Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. II. SECTIO XXXV.
then bruder zu conferiren/ weil jetzo das schreiben schon ziemlich groß worden.
Jch verspreche auch/ da mir künfftig gleiche gelegenheit mein hertz auszu-
schütten wird gegeben werden/ die sache nicht dermassen lange aufzuschieben/
sondern mir zeit zu machen wie ich kan. Vielleicht läst der HERR unsere
einfältige zusammensprache auch nicht ungesegnet/ aufs wenigste erleichtern
wir etzlicher massen unsere hertzen/ da wir einander in den schoß ausschütten/
was uns drücket.

SECTIO XXXV.
Ein collegium nicht anzustellen/ wo mehr scha-
de daraus zu sorgen. Verhalten eines predigers gegen
vor unwürdig geachtete beicht-kinder. Reichung
des Sacraments an einen/ den der andere
prediger absolviret hat.

DAß das vorgehabte collegium noch verschoben worden/ halte ich bey
ihren umständen wohlgethan. Dann in den dingen/ welche nicht
schlechter dings nöthig und geboten sind/ will es allerdings diensam
seyn/ dasjenige so lange zu unterlassen/ wenns zwar an sich selbs nützlich wäre/
der aber daraus gewiß erfolgende schade (daran die beschaffenheit orts/ zeit
und person schuld seyn kan) jenen nutzen/ so viel als man vorsehen kan/ über-
wiegen würde: so vielmehr weil in dergleichen dingen etwas anzuheben/ was
man sorgen muß/ so bald verstöhret zu werden/ desto weniger rathsam ist/
weil dadurch die gelegenheit benommen würde/ solches auch zu anderer
fast favorabeler zeit anzustellen: Daher diese lieber in gedult zu erwarten/
und was man sonsten von einem solchem collegio zu hoffen hätte/ auf ande-
re weniger in die augen fallende art zu ersetzen/ oder darnach zu trachten ist.
Wie denn das zusammen kommen zwey oder drey freunde/ und zwar nicht
an einem ort/ sondern wechsels weise da und dort/ weniger aufsehen macht/
und doch nicht ohne nutzen bleibet. Jm übrigen hat mich fast erschrecket/
N. N. angedeutete an sich selbs gute resolution, die in sünden muthwillig
beharrende nicht zu absolviren. Jndem dieses der stein des anstosses seyn
kan/ wo nicht göttliche weißheit darzu erlanget/ und damit verfahren wird/
woran sich auch die bestgesinnete/ zu ihrem und anderer schaden stossen/ auch
die gemeinden bald ihres dienstes berauben können. 1. Es ist ein prediger
allerdings alles zu thun verbunden/ wordurch er seine zuhörer zur buß u. der
vergebung fähig zu seyn/ bereiten kan/ mit unterricht/ öffentlich und absonder-
lich/ mit vermahnen/ mit bestraffen und dergleichen; Hingegen wo er et-

was

ARTIC. II. SECTIO XXXV.
then bruder zu conferiren/ weil jetzo das ſchreiben ſchon ziemlich groß worden.
Jch verſpreche auch/ da mir kuͤnfftig gleiche gelegenheit mein hertz auszu-
ſchuͤtten wird gegeben werden/ die ſache nicht dermaſſen lange aufzuſchieben/
ſondern mir zeit zu machen wie ich kan. Vielleicht laͤſt der HERR unſere
einfaͤltige zuſammenſprache auch nicht ungeſegnet/ aufs wenigſte erleichtern
wir etzlicher maſſen unſere hertzen/ da wir einander in den ſchoß ausſchuͤtten/
was uns druͤcket.

SECTIO XXXV.
Ein collegium nicht anzuſtellen/ wo mehr ſcha-
de daraus zu ſorgen. Verhalten eines predigers gegen
vor unwuͤrdig geachtete beicht-kinder. Reichung
des Sacraments an einen/ den der andere
prediger abſolviret hat.

DAß das vorgehabte collegium noch verſchoben worden/ halte ich bey
ihren umſtaͤnden wohlgethan. Dann in den dingen/ welche nicht
ſchlechter dings noͤthig und geboten ſind/ will es allerdings dienſam
ſeyn/ dasjenige ſo lange zu unterlaſſen/ wenns zwar an ſich ſelbs nuͤtzlich waͤre/
der aber daraus gewiß erfolgende ſchade (daran die beſchaffenheit orts/ zeit
und perſon ſchuld ſeyn kan) jenen nutzen/ ſo viel als man vorſehen kan/ uͤber-
wiegen wuͤrde: ſo vielmehr weil in dergleichen dingen etwas anzuheben/ was
man ſorgen muß/ ſo bald verſtoͤhret zu werden/ deſto weniger rathſam iſt/
weil dadurch die gelegenheit benommen wuͤrde/ ſolches auch zu anderer
faſt favorabeler zeit anzuſtellen: Daher dieſe lieber in gedult zu erwarten/
und was man ſonſten von einem ſolchem collegio zu hoffen haͤtte/ auf ande-
re weniger in die augen fallende art zu erſetzen/ oder darnach zu trachten iſt.
Wie denn das zuſammen kommen zwey oder drey freunde/ und zwar nicht
an einem ort/ ſondern wechſels weiſe da und dort/ weniger aufſehen macht/
und doch nicht ohne nutzen bleibet. Jm uͤbrigen hat mich faſt erſchrecket/
N. N. angedeutete an ſich ſelbs gute reſolution, die in ſuͤnden muthwillig
beharrende nicht zu abſolviren. Jndem dieſes der ſtein des anſtoſſes ſeyn
kan/ wo nicht goͤttliche weißheit darzu erlanget/ und damit verfahren wird/
woran ſich auch die beſtgeſinnete/ zu ihrem und anderer ſchaden ſtoſſen/ auch
die gemeinden bald ihres dienſtes berauben koͤnnen. 1. Es iſt ein prediger
allerdings alles zu thun verbunden/ wordurch er ſeine zuhoͤrer zur buß u. der
vergebung faͤhig zu ſeyn/ bereiten kan/ mit unterricht/ oͤffentlich und abſonder-
lich/ mit vermahnen/ mit beſtraffen und dergleichen; Hingegen wo er et-

was
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0323" n="311"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. II. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXXV.</hi></hi></fw><lb/>
then bruder zu <hi rendition="#aq">conferi</hi>ren/ weil jetzo das &#x017F;chreiben &#x017F;chon ziemlich groß worden.<lb/>
Jch ver&#x017F;preche auch/ da mir ku&#x0364;nfftig gleiche gelegenheit mein hertz auszu-<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tten wird gegeben werden/ die &#x017F;ache nicht derma&#x017F;&#x017F;en lange aufzu&#x017F;chieben/<lb/>
&#x017F;ondern mir zeit zu machen wie ich kan. Vielleicht la&#x0364;&#x017F;t der HERR un&#x017F;ere<lb/>
einfa&#x0364;ltige zu&#x017F;ammen&#x017F;prache auch nicht unge&#x017F;egnet/ aufs wenig&#x017F;te erleichtern<lb/>
wir etzlicher ma&#x017F;&#x017F;en un&#x017F;ere hertzen/ da wir einander in den &#x017F;choß aus&#x017F;chu&#x0364;tten/<lb/>
was uns dru&#x0364;cket.</p>
            <dateline>1684.</dateline>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXXV.</hi><lb/>
Ein <hi rendition="#aq">collegium</hi> nicht anzu&#x017F;tellen/ wo mehr &#x017F;cha-<lb/>
de daraus zu &#x017F;orgen. Verhalten eines predigers gegen<lb/>
vor unwu&#x0364;rdig geachtete beicht-kinder. Reichung<lb/>
des Sacraments an einen/ den der andere<lb/>
prediger <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olvi</hi>ret hat.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>Aß das vorgehabte <hi rendition="#aq">collegium</hi> noch ver&#x017F;choben worden/ halte ich bey<lb/>
ihren um&#x017F;ta&#x0364;nden wohlgethan. Dann in den dingen/ welche nicht<lb/>
&#x017F;chlechter dings no&#x0364;thig und geboten &#x017F;ind/ will es allerdings dien&#x017F;am<lb/>
&#x017F;eyn/ dasjenige &#x017F;o lange zu unterla&#x017F;&#x017F;en/ wenns zwar an &#x017F;ich &#x017F;elbs nu&#x0364;tzlich wa&#x0364;re/<lb/>
der aber daraus gewiß erfolgende &#x017F;chade (daran die be&#x017F;chaffenheit orts/ zeit<lb/>
und per&#x017F;on &#x017F;chuld &#x017F;eyn kan) jenen nutzen/ &#x017F;o viel als man vor&#x017F;ehen kan/ u&#x0364;ber-<lb/>
wiegen wu&#x0364;rde: &#x017F;o vielmehr weil in dergleichen dingen etwas anzuheben/ was<lb/>
man &#x017F;orgen muß/ &#x017F;o bald ver&#x017F;to&#x0364;hret zu werden/ de&#x017F;to weniger rath&#x017F;am i&#x017F;t/<lb/>
weil dadurch die gelegenheit benommen wu&#x0364;rde/ &#x017F;olches auch zu anderer<lb/>
fa&#x017F;t <hi rendition="#aq">favorabeler</hi> zeit anzu&#x017F;tellen: Daher die&#x017F;e lieber in gedult zu erwarten/<lb/>
und was man &#x017F;on&#x017F;ten von einem &#x017F;olchem <hi rendition="#aq">collegio</hi> zu hoffen ha&#x0364;tte/ auf ande-<lb/>
re weniger in die augen fallende art zu er&#x017F;etzen/ oder darnach zu trachten i&#x017F;t.<lb/>
Wie denn das zu&#x017F;ammen kommen zwey oder drey freunde/ und zwar nicht<lb/>
an einem ort/ &#x017F;ondern wech&#x017F;els wei&#x017F;e da und dort/ weniger auf&#x017F;ehen macht/<lb/>
und doch nicht ohne nutzen bleibet. Jm u&#x0364;brigen hat mich fa&#x017F;t er&#x017F;chrecket/<lb/>
N. N. angedeutete an &#x017F;ich &#x017F;elbs gute <hi rendition="#aq">re&#x017F;olution,</hi> die in &#x017F;u&#x0364;nden muthwillig<lb/>
beharrende nicht zu <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olvi</hi>ren. Jndem die&#x017F;es der &#x017F;tein des an&#x017F;to&#x017F;&#x017F;es &#x017F;eyn<lb/>
kan/ wo nicht go&#x0364;ttliche weißheit darzu erlanget/ und damit verfahren wird/<lb/>
woran &#x017F;ich auch die be&#x017F;tge&#x017F;innete/ zu ihrem und anderer &#x017F;chaden &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ auch<lb/>
die gemeinden bald ihres dien&#x017F;tes berauben ko&#x0364;nnen. 1. Es i&#x017F;t ein prediger<lb/>
allerdings alles zu thun verbunden/ wordurch er &#x017F;eine zuho&#x0364;rer zur buß u. der<lb/>
vergebung fa&#x0364;hig zu &#x017F;eyn/ bereiten kan/ mit unterricht/ o&#x0364;ffentlich und ab&#x017F;onder-<lb/>
lich/ mit vermahnen/ mit be&#x017F;traffen und dergleichen; Hingegen wo er et-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">was</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311/0323] ARTIC. II. SECTIO XXXV. then bruder zu conferiren/ weil jetzo das ſchreiben ſchon ziemlich groß worden. Jch verſpreche auch/ da mir kuͤnfftig gleiche gelegenheit mein hertz auszu- ſchuͤtten wird gegeben werden/ die ſache nicht dermaſſen lange aufzuſchieben/ ſondern mir zeit zu machen wie ich kan. Vielleicht laͤſt der HERR unſere einfaͤltige zuſammenſprache auch nicht ungeſegnet/ aufs wenigſte erleichtern wir etzlicher maſſen unſere hertzen/ da wir einander in den ſchoß ausſchuͤtten/ was uns druͤcket. 1684. SECTIO XXXV. Ein collegium nicht anzuſtellen/ wo mehr ſcha- de daraus zu ſorgen. Verhalten eines predigers gegen vor unwuͤrdig geachtete beicht-kinder. Reichung des Sacraments an einen/ den der andere prediger abſolviret hat. DAß das vorgehabte collegium noch verſchoben worden/ halte ich bey ihren umſtaͤnden wohlgethan. Dann in den dingen/ welche nicht ſchlechter dings noͤthig und geboten ſind/ will es allerdings dienſam ſeyn/ dasjenige ſo lange zu unterlaſſen/ wenns zwar an ſich ſelbs nuͤtzlich waͤre/ der aber daraus gewiß erfolgende ſchade (daran die beſchaffenheit orts/ zeit und perſon ſchuld ſeyn kan) jenen nutzen/ ſo viel als man vorſehen kan/ uͤber- wiegen wuͤrde: ſo vielmehr weil in dergleichen dingen etwas anzuheben/ was man ſorgen muß/ ſo bald verſtoͤhret zu werden/ deſto weniger rathſam iſt/ weil dadurch die gelegenheit benommen wuͤrde/ ſolches auch zu anderer faſt favorabeler zeit anzuſtellen: Daher dieſe lieber in gedult zu erwarten/ und was man ſonſten von einem ſolchem collegio zu hoffen haͤtte/ auf ande- re weniger in die augen fallende art zu erſetzen/ oder darnach zu trachten iſt. Wie denn das zuſammen kommen zwey oder drey freunde/ und zwar nicht an einem ort/ ſondern wechſels weiſe da und dort/ weniger aufſehen macht/ und doch nicht ohne nutzen bleibet. Jm uͤbrigen hat mich faſt erſchrecket/ N. N. angedeutete an ſich ſelbs gute reſolution, die in ſuͤnden muthwillig beharrende nicht zu abſolviren. Jndem dieſes der ſtein des anſtoſſes ſeyn kan/ wo nicht goͤttliche weißheit darzu erlanget/ und damit verfahren wird/ woran ſich auch die beſtgeſinnete/ zu ihrem und anderer ſchaden ſtoſſen/ auch die gemeinden bald ihres dienſtes berauben koͤnnen. 1. Es iſt ein prediger allerdings alles zu thun verbunden/ wordurch er ſeine zuhoͤrer zur buß u. der vergebung faͤhig zu ſeyn/ bereiten kan/ mit unterricht/ oͤffentlich und abſonder- lich/ mit vermahnen/ mit beſtraffen und dergleichen; Hingegen wo er et- was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/323
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/323>, abgerufen am 21.12.2024.