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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel
SECTIO XXI.

An einen freund eine beantwortung an meinem verhalten.
gefaster vieler
scrupul. Von anblickung des göttlichen liecht scheins.
Von
putrefaction. Von der wiedergeburt. Daß es GOtt nicht mit
allen auff eine weise halte. Ob meine kräffte in dem dienst des
Spiri-
tus mundi
verzehre. Ob neue jünger mache. Unordnung unser
kirchen verfassung. Ob wir Babel.
Secten streit. Vorsatz
meines gantzen lebens.

JCh habe desselbigen an mich abgebenes vor mehreren monaten empfangen/
die beantwortung aber deswegen länger verschoben/ weil ich den winter zu
einer einigen arbeit/ nemlich ein theil des durch HErren D. Brevings an-
griff veranlasseten wercks durch göttliche gnade heraus zu geben und also zu verfer-
tigen bestimmet hatte. Wie ich dann solche arbeit/ zu dero ich mich nicht einge-
drungen/ sondern der HErr selbst mit zimlich kantlicher seines willens bezeugung
(daher auch ob wol in einer von zimlicher zeit her ungewohneter arbeit daß gemüth
dennoch in einer steten freudigkeit durch seine gnädigen würckung geblieben) beruffen
hatte/ so viel werth geachtet/ daß ich des wegen alle brieffe aussetzte/ welche einiges
mehreres nachsinnen erfoderten/ und ohne verlust dessen/ an den sie zu schreiben wa-
ren/ und also ohn verletzung der liebe könten auffgeschoben werden. Nach dem a-
ber die neuliche meß mit verleihung göttlicher gnade den ersten theil an das licht ge-
geben/ so habe nun einige monate zu den unter den rückständigen annoch nöthigen
briffen bestimmet/ und also auch den seinigen vor die hand nehmen wollen. Wie nun
derselbige sein hertz gegen mich ausgeschüttet/ und sich versichern kan/ daß alles wol
auffgenommen; Wie dann ob andere auch an mir irreten und mir unrecht thäten/
dannoch ihr treumeinen mir gefällig ist/ und mir auch in jenen gelegenheit zu ei-
ner nützlichen selbst prüffung gegeben wird/ welche niemahl ohne frucht bleibet.
Hin wieder trage das vertrauen zu ihm/ er werde auch nicht anders als in der liebe
auffnehmen sollen/ daß ebener massen freymüthig meine gedancken demselben vor-
stelle; und vor GOtt mit ihm handele/ welchen ich auch um seine gnade und geist in
dieser sache angeruffen und anruffe. Es war nun das erste/ wegen eines extracts
eines brieffes/ welchen ich geschrieben/ und darinnen seiner als von ihm mich laedirt
befindende gedacht hätte. Nun entsinne mich nicht an wem ich eigentlich solches
geschrieben/ habe auch nicht wol die zeit/ meine concepten durch zugehen/ ob ich
eine abschrifft davon haben möge; aber es mag wol seyn/ und erinnere mich auch/
daß dergleichen und vielleicht nicht nur an einen ort/ sondern wo mir von mehrern
gelegenheit gegeben worden/ an mehrere geschrieben haben werde. Es ist aber sol-

ches
Das ſechſte Capitel
SECTIO XXI.

An einen freund eine beantwortung an meinem verhalten.
gefaſter vieler
ſcrupul. Von anblickung des goͤttlichen liecht ſcheins.
Von
putrefaction. Von der wiedergeburt. Daß es GOtt nicht mit
allen auff eine weiſe halte. Ob meine kraͤffte in dem dienſt des
Spiri-
tus mundi
verzehre. Ob neue juͤnger mache. Unordnung unſer
kirchen verfaſſung. Ob wir Babel.
Secten ſtreit. Vorſatz
meines gantzen lebens.

JCh habe deſſelbigen an mich abgebenes vor mehreren monaten empfangen/
die beantwortung aber deswegen laͤnger verſchoben/ weil ich den winter zu
einer einigen arbeit/ nemlich ein theil des durch HErren D. Brevings an-
griff veranlaſſeten wercks durch goͤttliche gnade heraus zu geben und alſo zu verfer-
tigen beſtimmet hatte. Wie ich dann ſolche arbeit/ zu dero ich mich nicht einge-
drungen/ ſondern der HErr ſelbſt mit zimlich kantlicher ſeines willens bezeugung
(daher auch ob wol in einer von zimlicher zeit her ungewohneter arbeit daß gemuͤth
dennoch in einer ſteten freudigkeit durch ſeine gnaͤdigen wuͤrckung geblieben) beruffen
hatte/ ſo viel werth geachtet/ daß ich des wegen alle brieffe ausſetzte/ welche einiges
mehreres nachſinnen erfoderten/ und ohne verluſt deſſen/ an den ſie zu ſchreiben wa-
ren/ und alſo ohn verletzung der liebe koͤnten auffgeſchoben werden. Nach dem a-
ber die neuliche meß mit verleihung goͤttlicher gnade den erſten theil an das licht ge-
geben/ ſo habe nun einige monate zu den unter den ruͤckſtaͤndigen annoch noͤthigen
briffen beſtim̃et/ und alſo auch den ſeinigen vor die hand nehmen wollen. Wie nun
derſelbige ſein hertz gegen mich ausgeſchuͤttet/ und ſich verſichern kan/ daß alles wol
auffgenommen; Wie dann ob andere auch an mir irreten und mir unrecht thaͤten/
dannoch ihr treumeinen mir gefaͤllig iſt/ und mir auch in jenen gelegenheit zu ei-
ner nuͤtzlichen ſelbſt pruͤffung gegeben wird/ welche niemahl ohne frucht bleibet.
Hin wieder trage das vertrauen zu ihm/ er werde auch nicht anders als in der liebe
auffnehmen ſollen/ daß ebener maſſen freymuͤthig meine gedancken demſelben vor-
ſtelle; und vor GOtt mit ihm handele/ welchen ich auch um ſeine gnade und geiſt in
dieſer ſache angeruffen und anruffe. Es war nun das erſte/ wegen eines extracts
eines brieffes/ welchen ich geſchrieben/ und darinnen ſeiner als von ihm mich lædirt
befindende gedacht haͤtte. Nun entſinne mich nicht an wem ich eigentlich ſolches
geſchrieben/ habe auch nicht wol die zeit/ meine concepten durch zugehen/ ob ich
eine abſchrifft davon haben moͤge; aber es mag wol ſeyn/ und erinnere mich auch/
daß dergleichen und vielleicht nicht nur an einen ort/ ſondern wo mir von mehrern
gelegenheit gegeben worden/ an mehrere geſchrieben haben werde. Es iſt aber ſol-

ches
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[582/0600] Das ſechſte Capitel SECTIO XXI. An einen freund eine beantwortung an meinem verhalten. gefaſter vieler ſcrupul. Von anblickung des goͤttlichen liecht ſcheins. Von putrefaction. Von der wiedergeburt. Daß es GOtt nicht mit allen auff eine weiſe halte. Ob meine kraͤffte in dem dienſt des Spiri- tus mundi verzehre. Ob neue juͤnger mache. Unordnung unſer kirchen verfaſſung. Ob wir Babel. Secten ſtreit. Vorſatz meines gantzen lebens. JCh habe deſſelbigen an mich abgebenes vor mehreren monaten empfangen/ die beantwortung aber deswegen laͤnger verſchoben/ weil ich den winter zu einer einigen arbeit/ nemlich ein theil des durch HErren D. Brevings an- griff veranlaſſeten wercks durch goͤttliche gnade heraus zu geben und alſo zu verfer- tigen beſtimmet hatte. Wie ich dann ſolche arbeit/ zu dero ich mich nicht einge- drungen/ ſondern der HErr ſelbſt mit zimlich kantlicher ſeines willens bezeugung (daher auch ob wol in einer von zimlicher zeit her ungewohneter arbeit daß gemuͤth dennoch in einer ſteten freudigkeit durch ſeine gnaͤdigen wuͤrckung geblieben) beruffen hatte/ ſo viel werth geachtet/ daß ich des wegen alle brieffe ausſetzte/ welche einiges mehreres nachſinnen erfoderten/ und ohne verluſt deſſen/ an den ſie zu ſchreiben wa- ren/ und alſo ohn verletzung der liebe koͤnten auffgeſchoben werden. Nach dem a- ber die neuliche meß mit verleihung goͤttlicher gnade den erſten theil an das licht ge- geben/ ſo habe nun einige monate zu den unter den ruͤckſtaͤndigen annoch noͤthigen briffen beſtim̃et/ und alſo auch den ſeinigen vor die hand nehmen wollen. Wie nun derſelbige ſein hertz gegen mich ausgeſchuͤttet/ und ſich verſichern kan/ daß alles wol auffgenommen; Wie dann ob andere auch an mir irreten und mir unrecht thaͤten/ dannoch ihr treumeinen mir gefaͤllig iſt/ und mir auch in jenen gelegenheit zu ei- ner nuͤtzlichen ſelbſt pruͤffung gegeben wird/ welche niemahl ohne frucht bleibet. Hin wieder trage das vertrauen zu ihm/ er werde auch nicht anders als in der liebe auffnehmen ſollen/ daß ebener maſſen freymuͤthig meine gedancken demſelben vor- ſtelle; und vor GOtt mit ihm handele/ welchen ich auch um ſeine gnade und geiſt in dieſer ſache angeruffen und anruffe. Es war nun das erſte/ wegen eines extracts eines brieffes/ welchen ich geſchrieben/ und darinnen ſeiner als von ihm mich lædirt befindende gedacht haͤtte. Nun entſinne mich nicht an wem ich eigentlich ſolches geſchrieben/ habe auch nicht wol die zeit/ meine concepten durch zugehen/ ob ich eine abſchrifft davon haben moͤge; aber es mag wol ſeyn/ und erinnere mich auch/ daß dergleichen und vielleicht nicht nur an einen ort/ ſondern wo mir von mehrern gelegenheit gegeben worden/ an mehrere geſchrieben haben werde. Es iſt aber ſol- ches

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/600>, abgerufen am 21.11.2024.