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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.

Diese sind meine einfältige gedancken/ so ich hiemit in freundlicher wie-
derantwort habe mittheilen sollen/ Ew. Hoch-Wol-Ehrw. und anderer
christlicher hertzen ferner erwegung sie überlassende. Der HErr HErr
aber zeige uns allen selbst seinen heiligen willen/ und was zu allen zeiten und
an allen orten seiner gemeine das erbaulichste seye: Er führe auch sein werck
kräfftig in allen stücken unter uns/ daß auf alle nützliche und ihm beliebige wei-
se die erbauung und heyl der seelen in seinem segen fruchtbarlich befordert
werde.

SECTIO XXII.
Wie die catechetische examina anzustellen.

FReue mich von hertzen wegen des bezeugenden Christlichen eifers zu ei-
ner fleißigen catechismus-übung/ und kan aus erfahrung versichern/
daß zu gründung eines rechtschaffenen Christenthums kein besserer
grund geleget werden kan: indem so gar unsre predigten bey keinen andern al-
le die frucht bringen/ die sie bringen sollten/ ja nicht recht verstanden werden/ als
bey und von denjenigen/ welche die erste buchstaben der erkäntnüß und gleich-
sam die terminos in wohl angestellten examinibus gelernet haben: bey an-
dern gehet das meiste vor den ohren vorbey/ und wird nichts darvon gefasset.
Welche aber in dem catechismo wol gegründet/ können ihr lebtag die predigten
mit mehrfachen nutzen hören. Es ist aber wegen der anstalten wol acht zu ge-
ben/ daß sie recht gemacht werden. Wie ich sie in Franckfurt am Mayn ge-
halten (dergleichen in Dreßden und hier continuiret habe) stehet alles/ so viel
dienlich ausgedruckt in meinen tabulis catecheticis oder vielmehr dero prae-
fation,
und kan daselbs gelesen werden. Ob nun wol die anstalten nach an-
dern umständen und jedes orts beschaffenheit besonders müsten eingerichtet
werden: so halte doch aller orten diese allgemeine regeln in acht zu nehmen.
1. Daß zwar die jugend diejenige seye/ auf die man in den anstalten die erste re-
flexion
und absicht macht/ aber so/ daß sowol die alte auch mit darzugezogen
und gelocket werden/ als auch in der that/ die aus ihrer zahl darzu kommen/ ih-
re erbauung finden. 2. Der zeit wegen muß dannenher sonderlich eine sol-
che gewehlet werden/ darvon man hoffen könne/ daß alte und junge sich in mei-
ster anzahl einfinden werden. 3. Der zweck solle seyn/ daß die jugend nicht
allein fertig werde in erlernung des buchstabens des catechismi/ sondern auch
zu dessen gründlichen verstand nach ihrem maaß gebracht werde. 4. Jch ra-
the daher niemal/ daß die jugend mit vielem auswendig lernen grösserer ca-
techismus-erklärungen (ob ich wol selbs eine geschrieben/ welche ihrer viele
vor erbaulich halten) geplagt werden/ und die gedächtnüß beschweren: son-

dern
Das ſiebende Capitel.

Dieſe ſind meine einfaͤltige gedancken/ ſo ich hiemit in freundlicher wie-
derantwort habe mittheilen ſollen/ Ew. Hoch-Wol-Ehrw. und anderer
chriſtlicher hertzen ferner erwegung ſie uͤberlaſſende. Der HErr HErr
aber zeige uns allen ſelbſt ſeinen heiligen willen/ und was zu allen zeiten und
an allen orten ſeiner gemeine das erbaulichſte ſeye: Er fuͤhre auch ſein werck
kraͤfftig in allen ſtuͤcken unter uns/ daß auf alle nuͤtzliche und ihm beliebige wei-
ſe die erbauung und heyl der ſeelen in ſeinem ſegen fruchtbarlich befordert
werde.

SECTIO XXII.
Wie die catechetiſche examina anzuſtellen.

FReue mich von hertzen wegen des bezeugenden Chriſtlichen eifers zu ei-
ner fleißigen catechiſmus-uͤbung/ und kan aus erfahrung verſichern/
daß zu gruͤndung eines rechtſchaffenen Chriſtenthums kein beſſerer
grund geleget werden kan: indem ſo gar unſre predigten bey keinen andern al-
le die frucht bringen/ die ſie bringẽ ſollten/ ja nicht recht verſtanden werden/ als
bey und von denjenigen/ welche die erſte buchſtaben der erkaͤntnuͤß und gleich-
ſam die terminos in wohl angeſtellten examinibus gelernet haben: bey an-
dern gehet das meiſte vor den ohren vorbey/ und wird nichts darvon gefaſſet.
Welche aber in dem catechiſmo wol gegruͤndet/ koͤnnen ihr lebtag die predigten
mit mehrfachen nutzen hoͤren. Es iſt aber wegen der anſtalten wol acht zu ge-
ben/ daß ſie recht gemacht werden. Wie ich ſie in Franckfurt am Mayn ge-
halten (dergleichen in Dreßden und hier continuiret habe) ſtehet alles/ ſo viel
dienlich ausgedruckt in meinen tabulis catecheticis oder vielmehr dero præ-
fation,
und kan daſelbs geleſen werden. Ob nun wol die anſtalten nach an-
dern umſtaͤnden und jedes orts beſchaffenheit beſonders muͤſten eingerichtet
werden: ſo halte doch aller orten dieſe allgemeine regeln in acht zu nehmen.
1. Daß zwar die jugend diejenige ſeye/ auf die man in den anſtalten die erſte re-
flexion
und abſicht macht/ aber ſo/ daß ſowol die alte auch mit darzugezogen
und gelocket werden/ als auch in der that/ die aus ihrer zahl darzu kommen/ ih-
re erbauung finden. 2. Der zeit wegen muß dannenher ſonderlich eine ſol-
che gewehlet werden/ darvon man hoffen koͤnne/ daß alte und junge ſich in mei-
ſter anzahl einfinden werden. 3. Der zweck ſolle ſeyn/ daß die jugend nicht
allein fertig werde in erlernung des buchſtabens des catechiſmi/ ſondern auch
zu deſſen gruͤndlichen verſtand nach ihrem maaß gebracht werde. 4. Jch ra-
the daher niemal/ daß die jugend mit vielem auswendig lernen groͤſſerer ca-
techiſmus-erklaͤrungen (ob ich wol ſelbs eine geſchrieben/ welche ihrer viele
vor erbaulich halten) geplagt werden/ und die gedaͤchtnuͤß beſchweren: ſon-

dern
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[260/0272] Das ſiebende Capitel. Dieſe ſind meine einfaͤltige gedancken/ ſo ich hiemit in freundlicher wie- derantwort habe mittheilen ſollen/ Ew. Hoch-Wol-Ehrw. und anderer chriſtlicher hertzen ferner erwegung ſie uͤberlaſſende. Der HErr HErr aber zeige uns allen ſelbſt ſeinen heiligen willen/ und was zu allen zeiten und an allen orten ſeiner gemeine das erbaulichſte ſeye: Er fuͤhre auch ſein werck kraͤfftig in allen ſtuͤcken unter uns/ daß auf alle nuͤtzliche und ihm beliebige wei- ſe die erbauung und heyl der ſeelen in ſeinem ſegen fruchtbarlich befordert werde. 1692. SECTIO XXII. Wie die catechetiſche examina anzuſtellen. FReue mich von hertzen wegen des bezeugenden Chriſtlichen eifers zu ei- ner fleißigen catechiſmus-uͤbung/ und kan aus erfahrung verſichern/ daß zu gruͤndung eines rechtſchaffenen Chriſtenthums kein beſſerer grund geleget werden kan: indem ſo gar unſre predigten bey keinen andern al- le die frucht bringen/ die ſie bringẽ ſollten/ ja nicht recht verſtanden werden/ als bey und von denjenigen/ welche die erſte buchſtaben der erkaͤntnuͤß und gleich- ſam die terminos in wohl angeſtellten examinibus gelernet haben: bey an- dern gehet das meiſte vor den ohren vorbey/ und wird nichts darvon gefaſſet. Welche aber in dem catechiſmo wol gegruͤndet/ koͤnnen ihr lebtag die predigten mit mehrfachen nutzen hoͤren. Es iſt aber wegen der anſtalten wol acht zu ge- ben/ daß ſie recht gemacht werden. Wie ich ſie in Franckfurt am Mayn ge- halten (dergleichen in Dreßden und hier continuiret habe) ſtehet alles/ ſo viel dienlich ausgedruckt in meinen tabulis catecheticis oder vielmehr dero præ- fation, und kan daſelbs geleſen werden. Ob nun wol die anſtalten nach an- dern umſtaͤnden und jedes orts beſchaffenheit beſonders muͤſten eingerichtet werden: ſo halte doch aller orten dieſe allgemeine regeln in acht zu nehmen. 1. Daß zwar die jugend diejenige ſeye/ auf die man in den anſtalten die erſte re- flexion und abſicht macht/ aber ſo/ daß ſowol die alte auch mit darzugezogen und gelocket werden/ als auch in der that/ die aus ihrer zahl darzu kommen/ ih- re erbauung finden. 2. Der zeit wegen muß dannenher ſonderlich eine ſol- che gewehlet werden/ darvon man hoffen koͤnne/ daß alte und junge ſich in mei- ſter anzahl einfinden werden. 3. Der zweck ſolle ſeyn/ daß die jugend nicht allein fertig werde in erlernung des buchſtabens des catechiſmi/ ſondern auch zu deſſen gruͤndlichen verſtand nach ihrem maaß gebracht werde. 4. Jch ra- the daher niemal/ daß die jugend mit vielem auswendig lernen groͤſſerer ca- techiſmus-erklaͤrungen (ob ich wol ſelbs eine geſchrieben/ welche ihrer viele vor erbaulich halten) geplagt werden/ und die gedaͤchtnuͤß beſchweren: ſon- dern

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/272>, abgerufen am 21.11.2024.