Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.Das siebende Capitel. Aus der specie facti mag zweyerley entgegen gehalten werden. 1. Daß im SECTIO XXI. Da eine ehe-frau conceptionem bey sich immer zu hindern trachtet. DEm ehemann ist wohl gerathen/ daß er/ da er sich zu enthalten nicht ver- viel
Das ſiebende Capitel. Aus der ſpecie facti mag zweyerley entgegen gehalten werden. 1. Daß im SECTIO XXI. Da eine ehe-frau conceptionem bey ſich immer zu hindern trachtet. DEm ehemann iſt wohl gerathen/ daß er/ da er ſich zu enthalten nicht ver- viel
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Das ſiebende Capitel.
Aus der ſpecie facti mag zweyerley entgegen gehalten werden. 1. Daß im
vorigen urtheil/ das rechts-kraͤfftig worden/ Titio das juramentum auch zuer-
kant worden/ und 2. ſolches auch in Canoniſchen rechten gegruͤndet. Es mag
aber dardurch mein gemachter ſchluß hoffentlich nicht umgeſtoſſen werden. Denn
1. das rechts-kraͤfftige urtheil verbindet den richter alles zu thun/ worzu daſſelbige
anweiſet. Wo er nun an Titio ihm daſſelbige aufzulegen/ und in ihn daruͤber zu
tringen/ ſein muͤglichſtes gethan/ hat er ſeinem eigenem urtheil ſatisfaction ge-
leiſtet. 2. Da aber Titius das ihm auferlegte nicht præſtiren will/ und derglei-
chen ſcrupulum conſcientiæ, daß er ohne verletzung des gewiſſens/ nicht daß die
ſache falſch/ ſondern aus andern urſachen/ nicht ſchweren koͤnne/ vorgibt/ daher
auch mit gewalt darzu wider ſein gewiſſen nicht gezwungen werden kan/ entgehet
zwar der ſentenz etwas/ nicht aber aus ſchuld des richters oder Semproniæ, ſon-
dern Titii. 3. Ob alſo wol die ſentenz in einem nicht erfuͤllet/ hebet doch ſol-
ches das recht der Semproniæ nicht auf/ oder kan ſie aus des andern ſchuld um
deſſen wircklichen genuß gebracht werden. 4. Ob wohl die Canoniſche rechte
ins gemein in unſern Conſiſtorien zur regel geſetzt werden/ iſt doch die verbindung
derſelben nicht von gleicher krafft/ als was in jure divino befohlen/ das indiſpen-
ſabel iſt: hingegen kan der Ober-richter in ſo offenbar gerechter ſache gar wohl
von jener ſatzung abgehen/ und da des untern richters ſpruch in einem ſtuͤck nicht
erfuͤllet worden/ daſſelbige aufheben/ und nechſt der gerichtlichen geſtaͤndnuͤß des
Titii der Semproniæ von dieſem nicht widerſprochenen eyd vor genugſam erklaͤ-
ren. Damit 5. geſchiehet niemand unrecht: nicht der Semproniæ/ dann derſel-
ben wird ihr recht zugeſprochen/ das ihr um eines andern widerſpenſtigkeit ohne
unrecht nicht laͤnger verſagt werden kan: nicht Titio/ der den gantzen grund
des urtheils/ ſeinen mangel/ geſtehet: nicht dem publico/ da allem beſorgenden
aͤrgernuͤß mit recht die nach genugſamer erkaͤntnuͤß der ſachen ausgeſprochene
ſentenz entgegen gehalten werden kan/ und entgegen zu halten iſt. Der HErr
wende alles zum beſten.
1699.
SECTIO XXI.
Da eine ehe-frau conceptionem bey ſich immer
zu hindern trachtet.
DEm ehemann iſt wohl gerathen/ daß er/ da er ſich zu enthalten nicht ver-
mag/ ſich ſeines von GOTT habenden rechts in dem eheſtand gebrauche/
der ehefrau naͤchſt hertzlichem gebet die ſchwere ihrer in ſolcher ſach bege-
henden ſuͤnde beweglich und offt vorhalte/ um ihr gewiſſen dadurch zu ruͤhren/ ſo
viel
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/418>, abgerufen am 22.02.2025. |