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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
che wahrhafftig an solcher unruhe schuldig sind/ und welchen der vorgewante eyffer
der orthodoxiae (die freylich beybehalten werden muß) nicht eben zu statten kom-
men soll/ zu gebührender straff zu ziehen/ und damit so ihrer lande kirchen und U-
niversitäten mit ernstlicher einführung der wahren ungefärbten gottseligkeit in bes-
sern stand/ auch ruhe zu bringen/ als in der gantzen Evangelischen kirche aus diesen
unwesen entstandenes ärgernüß wieder abzuwenden.

Hiedurch werden sich E. Churf. Durchl. üm göttliche ehr und wahrheit (die zu
erhalten ein hauptmittel ist die verpflegung der fruchtbaren pietet) um der kirchen
wahren wolfahrt u. vieler seelen/ die durch die bisherige ungegründete beschuldigun-
gen irre gemacht/ zu sünden verleitet und von der wahren Gottesfurcht abgeschrecket
worden/ ewiges heyl/ ja um dero gantzen lande glückseligkeit/ die an der güte Got-
tes henget/ hochverdient machen/ und von dem HErrn desto mehr seegen auff dero
regierung laden/ hingegen seine gerichte (die sonsten nechst andern sünden auch durch
diese bißher sehr gereitzet worden sind) desto länger abwenden. den 16. Jan. 1693.

SECTIO XXXI.

Jch liebe keinen streit/ noch bin an den entstande-
nen schuld. Deswegen auch bey der sache freudig. War-
um über Jacob Böhmen nicht urtheilen noch ihn verwer-
fen kan. Ob ein mittler weg zu finden. Hoffnung
zu GOTT zu entschuldigung der sa-
che.

JCh komme so bald auf den mehrern inhalt des brieffes. Da zum allerför-
dersten mit meinen werthen Herrn inniglich bedaure/ die in unserer kirchen
entstandene unruhen. Wie ich aber hoffe/ wer mich von jugend auf gekant
hat/ werde mir das zeuguüß geben/ daß ich mein lebtag nicht nur mit wenigen/ ge-
schweige vielen zustreiten oder zu zancken nie lust gehabt habe/ sondern solche le-
bens-art mir gleichsam von natur einen ekel seye/ also kan ich vor Gottes angesicht
mit reinem gewissen bezeugen/ daß weder jemahlen einen streit und unruhe in der
kirche anzurichten gesuchet/ noch mich schuldig weiß/ dergleichen dinge vorgenom-
men zu haben/ darauß die jenige/ so diesen lermen machen/ eine vor GOTT und
Christlichen hertzen/ redliche ursach desselben gehabt hätten. Sondern ich bedau-
re vielmehr des Satans list/ so dann das schwere gericht GOttes/ welches jenen
viele macht zugelaßen: daß derselbe aus dem jenigen/ was erst zu rechter ruhe/ und
friede der kirchen/ dero gewissestes mittel ist/ wo der wahre lebendige glaube in al-

ler

Das ſechſte Capitel.
che wahrhafftig an ſolcher unꝛuhe ſchuldig ſind/ und welchen der vorgewante eyffer
der orthodoxiæ (die freylich beybehalten werden muß) nicht eben zu ſtatten kom-
men ſoll/ zu gebuͤhrender ſtraff zu ziehen/ und damit ſo ihrer lande kiꝛchen und U-
niverſitaͤten mit ernſtlicher einfuͤhrung der wahren ungefaͤrbten gottſeligkeit in beſ-
ſern ſtand/ auch ruhe zu bringen/ als in der gantzen Evangeliſchen kirche aus dieſen
unweſen entſtandenes aͤrgernuͤß wieder abzuwenden.

Hiedurch werden ſich E. Churf. Durchl. uͤm goͤttliche ehr und wahrheit (die zu
erhalten ein hauptmittel iſt die verpflegung der fruchtbaren pietet) um der kirchen
wahren wolfahrt u. vieler ſeelen/ die durch die bisherige ungegruͤndete beſchuldigun-
gen irre gemacht/ zu ſuͤnden verleitet und von der wahren Gottesfurcht abgeſchrecket
woꝛden/ ewiges heyl/ ja um dero gantzen lande gluͤckſeligkeit/ die an der guͤte Got-
tes henget/ hochverdient machen/ und von dem HErrn deſto mehr ſeegen auff dero
regierung laden/ hingegen ſeine gerichte (die ſonſten nechſt andern ſuͤnden auch durch
dieſe bißher ſehr gereitzet worden ſind) deſto laͤnger abwenden. den 16. Jan. 1693.

SECTIO XXXI.

Jch liebe keinen ſtreit/ noch bin an den entſtande-
nen ſchuld. Deswegen auch bey der ſache freudig. War-
um uͤber Jacob Boͤhmen nicht urtheilen noch ihn verwer-
fen kan. Ob ein mittler weg zu finden. Hoffnung
zu GOTT zu entſchuldigung der ſa-
che.

JCh komme ſo bald auf den mehrern inhalt des brieffes. Da zum allerfoͤr-
derſten mit meinen werthen Herrn inniglich bedaure/ die in unſerer kirchen
entſtandene unruhen. Wie ich aber hoffe/ wer mich von jugend auf gekant
hat/ werde mir das zeuguuͤß geben/ daß ich mein lebtag nicht nur mit wenigen/ ge-
ſchweige vielen zuſtreiten oder zu zancken nie luſt gehabt habe/ ſondern ſolche le-
bens-art mir gleichſam von natur einen ekel ſeye/ alſo kan ich vor Gottes angeſicht
mit reinem gewiſſen bezeugen/ daß weder jemahlen einen ſtreit und unruhe in der
kirche anzurichten geſuchet/ noch mich ſchuldig weiß/ dergleichen dinge vorgenom-
men zu haben/ darauß die jenige/ ſo dieſen lermen machen/ eine vor GOTT und
Chriſtlichen hertzen/ redliche urſach deſſelben gehabt haͤtten. Sondern ich bedau-
re vielmehr des Satans liſt/ ſo dann das ſchwere gericht GOttes/ welches jenen
viele macht zugelaßen: daß derſelbe aus dem jenigen/ was erſt zu rechter ruhe/ und
friede der kirchen/ dero gewiſſeſtes mittel iſt/ wo der wahre lebendige glaube in al-

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[940/0958] Das ſechſte Capitel. che wahrhafftig an ſolcher unꝛuhe ſchuldig ſind/ und welchen der vorgewante eyffer der orthodoxiæ (die freylich beybehalten werden muß) nicht eben zu ſtatten kom- men ſoll/ zu gebuͤhrender ſtraff zu ziehen/ und damit ſo ihrer lande kiꝛchen und U- niverſitaͤten mit ernſtlicher einfuͤhrung der wahren ungefaͤrbten gottſeligkeit in beſ- ſern ſtand/ auch ruhe zu bringen/ als in der gantzen Evangeliſchen kirche aus dieſen unweſen entſtandenes aͤrgernuͤß wieder abzuwenden. Hiedurch werden ſich E. Churf. Durchl. uͤm goͤttliche ehr und wahrheit (die zu erhalten ein hauptmittel iſt die verpflegung der fruchtbaren pietet) um der kirchen wahren wolfahrt u. vieler ſeelen/ die durch die bisherige ungegruͤndete beſchuldigun- gen irre gemacht/ zu ſuͤnden verleitet und von der wahren Gottesfurcht abgeſchrecket woꝛden/ ewiges heyl/ ja um dero gantzen lande gluͤckſeligkeit/ die an der guͤte Got- tes henget/ hochverdient machen/ und von dem HErrn deſto mehr ſeegen auff dero regierung laden/ hingegen ſeine gerichte (die ſonſten nechſt andern ſuͤnden auch durch dieſe bißher ſehr gereitzet worden ſind) deſto laͤnger abwenden. den 16. Jan. 1693. SECTIO XXXI. Jch liebe keinen ſtreit/ noch bin an den entſtande- nen ſchuld. Deswegen auch bey der ſache freudig. War- um uͤber Jacob Boͤhmen nicht urtheilen noch ihn verwer- fen kan. Ob ein mittler weg zu finden. Hoffnung zu GOTT zu entſchuldigung der ſa- che. JCh komme ſo bald auf den mehrern inhalt des brieffes. Da zum allerfoͤr- derſten mit meinen werthen Herrn inniglich bedaure/ die in unſerer kirchen entſtandene unruhen. Wie ich aber hoffe/ wer mich von jugend auf gekant hat/ werde mir das zeuguuͤß geben/ daß ich mein lebtag nicht nur mit wenigen/ ge- ſchweige vielen zuſtreiten oder zu zancken nie luſt gehabt habe/ ſondern ſolche le- bens-art mir gleichſam von natur einen ekel ſeye/ alſo kan ich vor Gottes angeſicht mit reinem gewiſſen bezeugen/ daß weder jemahlen einen ſtreit und unruhe in der kirche anzurichten geſuchet/ noch mich ſchuldig weiß/ dergleichen dinge vorgenom- men zu haben/ darauß die jenige/ ſo dieſen lermen machen/ eine vor GOTT und Chriſtlichen hertzen/ redliche urſach deſſelben gehabt haͤtten. Sondern ich bedau- re vielmehr des Satans liſt/ ſo dann das ſchwere gericht GOttes/ welches jenen viele macht zugelaßen: daß derſelbe aus dem jenigen/ was erſt zu rechter ruhe/ und friede der kirchen/ dero gewiſſeſtes mittel iſt/ wo der wahre lebendige glaube in al- ler

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 940. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/958>, abgerufen am 21.11.2024.