Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.ARTIC. IV. SECTIO XXIV. das werck des HErrn in uns nicht nur allein nicht zu hindern/ sondern nachvermögen zu befördern. 5. Jn der untersuchung müssen wir uns selbs nicht schmeicheln/ und etwa aus jeglicher natürlichen beschwehrde so bald eine der- gleichen ursach machen/ daß wir uns des nutzens/ den wir aus dieser übung haben könten/ beraubten. 6. Welcher zu einer zeit sich zu dieser übung nicht geschickt befindet/ mags zu andernmalen besser thun können. Wie auch an meinem eigenen exempel erfahren/ daß zu andernmalen auf unsere fast- und bet-tage mir das fasten nichts gethan/ aber mich einmal ohn mein vermuthen so angegriffen/ daß ich nachmittag in verrichtung der kinder lehr (obs wol zu ende des Augusti war) mit einem solchen frost befallen worden/ daß mich deuchte/ ich fühlte das marck in meinen beinen frieren/ und gleich/ als von ei- nem fieber angegriffen/ mich zu bette legen mußte, damit es aber auch vorbey gieng: Hingegen zu andernmalen habe nichts dergleichen gefühlet. 7. Jns- gesamt muß kein aberglauben damit getrieben/ sondern es zu dem zweck ge- richtet werden/ warum es eigenlich zu thun ist. So mag und wird es ein herrlich und nützliches mittel/ welches so gar nicht vor papistisch zu achten/ daß vielmehr zu bejammern/ daß es nicht öffter und fleißiger von uns practi- ciret wird: Wiewol ich dessen gegen meine zuhörer unterschiedlich publice ge- dencke. So gedencket ja auch unser gemeine Catechismus Lutheri des fastens als einer seinen eusserlichen zucht. Auch hat unser liebe Lutherus viel schö- ne ort von solcher materie. Jndessen ist es zu bejammern/ daß es damit er- gangen wie mit andern dingen in dem Papstum/ daß mit dem mißbrauch auch der rechte gebrauch bey uns insgemein auffgehoben/ damit aber nicht wenig ärgernüß gegeben worden. GOTT lehre uns auch darinnen jeglichen sei- nes orts an sich selbs erkennen/ was ihm zu seiner aufferbauung vor hülffs- mittel und übungen am dienlichsten seyen/ und dieselbe klüglich und mit sei- nem segen zu gebrauchen. 1681. SECTIO XXV. Von dem fleiß/ eine seine gestalt zu erhalten. JCh komme so bald auf die vorgelegte fragen: Da ich insgemein voraus nen O o o
ARTIC. IV. SECTIO XXIV. das werck des HErrn in uns nicht nur allein nicht zu hindern/ ſondern nachvermoͤgen zu befoͤrdern. 5. Jn der unterſuchung muͤſſen wir uns ſelbs nicht ſchmeicheln/ und etwa aus jeglicher natuͤrlichen beſchwehrde ſo bald eine der- gleichen urſach machen/ daß wir uns des nutzens/ den wir aus dieſer uͤbung haben koͤnten/ beraubten. 6. Welcher zu einer zeit ſich zu dieſer uͤbung nicht geſchickt befindet/ mags zu andernmalen beſſer thun koͤnnen. Wie auch an meinem eigenen exempel erfahren/ daß zu andernmalen auf unſere faſt- und bet-tage mir das faſten nichts gethan/ aber mich einmal ohn mein vermuthen ſo angegriffen/ daß ich nachmittag in verrichtung der kinder lehr (obs wol zu ende des Auguſti war) mit einem ſolchen froſt befallen worden/ daß mich deuchte/ ich fuͤhlte das marck in meinen beinen frieren/ und gleich/ als von ei- nem fieber angegriffen/ mich zu bette legen mußte, damit es aber auch vorbey gieng: Hingegen zu andernmalen habe nichts dergleichen gefuͤhlet. 7. Jns- geſamt muß kein aberglauben damit getrieben/ ſondern es zu dem zweck ge- richtet werden/ warum es eigenlich zu thun iſt. So mag und wird es ein herrlich und nuͤtzliches mittel/ welches ſo gar nicht vor papiſtiſch zu achten/ daß vielmehr zu bejammern/ daß es nicht oͤffter und fleißiger von uns practi- ciret wird: Wiewol ich deſſen gegen meine zuhoͤrer unterſchiedlich publice ge- dencke. So gedencket ja auch unſer gemeine Catechiſmus Lutheri des faſtens als einer ſeinen euſſerlichen zucht. Auch hat unſer liebe Lutherus viel ſchoͤ- ne ort von ſolcher materie. Jndeſſen iſt es zu bejammern/ daß es damit er- gangen wie mit andern dingen in dem Papſtum/ daß mit dem mißbrauch auch der rechte gebrauch bey uns insgemein auffgehoben/ damit aber nicht wenig aͤrgernuͤß gegeben worden. GOTT lehre uns auch darinnen jeglichen ſei- nes orts an ſich ſelbs erkennen/ was ihm zu ſeiner aufferbauung vor huͤlffs- mittel und uͤbungen am dienlichſten ſeyen/ und dieſelbe kluͤglich und mit ſei- nem ſegen zu gebrauchen. 1681. SECTIO XXV. Von dem fleiß/ eine ſeine geſtalt zu erhalten. JCh komme ſo bald auf die vorgelegte fragen: Da ich insgemein voraus nen O o o
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ARTIC. IV. SECTIO XXIV.
das werck des HErrn in uns nicht nur allein nicht zu hindern/ ſondern nach
vermoͤgen zu befoͤrdern. 5. Jn der unterſuchung muͤſſen wir uns ſelbs nicht
ſchmeicheln/ und etwa aus jeglicher natuͤrlichen beſchwehrde ſo bald eine der-
gleichen urſach machen/ daß wir uns des nutzens/ den wir aus dieſer uͤbung
haben koͤnten/ beraubten. 6. Welcher zu einer zeit ſich zu dieſer uͤbung nicht
geſchickt befindet/ mags zu andernmalen beſſer thun koͤnnen. Wie auch an
meinem eigenen exempel erfahren/ daß zu andernmalen auf unſere faſt- und
bet-tage mir das faſten nichts gethan/ aber mich einmal ohn mein vermuthen
ſo angegriffen/ daß ich nachmittag in verrichtung der kinder lehr (obs wol zu
ende des Auguſti war) mit einem ſolchen froſt befallen worden/ daß mich
deuchte/ ich fuͤhlte das marck in meinen beinen frieren/ und gleich/ als von ei-
nem fieber angegriffen/ mich zu bette legen mußte, damit es aber auch vorbey
gieng: Hingegen zu andernmalen habe nichts dergleichen gefuͤhlet. 7. Jns-
geſamt muß kein aberglauben damit getrieben/ ſondern es zu dem zweck ge-
richtet werden/ warum es eigenlich zu thun iſt. So mag und wird es ein
herrlich und nuͤtzliches mittel/ welches ſo gar nicht vor papiſtiſch zu achten/
daß vielmehr zu bejammern/ daß es nicht oͤffter und fleißiger von uns practi-
ciret wird: Wiewol ich deſſen gegen meine zuhoͤrer unterſchiedlich publice ge-
dencke. So gedencket ja auch unſer gemeine Catechiſmus Lutheri des faſtens
als einer ſeinen euſſerlichen zucht. Auch hat unſer liebe Lutherus viel ſchoͤ-
ne ort von ſolcher materie. Jndeſſen iſt es zu bejammern/ daß es damit er-
gangen wie mit andern dingen in dem Papſtum/ daß mit dem mißbrauch auch
der rechte gebrauch bey uns insgemein auffgehoben/ damit aber nicht wenig
aͤrgernuͤß gegeben worden. GOTT lehre uns auch darinnen jeglichen ſei-
nes orts an ſich ſelbs erkennen/ was ihm zu ſeiner aufferbauung vor huͤlffs-
mittel und uͤbungen am dienlichſten ſeyen/ und dieſelbe kluͤglich und mit ſei-
nem ſegen zu gebrauchen. 1681.
SECTIO XXV.
Von dem fleiß/ eine ſeine geſtalt zu erhalten.
JCh komme ſo bald auf die vorgelegte fragen: Da ich insgemein voraus
ſetze/ daß ein Chriſt mit allen euſſerlichen und leiblichen dingen alſo um-
gehen/ und dagegen geſinnet ſeyn muͤſſe/ daß er weder einerſeits dieſel-
bige verſaͤume/ verachte/ verderbe/ noch anderſeits auf einige weiſe einen ab-
gott draus mache/ oder ſie mißbrauche. Wann nun die euſſerliche leibes-
geſtalt eine euſſerliche und leibliche/ gleichwol gute/ gabe GOttes iſt/ zwahr
nicht von ſolchem werth oder nothwendigkeit als die geſundheit/ dannoch
auch zur ehre des Schoͤpffers gegeben/ (daher der H. Geiſt auch einiger perſo-
nen
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/481>, abgerufen am 22.02.2025. |