Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. SECTIO XV. Auffmunterung an eine christliche freundin in JCh habe gleichwohl einige zeilen an sie abgehen lassen wollen/ damit sie wer-
Das ſechſte Capitel. SECTIO XV. Auffmunterung an eine chriſtliche freundin in JCh habe gleichwohl einige zeilen an ſie abgehen laſſen wollen/ damit ſie wer-
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Das ſechſte Capitel.
SECTIO XV.
Auffmunterung an eine chriſtliche freundin in
Franckfurt zu ernſtlicher fortfahrung in dem guten.
JCh habe gleichwohl einige zeilen an ſie abgehen laſſen wollen/ damit ſie
eine neue erinnerung habe/ der bey mir unverruckt gegen ſie und uͤbrige/
welche ich in CHriſto ſonders habe kennen lernen/ fortwaͤhrender liebe/
und auch dadurch meiner vor GOtt deſto inbruͤnſtiger zugedencken (welcherley
vorbitte ich von ſo viel mehrern noͤtig habe/ als wichtigere ſtelle ietzo bekleide)
aufgemuntert werde. Mich ſolte auch hertzlich erfreuen/ und eine danckſagung
gegen GOTT wircken/ wann ich durch ſie ſelbſt oder andere oͤffters deren ver-
ſichert werden ſolte/ daß ſie in den wegen des HErrn unablaͤßig und unermuͤ-
det fortfahre/ auch daher ſtaͤts ſo wohl immermehr von dem/ was die welt
angehet/ ſich und die ihrige nach vermoͤgen reinige/ als hingegen an dem in-
nern menſchen in Goͤttlicher krafft zunehme. Welches ſo viel mehr mich zu ihr
verſehe/ weil ſie einmahl erkanndt/ hat/ woran uns allein alles gelegen/ und
alſo was unſerer wahrhafftigen ſorge und angelegenheit wuͤrdig oder nicht wuͤr-
dig ſey: ſo dann/ wie hohe noht itzt ſey/ daß wir in dem licht treulich wandeln/
ſo lange wir es noch haben/ weil die ſtunde der finſternis nahe ſeyn mag/ da-
mit ſie uns nicht uͤberfalle/ und alsdann zu ſpaͤt ſey/ ſich auf die bevorſtehende
verſuchungen zuſchicken/ was vorher hat geſchehen ſollen. Ach ja/ daß die-
ſes uns nimmer von unſern augen/ oder vielmehr hertzen wegkomme/ wie wir
ietzt die zeit der gnaͤdigen heimſuchung haben/ die wir deswegen auch erken-
nen/ und uns derſelben gemaͤß mit annehmung Goͤttlicher gnade bezeugen muͤſ-
ſen/ wollen wir nicht unſere verſeumnis dermaleins alzuſpaͤt bereuen: ſonderlich
das wir bedencken/ es gelte vor GOTT nicht ein euſſerlicher Chriſt/ der ſich
der euſſerlichen anhoͤrung des worts und gebrauchs der Sacramenten ruͤhme/
ſondern der inwendig ein Chriſt ſey/ und jenen goͤttlichen mitteln ihre krafft in ſich
gelaſſen hatte/ daß nicht eine menſchliche unfruchtbahre einbildung den verſtand
nur eingenommen/ ſondern das Goͤttliche licht des glaubens von oben her aus
dem wort unſere hertzen erleuchtet/ und alſo dieſer ſeinen JEſum mit allen ſei-
nen guͤtern wahrhafftig ergriffen/ aber auch damit unſere gantze art/ ſinn und
gemuͤth geaͤndert habe/ daß wir nicht mehr die jenige ſeind/ die wir von der al-
ten natur geweſen/ ſondern der neuen und Goͤttlichen natur in uns gewiſſe zeug-
niſſen aus ihren fruͤchten/ nach denen wir uns ſtets zu pruͤffen/ in uns befinden.
Dann gewißlich/ wo wir in den ofen der truͤbſalen bald werden geworffen
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