Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite
Das dritte Capitel.
SECTIO XIII.
Von erstattung des durch spielen gewonnenen.
Ob wo man sich an dem nechsten ihm unwissend versündiget/
solches ihm zu bekennen schuldig. Ob man in kosten/ die man in an-
derer nahmen zu verrechnen/ vortheil brauchen dörffe? Was eine
christliche weibs-person an orten zu thun/ da der pracht über-
hand genommen. Ob man gut geld gold- und sil-
ber-schmieden zu verarbeiten geben dörffe?
Die erste Frage.
Ob das durch spielen in der jugend gewonnene geld bey aufwachen-
dem gewissen wiederum zu erstatten seye?

JCh achte noth zu seyn/ die antwort in unterschiedliche numeros einzu-
theilen/ und die gantze sache/ so in der furcht des HErren erwogen/ in
ordnung zu bringen.

1. Setze ich dieses als etwas ausgemachtes bereits zum voraus/ daß
das eigenlich so genannte gewinnsüchtige spielen wahrhafftig sünde seye/
so hie nicht zu erweisen nöthig ist: ich traute aber dabey nicht auff mich zu neh-
men/ das übrige spielen/ so um geld oder sonsten mit würffel/ karten und der-
gleichen geschihet/ zu vertheidigen/ oder denenjenigen anständig zu glauben/
welche ihr Christenthum sich angelegen wollen seyn lassen. Es ist einmal un-
sre zeit viel zu edel/ und der dinge/ die wir darinnen zu unsrer seelen besten/ zu
unsers leibes nothdurfft/ und zu unsers nechsten dienst/ sonderlich aber zu
GOttes ehren/ zu verrichten haben/ viel zu viele/ als daß wir einige stunden/
welche zu anderem dienlich angewendet werden könten/ mit spielen verspie-
len dörfften: jetzo nicht zu sagen von der vielen gelegenheit zu andern sünden/
die dabey vorkommet/ und selten vermeidet wird. Auffs wenigste weil ins-
gemein bey dem spielen allerley vorgehet/ so dem Christenthum eben nicht
gemäß/ hingegen nichts daraus zu erwarten/ so nicht eben so wol oder besser
auff andere weise zu erlangen wäre/ ob auch sonsten eine solche idea von dem
spielen gemacht werden kan/ daß es eben nicht so verwerflich wäre/ achtete
ich/ solten sich Christen schlechterdings alles spielens eben deswegen entschla-
gen; wie auch sonsten offt eine sache/ die zwahr an sich selbs eben nicht aller-
dings böse/ aber auch nicht nothwendig ist/ wegen starck eingerissenen miß-
brauchs pfleget gantz abgeschafft zu werden/ auch solches billich geschehen
solle.
2. Wir haben solches gewinn-spielen in gewisser maaß im gewissen an-
zuse-
Das dritte Capitel.
SECTIO XIII.
Von erſtattung des durch ſpielen gewonnenen.
Ob wo man ſich an dem nechſten ihm unwiſſend verſuͤndiget/
ſolches ihm zu bekennen ſchuldig. Ob man in koſten/ die man in an-
derer nahmen zu verrechnen/ vortheil brauchen doͤrffe? Was eine
chriſtliche weibs-perſon an orten zu thun/ da der pracht uͤber-
hand genommen. Ob man gut geld gold- und ſil-
ber-ſchmieden zu verarbeiten geben doͤrffe?
Die erſte Frage.
Ob das durch ſpielen in der jugend gewonnene geld bey aufwachen-
dem gewiſſen wiederum zu erſtatten ſeye?

JCh achte noth zu ſeyn/ die antwort in unterſchiedliche numeros einzu-
theilen/ und die gantze ſache/ ſo in der furcht des HErren erwogen/ in
ordnung zu bringen.

1. Setze ich dieſes als etwas ausgemachtes bereits zum voraus/ daß
das eigenlich ſo genannte gewinnſuͤchtige ſpielen wahrhafftig ſuͤnde ſeye/
ſo hie nicht zu erweiſen noͤthig iſt: ich traute aber dabey nicht auff mich zu neh-
men/ das uͤbrige ſpielen/ ſo um geld oder ſonſten mit wuͤrffel/ karten und der-
gleichen geſchihet/ zu vertheidigen/ oder denenjenigen anſtaͤndig zu glauben/
welche ihr Chriſtenthum ſich angelegen wollen ſeyn laſſen. Es iſt einmal un-
ſre zeit viel zu edel/ und der dinge/ die wir darinnen zu unſrer ſeelen beſten/ zu
unſers leibes nothdurfft/ und zu unſers nechſten dienſt/ ſonderlich aber zu
GOttes ehren/ zu verrichten haben/ viel zu viele/ als daß wir einige ſtunden/
welche zu anderem dienlich angewendet werden koͤnten/ mit ſpielen verſpie-
len doͤrfften: jetzo nicht zu ſagen von der vielen gelegenheit zu andern ſuͤnden/
die dabey vorkommet/ und ſelten vermeidet wird. Auffs wenigſte weil ins-
gemein bey dem ſpielen allerley vorgehet/ ſo dem Chriſtenthum eben nicht
gemaͤß/ hingegen nichts daraus zu erwarten/ ſo nicht eben ſo wol oder beſſer
auff andere weiſe zu erlangen waͤre/ ob auch ſonſten eine ſolche idea von dem
ſpielen gemacht werden kan/ daß es eben nicht ſo verwerflich waͤre/ achtete
ich/ ſolten ſich Chriſten ſchlechterdings alles ſpielens eben deswegen entſchla-
gen; wie auch ſonſten offt eine ſache/ die zwahr an ſich ſelbs eben nicht aller-
dings boͤſe/ aber auch nicht nothwendig iſt/ wegen ſtarck eingeriſſenen miß-
brauchs pfleget gantz abgeſchafft zu werden/ auch ſolches billich geſchehen
ſolle.
2. Wir haben ſolches gewinn-ſpielen in gewiſſer maaß im gewiſſen an-
zuſe-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0350" n="342"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das dritte Capitel.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XIII.</hi><lb/>
Von er&#x017F;tattung des durch &#x017F;pielen gewonnenen.<lb/>
Ob wo man &#x017F;ich an dem nech&#x017F;ten ihm unwi&#x017F;&#x017F;end ver&#x017F;u&#x0364;ndiget/<lb/>
&#x017F;olches ihm zu bekennen &#x017F;chuldig. Ob man in ko&#x017F;ten/ die man in an-<lb/>
derer nahmen zu verrechnen/ vortheil brauchen do&#x0364;rffe? Was eine<lb/>
chri&#x017F;tliche weibs-per&#x017F;on an orten zu thun/ da der pracht u&#x0364;ber-<lb/>
hand genommen. Ob man gut geld gold- und &#x017F;il-<lb/>
ber-&#x017F;chmieden zu verarbeiten geben do&#x0364;rffe?</hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Die er&#x017F;te Frage.</hi> </head><lb/>
              <list>
                <item> <hi rendition="#fr">Ob das durch &#x017F;pielen in der jugend gewonnene geld bey aufwachen-<lb/>
dem gewi&#x017F;&#x017F;en wiederum zu er&#x017F;tatten &#x017F;eye?</hi> </item>
              </list><lb/>
              <p><hi rendition="#in">J</hi>Ch achte noth zu &#x017F;eyn/ die antwort in unter&#x017F;chiedliche <hi rendition="#aq">numeros</hi> einzu-<lb/>
theilen/ und die gantze &#x017F;ache/ &#x017F;o in der furcht des HErren erwogen/ in<lb/>
ordnung zu bringen.</p><lb/>
              <list>
                <item>1. Setze ich die&#x017F;es als etwas ausgemachtes bereits zum voraus/ daß<lb/>
das eigenlich &#x017F;o genannte <hi rendition="#fr">gewinn&#x017F;u&#x0364;chtige &#x017F;pielen</hi> wahrhafftig &#x017F;u&#x0364;nde &#x017F;eye/<lb/>
&#x017F;o hie nicht zu erwei&#x017F;en no&#x0364;thig i&#x017F;t: ich traute aber dabey nicht auff mich zu neh-<lb/>
men/ das u&#x0364;brige &#x017F;pielen/ &#x017F;o um geld oder &#x017F;on&#x017F;ten mit wu&#x0364;rffel/ karten und der-<lb/>
gleichen ge&#x017F;chihet/ zu vertheidigen/ oder denenjenigen an&#x017F;ta&#x0364;ndig zu glauben/<lb/>
welche ihr Chri&#x017F;tenthum &#x017F;ich angelegen wollen &#x017F;eyn la&#x017F;&#x017F;en. Es i&#x017F;t einmal un-<lb/>
&#x017F;re zeit viel zu edel/ und der dinge/ die wir darinnen zu un&#x017F;rer &#x017F;eelen be&#x017F;ten/ zu<lb/>
un&#x017F;ers leibes nothdurfft/ und zu un&#x017F;ers nech&#x017F;ten dien&#x017F;t/ &#x017F;onderlich aber zu<lb/>
GOttes ehren/ zu verrichten haben/ viel zu viele/ als daß wir einige &#x017F;tunden/<lb/>
welche zu anderem dienlich angewendet werden ko&#x0364;nten/ mit &#x017F;pielen ver&#x017F;pie-<lb/>
len do&#x0364;rfften: jetzo nicht zu &#x017F;agen von der vielen gelegenheit zu andern &#x017F;u&#x0364;nden/<lb/>
die dabey vorkommet/ und &#x017F;elten vermeidet wird. Auffs wenig&#x017F;te weil ins-<lb/>
gemein bey dem &#x017F;pielen allerley vorgehet/ &#x017F;o dem Chri&#x017F;tenthum eben nicht<lb/>
gema&#x0364;ß/ hingegen nichts daraus zu erwarten/ &#x017F;o nicht eben &#x017F;o wol oder be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
auff andere wei&#x017F;e zu erlangen wa&#x0364;re/ ob auch &#x017F;on&#x017F;ten eine &#x017F;olche <hi rendition="#aq">idea</hi> von dem<lb/>
&#x017F;pielen gemacht werden kan/ daß es eben nicht &#x017F;o verwerflich wa&#x0364;re/ achtete<lb/>
ich/ &#x017F;olten &#x017F;ich Chri&#x017F;ten &#x017F;chlechterdings alles &#x017F;pielens eben deswegen ent&#x017F;chla-<lb/>
gen; wie auch &#x017F;on&#x017F;ten offt eine &#x017F;ache/ die zwahr an &#x017F;ich &#x017F;elbs eben nicht aller-<lb/>
dings bo&#x0364;&#x017F;e/ aber auch nicht nothwendig i&#x017F;t/ wegen &#x017F;tarck eingeri&#x017F;&#x017F;enen miß-<lb/>
brauchs pfleget gantz abge&#x017F;chafft zu werden/ auch &#x017F;olches billich ge&#x017F;chehen<lb/>
&#x017F;olle.</item><lb/>
                <item>2. Wir haben &#x017F;olches gewinn-&#x017F;pielen in gewi&#x017F;&#x017F;er maaß im gewi&#x017F;&#x017F;en an-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu&#x017F;e-</fw><lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0350] Das dritte Capitel. SECTIO XIII. Von erſtattung des durch ſpielen gewonnenen. Ob wo man ſich an dem nechſten ihm unwiſſend verſuͤndiget/ ſolches ihm zu bekennen ſchuldig. Ob man in koſten/ die man in an- derer nahmen zu verrechnen/ vortheil brauchen doͤrffe? Was eine chriſtliche weibs-perſon an orten zu thun/ da der pracht uͤber- hand genommen. Ob man gut geld gold- und ſil- ber-ſchmieden zu verarbeiten geben doͤrffe? Die erſte Frage. Ob das durch ſpielen in der jugend gewonnene geld bey aufwachen- dem gewiſſen wiederum zu erſtatten ſeye? JCh achte noth zu ſeyn/ die antwort in unterſchiedliche numeros einzu- theilen/ und die gantze ſache/ ſo in der furcht des HErren erwogen/ in ordnung zu bringen. 1. Setze ich dieſes als etwas ausgemachtes bereits zum voraus/ daß das eigenlich ſo genannte gewinnſuͤchtige ſpielen wahrhafftig ſuͤnde ſeye/ ſo hie nicht zu erweiſen noͤthig iſt: ich traute aber dabey nicht auff mich zu neh- men/ das uͤbrige ſpielen/ ſo um geld oder ſonſten mit wuͤrffel/ karten und der- gleichen geſchihet/ zu vertheidigen/ oder denenjenigen anſtaͤndig zu glauben/ welche ihr Chriſtenthum ſich angelegen wollen ſeyn laſſen. Es iſt einmal un- ſre zeit viel zu edel/ und der dinge/ die wir darinnen zu unſrer ſeelen beſten/ zu unſers leibes nothdurfft/ und zu unſers nechſten dienſt/ ſonderlich aber zu GOttes ehren/ zu verrichten haben/ viel zu viele/ als daß wir einige ſtunden/ welche zu anderem dienlich angewendet werden koͤnten/ mit ſpielen verſpie- len doͤrfften: jetzo nicht zu ſagen von der vielen gelegenheit zu andern ſuͤnden/ die dabey vorkommet/ und ſelten vermeidet wird. Auffs wenigſte weil ins- gemein bey dem ſpielen allerley vorgehet/ ſo dem Chriſtenthum eben nicht gemaͤß/ hingegen nichts daraus zu erwarten/ ſo nicht eben ſo wol oder beſſer auff andere weiſe zu erlangen waͤre/ ob auch ſonſten eine ſolche idea von dem ſpielen gemacht werden kan/ daß es eben nicht ſo verwerflich waͤre/ achtete ich/ ſolten ſich Chriſten ſchlechterdings alles ſpielens eben deswegen entſchla- gen; wie auch ſonſten offt eine ſache/ die zwahr an ſich ſelbs eben nicht aller- dings boͤſe/ aber auch nicht nothwendig iſt/ wegen ſtarck eingeriſſenen miß- brauchs pfleget gantz abgeſchafft zu werden/ auch ſolches billich geſchehen ſolle. 2. Wir haben ſolches gewinn-ſpielen in gewiſſer maaß im gewiſſen an- zuſe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/350
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/350>, abgerufen am 21.12.2024.