Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECT. XXXI. zu halten. Da nicht wenige verständige leute aus deme/ weil das geschrey in derstadt entstanden/ und so starck überhand genommen/ unfehlbahrlich schliessen wollen/ es müste auffs wenigste an jeglichem ob wohl nicht alles/ doch etwas/ wahr seyn. Aber hierhaben wir ein exempel/ wo nicht das aller geringste wörtlein von allem wahr ist; und dennoch kaum den reden gesteuret werden kan. Jch sehe offtmahls die sache mit verwunderung an/ wie es kommen müste/ daß mich GOtt eine zimliche lange zeit fast stets die fabulam vulgi seyn lasse/ da mir bald mehr gutes/ als ich je gethan/ zuleget/ bald allerhand böses/ wo ich auch unschuldig/ auffgebürdet/ bald al- lerhand andere unerfindliche begebenheiten von mir erzehlet werden. Auffs we- nigste ist mirs eine übung eine und andere gemüths bewegung durch gewohnheit in ihre rechte GOTT gefällige ordnung zu bringen/ dazu mir der HENR selbst die gnade auff daß sein rath auch darinen an mir erfüllet werde/ verleihen wolle. 5. Mai. 1681. SECTIO XXXI. An einen Fürstlichen Theologum zu suchung OB wohl dieses das erste mahl ist/ daß an denselben zu schreiben mich unter- gerich- Mmm
ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECT. XXXI. zu halten. Da nicht wenige verſtaͤndige leute aus deme/ weil das geſchrey in derſtadt entſtanden/ und ſo ſtarck uͤberhand genommen/ unfehlbahrlich ſchlieſſen wollen/ es muͤſte auffs wenigſte an jeglichem ob wohl nicht alles/ doch etwas/ wahr ſeyn. Aber hierhaben wiꝛ ein exempel/ wo nicht das alleꝛ geꝛingſte woͤꝛtlein von allem wahr iſt; und dennoch kaum den reden geſteuret werden kan. Jch ſehe offtmahls die ſache mit verwunderung an/ wie es kommen muͤſte/ daß mich GOtt eine zimliche lange zeit faſt ſtets die fabulam vulgi ſeyn laſſe/ da mir bald mehr gutes/ als ich je gethan/ zuleget/ bald allerhand boͤſes/ wo ich auch unſchuldig/ auffgebuͤrdet/ bald al- lerhand andere unerfindliche begebenheiten von mir erzehlet werden. Auffs we- nigſte iſt mirs eine uͤbung eine und andere gemuͤths bewegung durch gewohnheit in ihre rechte GOTT gefaͤllige ordnung zu bringen/ dazu mir der HENR ſelbſt die gnade auff daß ſein rath auch darinen an mir erfuͤllet werde/ verleihen wolle. 5. Mai. 1681. SECTIO XXXI. An einen Fuͤrſtlichen Theologum zu ſuchung OB wohl dieſes das erſte mahl iſt/ daß an denſelben zu ſchreiben mich unter- gerich- Mmm
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ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECT. XXXI.
zu halten. Da nicht wenige verſtaͤndige leute aus deme/ weil das geſchrey in der
ſtadt entſtanden/ und ſo ſtarck uͤberhand genommen/ unfehlbahrlich ſchlieſſen wollen/
es muͤſte auffs wenigſte an jeglichem ob wohl nicht alles/ doch etwas/ wahr ſeyn.
Aber hierhaben wiꝛ ein exempel/ wo nicht das alleꝛ geꝛingſte woͤꝛtlein von allem wahr
iſt; und dennoch kaum den reden geſteuret werden kan. Jch ſehe offtmahls die
ſache mit verwunderung an/ wie es kommen muͤſte/ daß mich GOtt eine zimliche
lange zeit faſt ſtets die fabulam vulgi ſeyn laſſe/ da mir bald mehr gutes/ als ich je
gethan/ zuleget/ bald allerhand boͤſes/ wo ich auch unſchuldig/ auffgebuͤrdet/ bald al-
lerhand andere unerfindliche begebenheiten von mir erzehlet werden. Auffs we-
nigſte iſt mirs eine uͤbung eine und andere gemuͤths bewegung durch gewohnheit in
ihre rechte GOTT gefaͤllige ordnung zu bringen/ dazu mir der HENR ſelbſt
die gnade auff daß ſein rath auch darinen an mir erfuͤllet werde/ verleihen wolle.
5. Mai. 1681.
SECTIO XXXI.
An einen Fuͤrſtlichen Theologum zu ſuchung
deſſen freundſchafft: Warum einiger in dergleichen ſchone.
Bitte meiner auff der cantzel nicht zu gedencken.
Herrn von Seckendorff.
OB wohl dieſes das erſte mahl iſt/ daß an denſelben zu ſchreiben mich unter-
nehme/ und die feder anſetze/ ſo bedarff es doch nicht vieler entſchuldigung/ in
dem durch die brieffliche unterredung nicht erſt noͤthig iſt/ einige bruͤderliche
lieb unter uns geſtifftet zu werden/ als welche der HERR in beyderſeits hertzen be-
reits entzuͤndet hat. Wie ich dann von der zeit/ als von meines Hochgelibten
Herrn und werthen bruders redlicher intention ſeinem GOTT mit aller treu zu
dienen/ und den theuren in ihn gelegten gaben erſtlich/ nachmahl aber und biß da-
her von dem jenigen ruͤhmlichen fleiß/ welcher bereits bey dem ſo durchlauchtigſten
als ſonſten hochan ſehnlihem auditorio zeit bißheriger bedienung mit reichem ſe-
gen GOttes angewendet worden/ durch hohe und andere Chriſtliche zeugen ſo viel
gutes gehoͤret/ nicht anders gekont/ als ein ſolches werthes werckzeuge Goͤttlicher
ehre inniglich zu lieben. Wie wir dann/ wo wir recht erwegen/ wo zu wir von
dem HERREN HERREN in die welt geſandt/ und was das vornehmſte un-
ter allen iſt/ erkennen werden/ daß uns die jenige naͤher angehoͤren/ mit melchem wir
in einem geiſt ſtehen/ der uns regieret/ und in dem wir leben/ als einige die nechſte
des fleiſches vorwandſchafft ein enges band machen kan; ſo gehoͤret ſich auch eine
ſo viel inniglichere liebe gegen dieſelbe zu tragen/ an welchen der Goͤttlichen ehre das
meiſte gelegen iſt/ und die alſo zu dem hauptzweck/ warum alles iſt/ und worzu alles
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