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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das fünffte Capitel.
zeugnüß seiner allmacht und seiner güte an ihr erzeigen/ und sie zum wunder/
denen die ihn lieben/ stellen wolle/ damit auch ihrentwegen ihm viel dancks mö-
ge gebracht werden. Nahet sich aber die zeit des seligen abschiedes/ so lasse er
vorher einen blick aus jener ewigkeit in ihre seele schiessen zu ihrer auffmunte-
rung/ stärcke sie in dem glauben auf den letzten kampff/ mache sie des sieges ih-
res treuen Heylandes vollkommen theilhafftig/ und führe ihre seele in seine
heilige wohnung zu seiner seligen schaue und unserer ewigen wieder-vereini-
gung. Wie dieser wunsch aus gläubigem und treuem hertzen gehet/ also ver-
sehe ich mich gegen meinen himmlischen Vater/ daß er auch denselben nicht
werde unerhört lassen/ und werde auch damit nicht nachlassen/ so lange sie noch
in dieser pilgramschafft zu seyn wissen werde/ nach dero abschied aber mich
freuen des sehens droben/ da keines mehr an dem andern anders als lauter
vergnügliches ohne einige schwachheit sehen wird. 1686.

SECTIO XXXVIII.
Vorbitte für mich. Jahrgang von den gnaden-
schätzen. Fleißige handlung der heiligen schrifft. Trost
gegen die forcht des todes/ wegen der gefahr/ wo man an dem letz-
ten ende aus mangel gehörs und gesichts göttliches wort nicht
mehr hören noch lesen könte.

JCh bedancke mich für die so hertzlich gegen mich bezeugende liebe/ vor-
nemlich in dem eiffrigen und gottseligen wünschen/ an dero krafft ich
nicht zweiffle/ sondern vielmehr/ daß sie von GOTT um seines liebsten
Sohns willen gnädig auf art und weise/ wie es seiner ehre gemäß seyn wird/
erhöret werden werden/ mich zuversichtlich getröste. Ach wie bedarff ich so
höchlich lieber christlicher mit-brüder brüderlichen gebets/ der ich nicht nur als
ein Prediger (da doch unser stand insgemein vor allen der allergefährlichste
ist) sondern unter und vor andern Predigern in unterschiedlichen umständen
stets in solcher gefahr schwebe/ darinnen ich ohne anderer frommer mit-Chri-
sten gebet je nicht bestehen und erhalten werden könte; wo ich bedencke/ wie
viel mir anvertrauet/ und was vor eine weißheit darzu nöthig seye/ die ich
aber bey mir nicht finde: Wie dann dem HErrn HErrn meine noth und anli-
ligen bekant ist/ und er treuer brüder vorbitte um seines liebsten Sohns wil-
len auch für mich in gnaden ansehen wird. Sonderlich hat mich erfreuet die
christliche anwünschung des göttlichen segens zu dem damal vorgestandenen
kirchen-jahr/ und zweiffle auch an desselben erfolg nicht. Jch erkenne aber die
göttliche gnade/ darzu mir so viel nöthiger als wichtiger die materie ist/ welche
ich mir in dem nahmen des HErrn vor solches jahrs methodum erwehlet
habe/ nemlichen zu tractiren die theure wolthaten und schätze der seligkeit/ wel-

che

Das fuͤnffte Capitel.
zeugnuͤß ſeiner allmacht und ſeiner guͤte an ihr erzeigen/ und ſie zum wunder/
denen die ihn lieben/ ſtellen wolle/ damit auch ihrentwegen ihm viel dancks moͤ-
ge gebracht werden. Nahet ſich aber die zeit des ſeligen abſchiedes/ ſo laſſe er
vorher einen blick aus jener ewigkeit in ihre ſeele ſchieſſen zu ihrer auffmunte-
rung/ ſtaͤrcke ſie in dem glauben auf den letzten kampff/ mache ſie des ſieges ih-
res treuen Heylandes vollkommen theilhafftig/ und fuͤhre ihre ſeele in ſeine
heilige wohnung zu ſeiner ſeligen ſchaue und unſerer ewigen wieder-vereini-
gung. Wie dieſer wunſch aus glaͤubigem und treuem hertzen gehet/ alſo ver-
ſehe ich mich gegen meinen himmliſchen Vater/ daß er auch denſelben nicht
werde unerhoͤrt laſſen/ und werde auch damit nicht nachlaſſen/ ſo lange ſie noch
in dieſer pilgramſchafft zu ſeyn wiſſen werde/ nach dero abſchied aber mich
freuen des ſehens droben/ da keines mehr an dem andern anders als lauter
vergnuͤgliches ohne einige ſchwachheit ſehen wird. 1686.

SECTIO XXXVIII.
Vorbitte fuͤr mich. Jahrgang von den gnaden-
ſchaͤtzen. Fleißige handlung der heiligen ſchrifft. Troſt
gegen die forcht des todes/ wegen der gefahr/ wo man an dem letz-
ten ende aus mangel gehoͤrs und geſichts goͤttliches wort nicht
mehr hoͤren noch leſen koͤnte.

JCh bedancke mich fuͤr die ſo hertzlich gegen mich bezeugende liebe/ vor-
nemlich in dem eiffrigen und gottſeligen wuͤnſchen/ an dero krafft ich
nicht zweiffle/ ſondern vielmehr/ daß ſie von GOTT um ſeines liebſten
Sohns willen gnaͤdig auf art und weiſe/ wie es ſeiner ehre gemaͤß ſeyn wird/
erhoͤret werden werden/ mich zuverſichtlich getroͤſte. Ach wie bedarff ich ſo
hoͤchlich lieber chriſtlicher mit-bruͤder bruͤderlichen gebets/ der ich nicht nur als
ein Prediger (da doch unſer ſtand insgemein vor allen der allergefaͤhrlichſte
iſt) ſondern unter und vor andern Predigern in unterſchiedlichen umſtaͤnden
ſtets in ſolcher gefahr ſchwebe/ darinnen ich ohne anderer frommer mit-Chri-
ſten gebet je nicht beſtehen und erhalten werden koͤnte; wo ich bedencke/ wie
viel mir anvertrauet/ und was vor eine weißheit darzu noͤthig ſeye/ die ich
aber bey mir nicht finde: Wie dann dem HErrn HErrn meine noth und anli-
ligen bekant iſt/ und er treuer bruͤder vorbitte um ſeines liebſten Sohns wil-
len auch fuͤr mich in gnaden anſehen wird. Sonderlich hat mich erfreuet die
chriſtliche anwuͤnſchung des goͤttlichen ſegens zu dem damal vorgeſtandenen
kirchen-jahr/ und zweiffle auch an deſſelben erfolg nicht. Jch erkenne aber die
goͤttliche gnade/ darzu mir ſo viel noͤthiger als wichtiger die materie iſt/ welche
ich mir in dem nahmen des HErrn vor ſolches jahrs methodum erwehlet
habe/ nemlichen zu tractiren die theure wolthaten und ſchaͤtze der ſeligkeit/ wel-

che
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[876/0884] Das fuͤnffte Capitel. zeugnuͤß ſeiner allmacht und ſeiner guͤte an ihr erzeigen/ und ſie zum wunder/ denen die ihn lieben/ ſtellen wolle/ damit auch ihrentwegen ihm viel dancks moͤ- ge gebracht werden. Nahet ſich aber die zeit des ſeligen abſchiedes/ ſo laſſe er vorher einen blick aus jener ewigkeit in ihre ſeele ſchieſſen zu ihrer auffmunte- rung/ ſtaͤrcke ſie in dem glauben auf den letzten kampff/ mache ſie des ſieges ih- res treuen Heylandes vollkommen theilhafftig/ und fuͤhre ihre ſeele in ſeine heilige wohnung zu ſeiner ſeligen ſchaue und unſerer ewigen wieder-vereini- gung. Wie dieſer wunſch aus glaͤubigem und treuem hertzen gehet/ alſo ver- ſehe ich mich gegen meinen himmliſchen Vater/ daß er auch denſelben nicht werde unerhoͤrt laſſen/ und werde auch damit nicht nachlaſſen/ ſo lange ſie noch in dieſer pilgramſchafft zu ſeyn wiſſen werde/ nach dero abſchied aber mich freuen des ſehens droben/ da keines mehr an dem andern anders als lauter vergnuͤgliches ohne einige ſchwachheit ſehen wird. 1686. SECTIO XXXVIII. Vorbitte fuͤr mich. Jahrgang von den gnaden- ſchaͤtzen. Fleißige handlung der heiligen ſchrifft. Troſt gegen die forcht des todes/ wegen der gefahr/ wo man an dem letz- ten ende aus mangel gehoͤrs und geſichts goͤttliches wort nicht mehr hoͤren noch leſen koͤnte. JCh bedancke mich fuͤr die ſo hertzlich gegen mich bezeugende liebe/ vor- nemlich in dem eiffrigen und gottſeligen wuͤnſchen/ an dero krafft ich nicht zweiffle/ ſondern vielmehr/ daß ſie von GOTT um ſeines liebſten Sohns willen gnaͤdig auf art und weiſe/ wie es ſeiner ehre gemaͤß ſeyn wird/ erhoͤret werden werden/ mich zuverſichtlich getroͤſte. Ach wie bedarff ich ſo hoͤchlich lieber chriſtlicher mit-bruͤder bruͤderlichen gebets/ der ich nicht nur als ein Prediger (da doch unſer ſtand insgemein vor allen der allergefaͤhrlichſte iſt) ſondern unter und vor andern Predigern in unterſchiedlichen umſtaͤnden ſtets in ſolcher gefahr ſchwebe/ darinnen ich ohne anderer frommer mit-Chri- ſten gebet je nicht beſtehen und erhalten werden koͤnte; wo ich bedencke/ wie viel mir anvertrauet/ und was vor eine weißheit darzu noͤthig ſeye/ die ich aber bey mir nicht finde: Wie dann dem HErrn HErrn meine noth und anli- ligen bekant iſt/ und er treuer bruͤder vorbitte um ſeines liebſten Sohns wil- len auch fuͤr mich in gnaden anſehen wird. Sonderlich hat mich erfreuet die chriſtliche anwuͤnſchung des goͤttlichen ſegens zu dem damal vorgeſtandenen kirchen-jahr/ und zweiffle auch an deſſelben erfolg nicht. Jch erkenne aber die goͤttliche gnade/ darzu mir ſo viel noͤthiger als wichtiger die materie iſt/ welche ich mir in dem nahmen des HErrn vor ſolches jahrs methodum erwehlet habe/ nemlichen zu tractiren die theure wolthaten und ſchaͤtze der ſeligkeit/ wel- che

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 876. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/884>, abgerufen am 21.11.2024.