen engliſchen buͤ-
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uns ſolcher fremden arbeit bedienen. Dieſes leugne ich zwar nicht/ daß ich in
denjenigen die ich geleſen/ meiſtentheils einige reformirte hypotheſes gefunden/
ſo dann wuͤnſchete auch/ daß die liebe leute mit mehrer und deutlicher unterſchei-
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der wiedergeburt und erneurung/ ihre ſchrifften verfaſſet und damit vor vieler miß-
deutung verwahret haͤtten. Jndeſſen hoffe ich nicht/ daß die eingemiſchte ihrer
religion propria oder concluſiones, die zuweilen mit unterlauffen/ einen in der
erkaͤntnuͤß der wahrheit wolgegruͤndeten leſer ſonderlich irren koͤnnen/ und werden
wir keine maͤngel bey denſelben finden/ die wir nicht auch in den lieben alten/ ſo
gar beruͤhmter vaͤter/ ſchrifften eben ſo wohl/ oder manchmal noch ſchwerere/ an-
treffen/ die wir ihnen dennoch wiſſen zu gut zu halten/ und daher weder die leſung
derſelben mißrathen/ noch die beybehaltung derſelben unſerer evangeliſchen kirchen
zur ſchanden deuten. So bedencke ich auch allemal dieſes dabey/ daß wir weder
ſolche buͤcher gemeiniglich dazu leſen/ noch auch ſie meiſtens von ihren autoribus
dazu moͤgen verfaſſet worden ſeyn/ daß man daraus den grund des glaubens/
wo alle ſolche articuli aufs deutlichſte von einander zu unterſcheiden ſind/ lernen
muͤſſen/ ſondern derſelbe wird aus unſern eigenen am ſicherſten und gewiſſeſten
erlernet: wo man nachmalen ſolche buͤcher zur hand nimmet/ theils zu fernerer
unterrichtung des lebens/ theils zu erweckung der andacht/ ſo bedarffs nicht alle-
mal ſo gantz ſorgfaͤltiger unterſcheidung der dinge/ die wie ſie in theoria wahrhaff-
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nicht allemal die noͤthige accuration in den davon fuͤhrenden diſcourſen ange-
troffen wird/ muß uns ſolches nicht irren/ aufs wenigſte wirds denen ohne das ge-
gruͤndeten ohne anſtoß ſeyn. Auf dieſe weiſe habe bisher die engliſche buͤcher angeſe-
hen/ und kan alſo meines Hn. fleiß/ welchen er zu einiger deroſelben verſion ange-
wendet/ nicht unbilligen/ um ſo vielmehr/ weil ich nechſtmals von einem vornehmen
und ſehr gelehrten ſtaatsmann gehoͤret/ welcher als von dergleichen materie gere-
det wurde/ bezeugte/ daß er noch weniges geſehen/ ſo nachdruͤcklich gnug/ und
wie es billig ſeyn ſolte/ aus dem engliſchen uͤberſetzet waͤre/ daraus alſo ſchlieſſe/
daß ſolche ſprache oder was darinnen zur erbauung geſchrieben/ noch wol wuͤrdig
ſeye/ daß gute leute einigen fleiß ferner darauf wenden.
6. Jul. 1682.
SECTIO XXI.
Von dem recht geiſtliche ſchrifften aus-
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