Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.Das siebende Capitel. nachmal einige ordnung nöthig finden/ so möchte sich selbige leicht selbs geben/wo man eine antwort vor hat. Jedoch stehet dahin/ ob solche noch möchte nö- thig seyn/ da mir gestern von einem guten freund angedeutet/ daß ein sehr fei- nes und nützliches tractätlein von dieser materie von einem Engelländer Scheffirlad aufgesetzt/ in das teutsche kürtzlich gebracht und publiciret wor- den seye: Wäre nun solches genugsam/ welches sich zeigen wird/ wo man die objectiones beysammen sehe/ so bedürffte es keiner mühe; fünde sich aber die antwort zu schwach/ und wären nicht alle angeführet/ möchte doch jenes ei- ne gute vorarbeit geben. Schließlichen weil von zweyerley mein bedencken verlangt worden/ hoffe ich/ mein vielgeliebter bruder werde meine entschul- digung/ daß darinnen nicht gratificiren kan/ nicht vor übel nehmen. Wegen des cometen mag ich in seiner meynung niemand irre machen/ da ich mir selbs darinnen kein gnügen thue: Jch erkenne die majestät des grossen schöpffers an solchem ansehnlichen geschöpff/ ich weise die leut in ihr gewissen/ wie sie mit dem grossen majestätischen GOTT stehen/ und wie sie ihr hertz vor derselben verdamme oder loßspreche/ aus demselben zu urtheilen/ wessen sie sich gegen ihn zu versehen haben und sich darnach in seine ordnung zu schicken. So sind alle creaturen den gottlosen zum schrecken/ den gottseligen zum trost. Hier- innen weiß ich und bin in meiner seelen versichert/ daß ich lauter göttliche wahr- heiten treibe. Wer nachmal weitere gewißheit zu finden meinet/ dem mag ichs gönnen/ daß er mehr als ich davon erkenne. Wegen der quaestionis ma- rrimonialis, will sichs nicht geziehmen nach einmalig auf begehren weg gege- benen bedencken/ solches ohne dero requirenz vergönstigung anderwerts hin zu communiciren. Der angeführte scrupel, daß ich dieses einige gedencke aus 3. Mos. 18/ 18. gibt schwerigkeiten/ aber macht die sache pro tranquil- latione conscientiae, in einer solchen anstößigen sache noch nicht aus. Der HErr gebe vornemlich denen/ die es in solchem geschäfft bedörffen/ geist/ weiß- heit und gewißheit zu rettung ihrer seelen. Davor haben wir hertzlich zu beten. SECTIO XVII. Wann ein prediger um der gerechtigkeit willen verfolgt wird/ ob er sein amt zu verlassen? Von Jacob Böhmen. Ob wir uns zu starck an die dol- metschung Lutheri binden? WAs das harte tractament anlanget/ über welches mein werther der
Das ſiebende Capitel. nachmal einige ordnung noͤthig finden/ ſo moͤchte ſich ſelbige leicht ſelbs geben/wo man eine antwort vor hat. Jedoch ſtehet dahin/ ob ſolche noch moͤchte noͤ- thig ſeyn/ da mir geſtern von einem guten freund angedeutet/ daß ein ſehr fei- nes und nuͤtzliches tractaͤtlein von dieſer materie von einem Engellaͤnder Scheffirlad aufgeſetzt/ in das teutſche kuͤrtzlich gebracht und publiciret wor- den ſeye: Waͤre nun ſolches genugſam/ welches ſich zeigen wird/ wo man die objectiones beyſammen ſehe/ ſo beduͤrffte es keiner muͤhe; fuͤnde ſich aber die antwort zu ſchwach/ und waͤren nicht alle angefuͤhret/ moͤchte doch jenes ei- ne gute vorarbeit geben. Schließlichen weil von zweyerley mein bedencken verlangt worden/ hoffe ich/ mein vielgeliebter bruder werde meine entſchul- digung/ daß darinnen nicht gratificiren kan/ nicht vor uͤbel nehmen. Wegen des cometen mag ich in ſeiner meynung niemand irre machen/ da ich mir ſelbs darinnen kein gnuͤgen thue: Jch erkenne die majeſtaͤt des groſſen ſchoͤpffers an ſolchem anſehnlichen geſchoͤpff/ ich weiſe die leut in ihr gewiſſen/ wie ſie mit dem groſſen majeſtaͤtiſchen GOTT ſtehen/ und wie ſie ihr hertz vor derſelben verdamme oder loßſpreche/ aus demſelben zu urtheilen/ weſſen ſie ſich gegen ihn zu verſehen haben und ſich darnach in ſeine ordnung zu ſchicken. So ſind alle creaturen den gottloſen zum ſchrecken/ den gottſeligen zum troſt. Hier- innen weiß ich und bin in meiner ſeelen verſichert/ daß ich lauter goͤttliche wahr- heiten treibe. Wer nachmal weitere gewißheit zu finden meinet/ dem mag ichs goͤnnen/ daß er mehr als ich davon erkenne. Wegen der quæſtionis ma- rrimonialis, will ſichs nicht geziehmen nach einmalig auf begehren weg gege- benen bedencken/ ſolches ohne dero requirenz vergoͤnſtigung anderwerts hin zu communiciren. Der angefuͤhrte ſcrupel, daß ich dieſes einige gedencke aus 3. Moſ. 18/ 18. gibt ſchwerigkeiten/ aber macht die ſache pro tranquil- latione conſcientiæ, in einer ſolchen anſtoͤßigen ſache noch nicht aus. Der HErr gebe vornemlich denen/ die es in ſolchem geſchaͤfft bedoͤrffen/ geiſt/ weiß- heit und gewißheit zu rettung ihrer ſeelen. Davor haben wir hertzlich zu beten. SECTIO XVII. Wann ein prediger um der gerechtigkeit willen verfolgt wird/ ob er ſein amt zu verlaſſen? Von Jacob Boͤhmen. Ob wir uns zu ſtarck an die dol- metſchung Lutheri binden? WAs das harte tractament anlanget/ uͤber welches mein werther der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0242" n="230"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das ſiebende Capitel.</hi></fw><lb/> nachmal einige ordnung noͤthig finden/ ſo moͤchte ſich ſelbige leicht ſelbs geben/<lb/> wo man eine antwort vor hat. Jedoch ſtehet dahin/ ob ſolche noch moͤchte noͤ-<lb/> thig ſeyn/ da mir geſtern von einem guten freund angedeutet/ daß ein ſehr fei-<lb/> nes und nuͤtzliches <hi rendition="#aq">tract</hi>aͤtlein von dieſer <hi rendition="#aq">materie</hi> von einem Engellaͤnder<lb/> Scheffirlad aufgeſetzt/ in das teutſche kuͤrtzlich gebracht und <hi rendition="#aq">publicir</hi>et wor-<lb/> den ſeye: Waͤre nun ſolches genugſam/ welches ſich zeigen wird/ wo man<lb/> die <hi rendition="#aq">objectiones</hi> beyſammen ſehe/ ſo beduͤrffte es keiner muͤhe; fuͤnde ſich aber<lb/> die antwort zu ſchwach/ und waͤren nicht alle angefuͤhret/ moͤchte doch jenes ei-<lb/> ne gute vorarbeit geben. Schließlichen weil von zweyerley mein bedencken<lb/> verlangt worden/ hoffe ich/ mein vielgeliebter bruder werde meine entſchul-<lb/> digung/ daß darinnen nicht <hi rendition="#aq">gratificir</hi>en kan/ nicht vor uͤbel nehmen. Wegen<lb/> des cometen mag ich in ſeiner meynung niemand irre machen/ da ich mir ſelbs<lb/> darinnen kein gnuͤgen thue: Jch erkenne die majeſtaͤt des groſſen ſchoͤpffers an<lb/> ſolchem anſehnlichen geſchoͤpff/ ich weiſe die leut in ihr gewiſſen/ wie ſie mit<lb/> dem groſſen majeſtaͤtiſchen GOTT ſtehen/ und wie ſie ihr hertz vor derſelben<lb/> verdamme oder loßſpreche/ aus demſelben zu urtheilen/ weſſen ſie ſich gegen<lb/> ihn zu verſehen haben und ſich darnach in ſeine ordnung zu ſchicken. So ſind<lb/> alle creaturen den gottloſen zum ſchrecken/ den gottſeligen zum troſt. Hier-<lb/> innen weiß ich und bin in meiner ſeelen verſichert/ daß ich lauter goͤttliche wahr-<lb/> heiten treibe. Wer nachmal weitere gewißheit zu finden meinet/ dem mag<lb/> ichs goͤnnen/ daß er mehr als ich davon erkenne. Wegen der <hi rendition="#aq">quæſtionis ma-<lb/> rrimonialis,</hi> will ſichs nicht geziehmen nach einmalig auf begehren weg gege-<lb/> benen bedencken/ ſolches ohne dero <hi rendition="#aq">requirenz</hi> vergoͤnſtigung anderwerts hin<lb/> zu <hi rendition="#aq">communicir</hi>en. Der angefuͤhrte <hi rendition="#aq">ſcrupel,</hi> daß ich dieſes einige gedencke<lb/> aus 3. Moſ. 18/ 18. gibt ſchwerigkeiten/ aber macht die ſache <hi rendition="#aq">pro tranquil-<lb/> latione conſcientiæ,</hi> in einer ſolchen anſtoͤßigen ſache noch nicht aus. Der<lb/> HErr gebe vornemlich denen/ die es in ſolchem geſchaͤfft bedoͤrffen/ geiſt/ weiß-<lb/> heit und gewißheit zu rettung ihrer ſeelen. Davor haben wir hertzlich zu<lb/> beten.</p> <dateline>1681.</dateline> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XVII.</hi><lb/> Wann ein prediger um der gerechtigkeit willen<lb/> verfolgt wird/ ob er ſein amt zu verlaſſen? Von Jacob<lb/> Boͤhmen. Ob wir uns zu ſtarck an die dol-<lb/> metſchung Lutheri binden?</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">W</hi>As das harte <hi rendition="#aq">tractament</hi> anlanget/ uͤber welches mein werther<lb/> bruder klaget/ von ſeiner weltlichen obrigkeit zu erleiden/ kan ich/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [230/0242]
Das ſiebende Capitel.
nachmal einige ordnung noͤthig finden/ ſo moͤchte ſich ſelbige leicht ſelbs geben/
wo man eine antwort vor hat. Jedoch ſtehet dahin/ ob ſolche noch moͤchte noͤ-
thig ſeyn/ da mir geſtern von einem guten freund angedeutet/ daß ein ſehr fei-
nes und nuͤtzliches tractaͤtlein von dieſer materie von einem Engellaͤnder
Scheffirlad aufgeſetzt/ in das teutſche kuͤrtzlich gebracht und publiciret wor-
den ſeye: Waͤre nun ſolches genugſam/ welches ſich zeigen wird/ wo man
die objectiones beyſammen ſehe/ ſo beduͤrffte es keiner muͤhe; fuͤnde ſich aber
die antwort zu ſchwach/ und waͤren nicht alle angefuͤhret/ moͤchte doch jenes ei-
ne gute vorarbeit geben. Schließlichen weil von zweyerley mein bedencken
verlangt worden/ hoffe ich/ mein vielgeliebter bruder werde meine entſchul-
digung/ daß darinnen nicht gratificiren kan/ nicht vor uͤbel nehmen. Wegen
des cometen mag ich in ſeiner meynung niemand irre machen/ da ich mir ſelbs
darinnen kein gnuͤgen thue: Jch erkenne die majeſtaͤt des groſſen ſchoͤpffers an
ſolchem anſehnlichen geſchoͤpff/ ich weiſe die leut in ihr gewiſſen/ wie ſie mit
dem groſſen majeſtaͤtiſchen GOTT ſtehen/ und wie ſie ihr hertz vor derſelben
verdamme oder loßſpreche/ aus demſelben zu urtheilen/ weſſen ſie ſich gegen
ihn zu verſehen haben und ſich darnach in ſeine ordnung zu ſchicken. So ſind
alle creaturen den gottloſen zum ſchrecken/ den gottſeligen zum troſt. Hier-
innen weiß ich und bin in meiner ſeelen verſichert/ daß ich lauter goͤttliche wahr-
heiten treibe. Wer nachmal weitere gewißheit zu finden meinet/ dem mag
ichs goͤnnen/ daß er mehr als ich davon erkenne. Wegen der quæſtionis ma-
rrimonialis, will ſichs nicht geziehmen nach einmalig auf begehren weg gege-
benen bedencken/ ſolches ohne dero requirenz vergoͤnſtigung anderwerts hin
zu communiciren. Der angefuͤhrte ſcrupel, daß ich dieſes einige gedencke
aus 3. Moſ. 18/ 18. gibt ſchwerigkeiten/ aber macht die ſache pro tranquil-
latione conſcientiæ, in einer ſolchen anſtoͤßigen ſache noch nicht aus. Der
HErr gebe vornemlich denen/ die es in ſolchem geſchaͤfft bedoͤrffen/ geiſt/ weiß-
heit und gewißheit zu rettung ihrer ſeelen. Davor haben wir hertzlich zu
beten.
1681.
SECTIO XVII.
Wann ein prediger um der gerechtigkeit willen
verfolgt wird/ ob er ſein amt zu verlaſſen? Von Jacob
Boͤhmen. Ob wir uns zu ſtarck an die dol-
metſchung Lutheri binden?
WAs das harte tractament anlanget/ uͤber welches mein werther
bruder klaget/ von ſeiner weltlichen obrigkeit zu erleiden/ kan ich/
der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |