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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
SECTIO X.
Wie die hochzeit- und kindtauff-mahlzeiten von
dem Sonntag abzubringen.

WAs die Sonntags entheiligung durch hochzeit und kindtaufs-gaste-
reyen anlangt/ so ists freylich an dem/ daß solche ein schwerer miß-
brauch sind/ und an dem jenigen/ wozu der liebe Sonntag nach Got-
tes weiser intention gemeinet ist/ viel mehr hindern/ als ob man grobe lei-
bes arbeiten verrichtete. Daher derselbe hertzlich darnach zu trachten hat/
wie sie möchten abgestellet werden. Jch wolte aber dabey aufs wenigste so
bald zu erst nicht rathen, daß es durch Obrigkeitliche autorität geschehe/
als welcher weg nicht leicht zu gehen ist/ als wo allerdings sonsten keine hoff-
nung übrig/ und auch als dann findet sich niemal solcher nutzen/ wie von der
art/ da ohne solchen zwang einem übel gesteuret worden. Daher wolte ich
lieber folgende weise vorschlagen. 1. Daß mein wehrter bruder in predigten
und bey aller gelegenheit den leuten treuhertzig vorstelle/ wie sündlich solche
sache seye/ und wie sie ihnen selbs dadurch so grosson schaden thun/ welches
leicht so klar dargelegt werden mag/ daß niemand etwas dagegen sagen
kan: auf daß also erstlich die gewissen recht überzeuget werden/ und erken-
nen/ was der Pfarrherr hierinnen von ihnen haben wolle/ seye nicht seine
seltzamkeit/ und daß er etwas besonders sich ausnehme/ sondern daß mans
gut mit ihnen meine/ ja nach Gottes wort nicht anders halten könne. 2. Daß
mit den Obrigkeitlichen personen/ welche derselbe bezeuget/ zu dem guten
wol geneiget seyn/ die sache auch überleget/ und von ihnen erlanget werde/
daß sie den leuten auch solches suchen zu mißrathen und auszureden/ sonder-
lich aber daß sie ihre gegenwart allen solchen Sonntags-mahlzeiten entziehen
und wo es etwa auch sie und ihrige betrifft/ die mahlzeiten auf andere
tage anstellen. 3. Gleiches möchte mit anderen der besten unter der gemein-
de versucht werden/ daß man sie dahin brächte/ daß auch sie ihr mißfallen
bezeugeten/ sich und die ihrige davon enthielten und wo es sie betrifft/ ande-
re tage dazu erwehleten. Wo solches erhalten/ so ist dieser alten bösen ge-
wohnheit ziemlich ein stoß gegeben: Und hoffe ich/ daß allgemach auch ande-
re/ die auch nur den namen haben wollen/ etwas Christlich zu seyn/ die-
sen exempeln folgen werden. Dadurch mag geschehen und ist zu hoffen/ daß
auch die sonsten widerspänstige/ wo sie sehen/ daß sie bey solchen ihren eh-
ren-tagen auf den Sonntag die in der gemeinde vor best angesehene nicht ha-
ben werden/ allgemach sich schämen/ und solches unterlassen werden: Da-
mit die sache von selbsten falle. Aufs wenigste wo schon bey dem fast be-

sten
Das ſiebende Capitel.
SECTIO X.
Wie die hochzeit- und kindtauff-mahlzeiten von
dem Sonntag abzubringen.

WAs die Sonntags entheiligung durch hochzeit und kindtaufs-gaſte-
reyen anlangt/ ſo iſts freylich an dem/ daß ſolche ein ſchwerer miß-
brauch ſind/ und an dem jenigen/ wozu der liebe Sonntag nach Got-
tes weiſer intention gemeinet iſt/ viel mehr hindern/ als ob man grobe lei-
bes arbeiten verrichtete. Daher derſelbe hertzlich darnach zu trachten hat/
wie ſie moͤchten abgeſtellet werden. Jch wolte aber dabey aufs wenigſte ſo
bald zu erſt nicht rathen, daß es durch Obrigkeitliche autoritaͤt geſchehe/
als welcher weg nicht leicht zu gehen iſt/ als wo allerdings ſonſten keine hoff-
nung uͤbrig/ und auch als dann findet ſich niemal ſolcher nutzen/ wie von der
art/ da ohne ſolchen zwang einem uͤbel geſteuret worden. Daher wolte ich
lieber folgende weiſe vorſchlagen. 1. Daß mein wehrter bruder in predigten
und bey aller gelegenheit den leuten treuhertzig vorſtelle/ wie ſuͤndlich ſolche
ſache ſeye/ und wie ſie ihnen ſelbs dadurch ſo groſſon ſchaden thun/ welches
leicht ſo klar dargelegt werden mag/ daß niemand etwas dagegen ſagen
kan: auf daß alſo erſtlich die gewiſſen recht uͤberzeuget werden/ und erken-
nen/ was der Pfarrherr hierinnen von ihnen haben wolle/ ſeye nicht ſeine
ſeltzamkeit/ und daß er etwas beſonders ſich ausnehme/ ſondern daß mans
gut mit ihnen meine/ ja nach Gottes wort nicht anders halten koͤnne. 2. Daß
mit den Obrigkeitlichen perſonen/ welche derſelbe bezeuget/ zu dem guten
wol geneiget ſeyn/ die ſache auch uͤberleget/ und von ihnen erlanget werde/
daß ſie den leuten auch ſolches ſuchen zu mißrathen und auszureden/ ſonder-
lich aber daß ſie ihre gegenwart allen ſolchen Sonntags-mahlzeiten entziehen
und wo es etwa auch ſie und ihrige betrifft/ die mahlzeiten auf andere
tage anſtellen. 3. Gleiches moͤchte mit anderen der beſten unter der gemein-
de verſucht werden/ daß man ſie dahin braͤchte/ daß auch ſie ihr mißfallen
bezeugeten/ ſich und die ihrige davon enthielten und wo es ſie betrifft/ ande-
re tage dazu erwehleten. Wo ſolches erhalten/ ſo iſt dieſer alten boͤſen ge-
wohnheit ziemlich ein ſtoß gegeben: Und hoffe ich/ daß allgemach auch ande-
re/ die auch nur den namen haben wollen/ etwas Chriſtlich zu ſeyn/ die-
ſen exempeln folgen werden. Dadurch mag geſchehen und iſt zu hoffen/ daß
auch die ſonſten widerſpaͤnſtige/ wo ſie ſehen/ daß ſie bey ſolchen ihren eh-
ren-tagen auf den Sonntag die in der gemeinde vor beſt angeſehene nicht ha-
ben werden/ allgemach ſich ſchaͤmen/ und ſolches unterlaſſen werden: Da-
mit die ſache von ſelbſten falle. Aufs wenigſte wo ſchon bey dem faſt be-

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[374/0386] Das ſiebende Capitel. SECTIO X. Wie die hochzeit- und kindtauff-mahlzeiten von dem Sonntag abzubringen. WAs die Sonntags entheiligung durch hochzeit und kindtaufs-gaſte- reyen anlangt/ ſo iſts freylich an dem/ daß ſolche ein ſchwerer miß- brauch ſind/ und an dem jenigen/ wozu der liebe Sonntag nach Got- tes weiſer intention gemeinet iſt/ viel mehr hindern/ als ob man grobe lei- bes arbeiten verrichtete. Daher derſelbe hertzlich darnach zu trachten hat/ wie ſie moͤchten abgeſtellet werden. Jch wolte aber dabey aufs wenigſte ſo bald zu erſt nicht rathen, daß es durch Obrigkeitliche autoritaͤt geſchehe/ als welcher weg nicht leicht zu gehen iſt/ als wo allerdings ſonſten keine hoff- nung uͤbrig/ und auch als dann findet ſich niemal ſolcher nutzen/ wie von der art/ da ohne ſolchen zwang einem uͤbel geſteuret worden. Daher wolte ich lieber folgende weiſe vorſchlagen. 1. Daß mein wehrter bruder in predigten und bey aller gelegenheit den leuten treuhertzig vorſtelle/ wie ſuͤndlich ſolche ſache ſeye/ und wie ſie ihnen ſelbs dadurch ſo groſſon ſchaden thun/ welches leicht ſo klar dargelegt werden mag/ daß niemand etwas dagegen ſagen kan: auf daß alſo erſtlich die gewiſſen recht uͤberzeuget werden/ und erken- nen/ was der Pfarrherr hierinnen von ihnen haben wolle/ ſeye nicht ſeine ſeltzamkeit/ und daß er etwas beſonders ſich ausnehme/ ſondern daß mans gut mit ihnen meine/ ja nach Gottes wort nicht anders halten koͤnne. 2. Daß mit den Obrigkeitlichen perſonen/ welche derſelbe bezeuget/ zu dem guten wol geneiget ſeyn/ die ſache auch uͤberleget/ und von ihnen erlanget werde/ daß ſie den leuten auch ſolches ſuchen zu mißrathen und auszureden/ ſonder- lich aber daß ſie ihre gegenwart allen ſolchen Sonntags-mahlzeiten entziehen und wo es etwa auch ſie und ihrige betrifft/ die mahlzeiten auf andere tage anſtellen. 3. Gleiches moͤchte mit anderen der beſten unter der gemein- de verſucht werden/ daß man ſie dahin braͤchte/ daß auch ſie ihr mißfallen bezeugeten/ ſich und die ihrige davon enthielten und wo es ſie betrifft/ ande- re tage dazu erwehleten. Wo ſolches erhalten/ ſo iſt dieſer alten boͤſen ge- wohnheit ziemlich ein ſtoß gegeben: Und hoffe ich/ daß allgemach auch ande- re/ die auch nur den namen haben wollen/ etwas Chriſtlich zu ſeyn/ die- ſen exempeln folgen werden. Dadurch mag geſchehen und iſt zu hoffen/ daß auch die ſonſten widerſpaͤnſtige/ wo ſie ſehen/ daß ſie bey ſolchen ihren eh- ren-tagen auf den Sonntag die in der gemeinde vor beſt angeſehene nicht ha- ben werden/ allgemach ſich ſchaͤmen/ und ſolches unterlaſſen werden: Da- mit die ſache von ſelbſten falle. Aufs wenigſte wo ſchon bey dem faſt be- ſten

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/386>, abgerufen am 21.11.2024.