Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das fünffte Capitel. maaß gibet/ zu andernmalen auch so vielmehr aus den bächen Belials bescheidthun/ und nicht weniger den höllen-geschmack einnehmen/ als sich zu andernma- len mit dem Manna des paradieses erquicken/ so stehen sie auch in so viel grösserer gefahr vor andern (conf. Ebr. 6, 4. 5. 6.) wegen der mehr empfangenen güter/ und also erforderender danckbarkeit/ daß ihre sünden so viel schwehrer in göttlichem gericht angesehen/ und da sie derselben anfangen muthwilliglich nachzuhängen/ sie auch eher von GOtt dem gericht der verstockung überlassen werden. Da hinge- gen bey andern/ welche mit mehr furcht und zittern ihre seeligkeit schaffen müssen/ ob sie schon vieler freude/ welche jene beseliget/ entrathen müssen/ geschihet/ daß auch ihrer schwachheit in andren stücken von GOtt mehr geschonet/ und doch zu- weilen etwas/ ob zwahr in geringem grad/ von göttlichem süssem trost zu schme- cken gegeben/ das übrige aber in jene ewigkeit versparet wird. Der grundgütige GOtt helffe deroselben das auffgelegte creutz also tragen/ daß sie seine güte und weisen rath darinnen erkenne/ und eben aus solchem sich tröste: er erqvicke sie aber auch zu weilen nach seinem heiligen wolgefallen mit einigem geschmack derselben süßigkeit/ dero ermanglung ihr sonsten so schwehr werden will/ daß sie ihm auch hier dafür dancke/ und der übrigen zeit trostlose dürrigkeit mit deren wieder gedächt- nüß so vielleichter ertragen könne. SECTIO XX. Von zuspruch an einen schwehr angefochtenen. Bey der anfechtung auch meistens schwachheit der natur. JCh habe den HErrn anzuruffen/ der seine gnade und seegen zu solchem ent-
Das fuͤnffte Capitel. maaß gibet/ zu andernmalen auch ſo vielmehr aus den baͤchen Belials beſcheidthun/ und nicht weniger den hoͤllen-geſchmack einnehmen/ als ſich zu andernma- len mit dem Manna des paradieſes erquicken/ ſo ſtehen ſie auch in ſo viel groͤſſerer gefahr vor andern (conf. Ebr. 6, 4. 5. 6.) wegen der mehr empfangenen guͤter/ und alſo erforderender danckbarkeit/ daß ihre ſuͤnden ſo viel ſchwehrer in goͤttlichem gericht angeſehen/ und da ſie derſelben anfangen muthwilliglich nachzuhaͤngen/ ſie auch eher von GOtt dem gericht der verſtockung uͤberlaſſen werden. Da hinge- gen bey andern/ welche mit mehr furcht und zittern ihre ſeeligkeit ſchaffen muͤſſen/ ob ſie ſchon vieler freude/ welche jene beſeliget/ entrathen muͤſſen/ geſchihet/ daß auch ihrer ſchwachheit in andren ſtuͤcken von GOtt mehr geſchonet/ und doch zu- weilen etwas/ ob zwahr in geringem grad/ von goͤttlichem ſuͤſſem troſt zu ſchme- cken gegeben/ das uͤbrige aber in jene ewigkeit verſparet wird. Der grundguͤtige GOtt helffe deroſelben das auffgelegte creutz alſo tragen/ daß ſie ſeine guͤte und weiſen rath darinnen erkenne/ und eben aus ſolchem ſich troͤſte: er erqvicke ſie aber auch zu weilen nach ſeinem heiligen wolgefallen mit einigem geſchmack derſelben ſuͤßigkeit/ dero ermanglung ihr ſonſten ſo ſchwehr werden will/ daß ſie ihm auch hier dafuͤr dancke/ und der uͤbrigen zeit troſtloſe duͤrrigkeit mit deren wieder gedaͤcht- nuͤß ſo vielleichter ertragen koͤnne. SECTIO XX. Von zuſpruch an einen ſchwehr angefochtenen. Bey der anfechtung auch meiſtens ſchwachheit der natur. JCh habe den HErrn anzuruffen/ der ſeine gnade und ſeegen zu ſolchem ent-
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Das fuͤnffte Capitel.
maaß gibet/ zu andernmalen auch ſo vielmehr aus den baͤchen Belials beſcheid
thun/ und nicht weniger den hoͤllen-geſchmack einnehmen/ als ſich zu andernma-
len mit dem Manna des paradieſes erquicken/ ſo ſtehen ſie auch in ſo viel groͤſſerer
gefahr vor andern (conf. Ebr. 6, 4. 5. 6.) wegen der mehr empfangenen guͤter/
und alſo erforderender danckbarkeit/ daß ihre ſuͤnden ſo viel ſchwehrer in goͤttlichem
gericht angeſehen/ und da ſie derſelben anfangen muthwilliglich nachzuhaͤngen/ ſie
auch eher von GOtt dem gericht der verſtockung uͤberlaſſen werden. Da hinge-
gen bey andern/ welche mit mehr furcht und zittern ihre ſeeligkeit ſchaffen muͤſſen/
ob ſie ſchon vieler freude/ welche jene beſeliget/ entrathen muͤſſen/ geſchihet/ daß
auch ihrer ſchwachheit in andren ſtuͤcken von GOtt mehr geſchonet/ und doch zu-
weilen etwas/ ob zwahr in geringem grad/ von goͤttlichem ſuͤſſem troſt zu ſchme-
cken gegeben/ das uͤbrige aber in jene ewigkeit verſparet wird. Der grundguͤtige
GOtt helffe deroſelben das auffgelegte creutz alſo tragen/ daß ſie ſeine guͤte und
weiſen rath darinnen erkenne/ und eben aus ſolchem ſich troͤſte: er erqvicke ſie aber
auch zu weilen nach ſeinem heiligen wolgefallen mit einigem geſchmack derſelben
ſuͤßigkeit/ dero ermanglung ihr ſonſten ſo ſchwehr werden will/ daß ſie ihm auch
hier dafuͤr dancke/ und der uͤbrigen zeit troſtloſe duͤrrigkeit mit deren wieder gedaͤcht-
nuͤß ſo vielleichter ertragen koͤnne.
SECTIO XX.
Von zuſpruch an einen ſchwehr angefochtenen.
Bey der anfechtung auch meiſtens ſchwachheit
der natur.
JCh habe den HErrn anzuruffen/ der ſeine gnade und ſeegen zu ſolchem
zuſpruch verleihen wolle/ daß der zugeſchriebene troſt in das hertz trin-
ge/ und darinnen lebendig verſiegelt werde. Zu voͤlliger befreyung
habe ich natuͤrlicher weiſe (dann der HErr kan durch ſeine wunder-krafft
und guͤte manches thun/ uͤber das was wir bitten und verſtehen) wenig
hoffnung/ als der ich den gantzen zuſtand nicht bloß vor eine geiſtliche anfechtung
halte/ ſondern glaube/ der grund derſelben ſeye erſtlich eine natuͤrliche leibliche
ſchwachheit eines nicht nur melancholiſchen temperaments, ſondern auch
lang geſamleten mali hypochondriaci, ſo ihn nicht nur zu den amts-verrich-
tungen/ ſondern ohne zweiffel zu allem andern/ wo ein freyes gemuͤth und nach-
ſinnen erfordert wird/ ungeſchickt gemacht haben wird. Daher weil auch das
geiſtliche gleichwol in der ſeele und dero natuͤrlichen kraͤfften/ verſtand/ willen u. ſ. f.
wircken muß/ dieſe kraͤfften aber eben ſowol je nachdem die innere glieder des lei-
bes/ ſonderlich gebluͤt und geiſterlein in demſelben beqvem oder nicht beqvem ſind/
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