Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das fünffte Capitel. zu seyn nicht zweiffele/ daher sie so viel weniger wird meiner anleitung bedürffen:Nur daß ich dieses einige auch hierbey hertzlich recommendiren will/ mit nicht wenigerm fleiß und angelegenheit vor andere/ sonderlich Christliche mit-brüder und mit-schwestern/ und also wahre kinder Gottes/ zu beten/ als sie vor sich selbst be- tet/ auch zu glauben/ die hertzliche andacht in dem gebet vor anderer anliegen/ wegen der darinnen übender und gottgefälligen liebe/ erlange ihr eine so viel reich- lichere erhörung auch aller vor sich selbst thuender bitten. Sonderlich weil der- jenige/ der mit steter angelegenheit/ vor alle wahre glaubige/ sonderlich die ihm GOtt hat lassen bekant werden/ zu GOtt ruffet/ täglich gleichsam so viel tieffer in die gemeinschafft der heiligen eintringt/ und mit denselben vor GOtt genauer verbunden wird/ daher auch aller derselben gebet/ vor welche er bittet/ nicht weni- ger vor dem thron der gnaden vor ihm angesehen wird/ und sein schwaches ge- bet vor seine nothdurfft desto mehr bestärcket. Hiemit empfehle ich sie samt ih- rem gantzen hause GOtt und dem wort seiner gnade/ der da mächtig und nicht weniger willig ist/ euch zuerbauen/ und zu geben das erbe unter allen die geheili- get werden. 1689. SECTIO XIX. Vermahnung an eine Jungfrau/ die GOtt kräfftig zur busse ruffte. NAch derjenigen liebe/ mit welcher mich GOtt allen denjenigen/ die ich nem
Das fuͤnffte Capitel. zu ſeyn nicht zweiffele/ daher ſie ſo viel weniger wird meiner anleitung beduͤrffen:Nur daß ich dieſes einige auch hierbey hertzlich recommendiren will/ mit nicht wenigerm fleiß und angelegenheit vor andere/ ſonderlich Chriſtliche mit-bruͤder und mit-ſchweſtern/ und alſo wahre kinder Gottes/ zu beten/ als ſie vor ſich ſelbſt be- tet/ auch zu glauben/ die hertzliche andacht in dem gebet vor anderer anliegen/ wegen der darinnen uͤbender und gottgefaͤlligen liebe/ erlange ihr eine ſo viel reich- lichere erhoͤrung auch aller vor ſich ſelbſt thuender bitten. Sonderlich weil der- jenige/ der mit ſteter angelegenheit/ vor alle wahre glaubige/ ſonderlich die ihm GOtt hat laſſen bekant werden/ zu GOtt ruffet/ taͤglich gleichſam ſo viel tieffer in die gemeinſchafft der heiligen eintringt/ und mit denſelben vor GOtt genauer verbunden wird/ daher auch aller derſelben gebet/ vor welche er bittet/ nicht weni- ger vor dem thron der gnaden vor ihm angeſehen wird/ und ſein ſchwaches ge- bet vor ſeine nothdurfft deſto mehr beſtaͤrcket. Hiemit empfehle ich ſie ſamt ih- rem gantzen hauſe GOtt und dem wort ſeiner gnade/ der da maͤchtig und nicht weniger willig iſt/ euch zuerbauen/ und zu geben das erbe unter allen die geheili- get werden. 1689. SECTIO XIX. Vermahnung an eine Jungfrau/ die GOtt kraͤfftig zur buſſe ruffte. NAch derjenigen liebe/ mit welcher mich GOtt allen denjenigen/ die ich nem
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Das fuͤnffte Capitel.
zu ſeyn nicht zweiffele/ daher ſie ſo viel weniger wird meiner anleitung beduͤrffen:
Nur daß ich dieſes einige auch hierbey hertzlich recommendiren will/ mit nicht
wenigerm fleiß und angelegenheit vor andere/ ſonderlich Chriſtliche mit-bruͤder und
mit-ſchweſtern/ und alſo wahre kinder Gottes/ zu beten/ als ſie vor ſich ſelbſt be-
tet/ auch zu glauben/ die hertzliche andacht in dem gebet vor anderer anliegen/
wegen der darinnen uͤbender und gottgefaͤlligen liebe/ erlange ihr eine ſo viel reich-
lichere erhoͤrung auch aller vor ſich ſelbſt thuender bitten. Sonderlich weil der-
jenige/ der mit ſteter angelegenheit/ vor alle wahre glaubige/ ſonderlich die ihm
GOtt hat laſſen bekant werden/ zu GOtt ruffet/ taͤglich gleichſam ſo viel tieffer
in die gemeinſchafft der heiligen eintringt/ und mit denſelben vor GOtt genauer
verbunden wird/ daher auch aller derſelben gebet/ vor welche er bittet/ nicht weni-
ger vor dem thron der gnaden vor ihm angeſehen wird/ und ſein ſchwaches ge-
bet vor ſeine nothdurfft deſto mehr beſtaͤrcket. Hiemit empfehle ich ſie ſamt ih-
rem gantzen hauſe GOtt und dem wort ſeiner gnade/ der da maͤchtig und nicht
weniger willig iſt/ euch zuerbauen/ und zu geben das erbe unter allen die geheili-
get werden. 1689.
SECTIO XIX.
Vermahnung an eine Jungfrau/ die GOtt
kraͤfftig zur buſſe ruffte.
NAch derjenigen liebe/ mit welcher mich GOtt allen denjenigen/ die ich
in ihrer lieben ſtatt habe kennen lernen/ verbunden hat/ habe durch dero
betruͤbten und klaͤglichen brieff nicht anders als ſonderlich geruͤhret wer-
den koͤnnen. Die kranckheit ihrer ſeelen/ die ſie mir vorgeſtellet/ erwe-
cket billich ein wehemuͤtiges mitleiden/ aber da ſie erkant/ und ſo nach-
truͤcklich vorgeſtellet wird/ erfuͤllet ſie mich zugleich mit getroſter hoffnung der ge-
neſung. Zwahr iſts nicht ohn/ daß mir biß daher ihren zuſtand nicht alſo ein-
gebildet/ ſondern wie in dero juͤngern jahren mehrmal nicht ohne betruͤbnuͤß das
gemuͤth zur eitelkeit und pracht geneigt geſehen/ auch nicht nur einmal daruͤber
vermahnungen gethan/ dabey aber gehoffet/ daß mit den jahren ſolche/ der jugend
vor andern altern meiſt anklebende ſuͤnde/ durch goͤttliche gnade wuͤrde abgeleget
werden/ alſo habe mir keine gedancken des geitzes von ihr gemacht/ noch deswegen
ſorge getragen: aber ich erfahre auch wieder an dieſem exempel/ wie die ſuͤnden/
die auch einander gar ſcheinen entgegen zuſtehen/ gleichwol aneinander haͤngen/
und forcht und liebe nicht grund in dem hertzen gefaßt/ dieſes gar leicht von ei-
nem
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