Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.Das siebende Capitel. SECTIO XXIV. Von der unterrichtung und anführung derer/ die zum heiligen abendmahl gehen sollen. JCh gehe so bald zu der vorgelegten frage: Wie diejenige kinder/ wer-
Das ſiebende Capitel. SECTIO XXIV. Von der unterrichtung und anfuͤhrung derer/ die zum heiligen abendmahl gehen ſollen. JCh gehe ſo bald zu der vorgelegten frage: Wie diejenige kinder/ wer-
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Das ſiebende Capitel.
SECTIO XXIV.
Von der unterrichtung und anfuͤhrung derer/
die zum heiligen abendmahl gehen ſollen.
JCh gehe ſo bald zu der vorgelegten frage: Wie diejenige kinder/
welche zum erſten mal das heilige abendmahl gebrauchen ſol-
len/ nechſt GOTT zu einer rechten innerlichen erkaͤntnuͤß moͤ-
gen gebracht/ gepruͤffet und nach dem ſinn des heiligen Geiſtes infor-
miret werden? Hierauf antworte 1. daß die frage wichtig/ und frey-
lich viel daran gelegen ſeye/ daß die kinder/ die das erſte mal zu dem heili-
gen Sacrament gehen/ ſolches wuͤrdig empfangen/ und nicht ſo bald mit
dem erſtenmal ihnen ein gericht zuziehen: Dann ob wol ſorglich die mei-
ſie/ die ietzt in dem wahren chriſtenthum ſtehen/ bekennen werden/ daß ſie
bey dem erſten empfang in ſchlechter tuͤchtigkeit geſtanden/ jedoch GOTT
ihnen die barmhertzigkeit erzeigt/ daß der vorige mangel/ der meiſtens nicht
aus ihrer ſchuld hergekommen/ nachmal erſt durch allerhand gelegenheit
erſetzet worden/ ſo iſt es doch mißlich/ und kan man leicht bald anfangs in
eine ſolche ſicherheit verfallen/ daß man ſich den fleiß der wuͤrdigen vorberei-
tung darnach wol gar ſein lebtag wenig angelegen ſeyn laͤſſet. 2. Jſt offen-
bar und unter denen/ die die wahrheit erkennen/ eine ausgemachte ſache/
daß ein groſſer unterſcheid ſeye unter der buchſtaͤblichen und lebendigen er-
kaͤntnuͤß/ und daß dieſe letzte allein uns GOTT gefaͤllig und ſeiner gnade
faͤhig mache: Hingegen zu dieſer als jener zu gelangen viel ſchwerer ſeye/
indem in jener auch die natuͤrliche kraͤfften etwas vermoͤgen/ da aber dieſe
bloß von goͤttlicher wirckung herkommet. 3. Jch erinnere mich/ daß ein-
mal ein in Franckfurt durchreiſender fremder kluger mann/ als er unſere
catechiſationes publicas angehoͤret/ und den andern tag mich beſuchende
ſein darob geſchoͤpfftes wohlgefallen bezeugte/ und alſo fort zu fahren ver-
mahnte/ aber zuletzt anhinge: Es gehe gleichwol aller ſolcher unterricht
allein in den kopff; Aber wie bringen wir den kopff ins hertz? welche frage
er zu drey maln widerholte: Da nicht leugne/ mich ſolches ſo bewegt zu ha-
ben/ daß ich der wort mein tag nicht vergeſſen werde. 4. Die innerliche und
lebendige erkaͤntnuͤs iſt/ wie bereits etwas erinnert/ ein werck GOttes und
keines menſchen/ als deren kraͤfften in andern ſeelen zu wircken nicht zulan-
gen; indeſſen weil GOtt nicht unmittelbar wircket/ ſondern ſein wort zum
mittel/ und zu deſſen vortrag menſchen braucht/ an der art und weiſe aber
ſolches vortrags ein nicht geringes gelegen iſt: ſo komt viel auf uns die pre-
diger an/ wie wirs mit dem unterricht anſtellen/ darmit der zweck erhalten
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